Blade Runner
Genre: Point & Click | Entwickler: Westwood Studios | Release: 14. November 1997
Wolfgang Rabenstein: Ich habe die Vermutung, dass bei uns in der Redaktion einige Replikanten sitzen. Nicht anders kann ich es mir erklären, dass dieses Cyberpunk-Film-Noir-Adventure mit einer der spektakulärsten Stories seiner Zeit nirgends in unserem Top 100 - Ranking auftaucht.
Denn lange noch vor dem ersten Deus Ex oder einem Cyberpunk 2077 hat Blade Runner es damals nicht nur geschafft, ein Cyberpunk-Universum glaubhaft am PC rüberzubringen, sondern dieses auch effektvoll in Szene zu setzen, mit Leben zu füllen und eine packende Geschichte mit unterschiedlichen Handlungssträngen zu erzählen. Nie werde ich vergessen, wie ich damals aufgrund meiner Entscheidungen selbst zum… Ach, um dieses zweifelsfreie Meisterwerk darin zu erkennen, müsst ihr es selbst gespielt haben.
Zum Glück arbeiten Nightdive Studios gerade an der Enhanced Edition - wann diese erscheinen wird, steht allerdings noch in den Sternen. Bis dahin bleibe ich beim Original, jage als Detective McCoy Replikanten in dunklen, verregneten und neonbeleuchteten Gassen hinterher und tauche einfach ein in eine Welt, die sich hinter Ridley Scotts legendärer Filmvorlage von 1982 mitnichten zu verstecken braucht. Und jetzt entschuldigt mich bitte, ich muss einige Kollegen mit dem Voight-Kampff-Test verhören.
Enslaved: Odyssey to the West
Genre: Action-Adventure | Entwickler: Ninja Theory | Release: 8. Oktober 2010
Steffi Schlottag: Okay, wenn ich meine Nostalgiebrille absetze, dann verstehe ich schon, warum Enslaved: Odyssey to the West nicht in unseren Top 100 gelandet ist. Das Actionspiel kennt einfach fast niemand mehr (was ich ziemlich beklagenswert finde!). Dabei ist es nicht nur eine wirklich kreative Umsetzung der alten chinesischen Geschichte »Die Reise nach Westen«, auf der übrigens lose auch Dragon Ball basiert.
Es hat auch eine der glaubhaftesten und spannendsten Beziehungen, die ich jemals in einem Spiel erlebt habe. Der mies gelaunte Affenkrieger Monkey (gespielt von Andy Serkis) findet sich in einer misslichen Lage wieder, nachdem das Technik-Genie Trip ihm ein Sklavenhalsband umgeschnallt hat. Die junge Frau zwingt ihn, sie zu begleiten und vor den Gefahren einer ungewöhnlichen Roboter-Apokalypse zu beschützen. Enslaved ist gelaufen, damit Horizon: Zero Dawn sprinten konnte, ich sag’s euch.
Eigentlich ist es überhaupt nicht überraschend, dass diese Geschichte so gut gelungen ist, sie stammt nämlich von Ninja Theory. Also von den Entwicklern, die mit Hellblade: Senuas Sacrifice ein großartiges Story-Spiel abgeliefert haben, das es in unsere Liste auf Platz 14 geschafft hat. Da hätte Enslaved doch wenigstens in die unteren 50 gepasst!
Zu erleben, wie die beiden Hauptfiguren allmählich Vertrauen zueinander fassen, das aber immer wieder erschüttert wird, ist ein Fest für Story-Fans wie mich. Eine besondere Erwähnung verdient natürlich auch Schweinemann Pigsy, der zum Grunzen witzige NPC. Aber mehr verrate ich euch nicht, ihr sollt es ja lieber selber nachholen. Inzwischen läuft wohl auch die Steam-Version viel besser als noch zum Release.
Assassin’s Creed: Black Flag
Genre: Action-Adventure | Entwickler: Ubisoft Montreal | Release: 22. November 2013
Tillmann Bier: Eigentlich mag ich ja keine Piraten. Holzbeine, Augenklappen und übertriebener Alkoholkonsum begeistern mich nicht im Geringsten. Und trotzdem habe ich Assassin’s Creed: Black Flag drei Mal durchgespielt, was nicht nur mit den launigen Schiffskämpfen, sondern auch mit dem Südsee-Feeling und vor allem der ungewöhnlichen, aber großartigen Story zusammenhängt.
Zum ersten Mal spielen wir nämlich keinen Assassinen, sondern einen Säufer und Betrüger, kurzum, einen richtigen Antihelden. Nun brauche ich zwar nicht unbedingt einen solchen Charakter sondern spiele auch gerne sympathischere Figuren. Die Geschichte von Edward Kenway ist aber so überzeugend und mitreißend inszeniert, dass dieses Assassin’s Creed mir am besten in Erinnerung geblieben ist.
Denn wir erleben einen Charakter, der viele schwere Fehler begeht, aber dadurch nicht plötzlich zu einem anderen Menschen wird. Viel mehr muss er einen schmerzhaften Prozess durchmachen, Verluste verkraften und schließlich erkennen, dass es doch Wichtigeres als die nächste Beute gibt.
Obendrein gibt es noch Begegnungen mit anderen interessanten Figuren, wie Blackbeard und Mary Read, die eine unerwartet tragische Seite des Piratendaseins beleuchten. Dass eines der besten Assassin’s Creed Titel (übrigens auch der mit der besten GameStar-Wertung) nicht in unsere Top 100 geschafft hat ist angesichts der Konkurrenz verständlich, aber auch schade.
Dark Project
Genre: Stealth-Action | Entwickler: Looking Glass Studios | Release: 30. November 1998
Michael Graf: Es gäbe so viele Spiele, die für mich noch einen Platz auf unserer Liste verdient hätten. Dwarf Fortress zum Beispiel, der beste Geschichtengenerator, den die Menschheit je erfunden hat. Oder das famose Mystery-Adventure Kentucky Route Zero. Oder Homeworld und Stellaris, weil Homeworld und Stellaris 1.) auf jede denkbare Liste gehören und 2.) beide fantastische Geschichten erzählen: Homeworld schickt mich auf Herzschmerz-Odysee, die letzten Überlebenden meines Volkes suchen verzweifelt ihr verlorenes Zuhause und bekämpfen in einem besonders schlimmen Moment sogar unwissentlich die eigenen Verwandten. Und Stellaris verquirlt eine Menge bekannter Motive aus Film und Fernsehen zu immer neuen Science-Fiction-Epen voller Ringwelten, Xenomorph-Armeen und galaktischer Senatssitzungen.
Aber kein Spiel vermisse ich so sehr wie Dark Project. Ich verstehe nicht, dass diesen Klassiker niemand auf dem Schirm hat, wenn es um Geschichte und Geschichten geht. Klar, Dark Project, das war dieses Schleichspiel mit der Kathedrale und dem verwirrenden Haus, übrigens zwei der besten Levels aller Zeiten:
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Doch auch die Story war herausragend. Wie Meisterdieb Garrett, nebenbei erwähnt die personifizierte Coolness, vom klassischen Diebeswesen immer weiter abdriftet und hineingesogen wird in den Konflikt zwischen Moderne und Natur, zwischen Steampunk-Hammeriten und Anhängern des heidnischen Schwindlers. Wie ich mehr und mehr ahne, dass mit dieser Welt - und mit meiner Auftraggeberin Viktoria - etwas nicht stimmt. Bis sich der Schwindler schließlich offenbart und Garret ... nein, das verrate ich nicht. Sagen wir, Garrett büßt etwas ein. Etwas sehr Persönliches. Und all das wird erzählt in ebenso stilvollen wie grandios vertonten Standbild-Zwischensequenzen, dazwischen unheilvolle Zitate, untermalt vom dumpfen Pochen der Hämmer und kichernden Geisterstimmen.
Wie Dark Project dieses Setting aufbaut und mit Atmosphäre vollstopft, bis es platzt wie ein Zombie beim Weihwasserkontakt - das ist meisterlich. Und sowas wird nicht auf unsere Liste gewählt. Ich glaube, ich muss zur nächsten Redaktionskonferenz ein paar Feuerpfeile mitnehmen...
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