Warum Valheim nichts besonders macht - und damit durchkommt

Meinung: Man kann die Faszination von Valheim nur schwer jemandem erklären, denn es hebt sich durch nichts von anderen Spielen ab. Aber warum hat es damit trotzdem Erfolg?

»Warum spielst du eigentlich schon wieder Valheim? Was soll daran so besonders sein?«, wurde ich neulich von einem Freund gefragt. Und nach einer unangenehm langen Pause musste ich gestehen: »Absolut gar nichts.«

Seitdem hat mich der Gedanke nicht mehr losgelassen. Valheim scheint nichts zu haben, das es wirklich von anderen Spielen abhebt. Die Spielwelt erinnert an Minecraft, das Szenario an Valhalla, das Gameplay an 500 andere Survival-Spiele - und trotzdem mäht es gerade die Konkurrenz weg, mit 5 Millionen verkauften Exemplaren, im Schnitt über 300.000 gleichzeitigen Spielern und 140.000 positiven Bewertungen.

Das wirft die Frage auf: warum? Deshalb habe ich mir Valheims Bausteine und seinen Erfolg mal genauer angesehen.

Die Autorin
@mighty_dinomite
Redakteurin Géraldine macht sich nicht besonders viel aus Survival-Spielen. Und trotzdem hat Valheim auch vor ihr nicht Halt gemacht. Auf ihr erstes Haus war sie so stolz, dass sie jedem, der nicht danach gefragt hatte, Bilderstrecken davon schicken musste. Mittlerweile ist Valheim ein fester Teil ihres Feierabends - und langsam beginnt sie sich zu fragen, warum überhaupt.

Valheim ist gut - aber nicht besonders

In einem Punkt möchte ich mich gar nicht streiten: Valheim ist gut. Ich würde ja sonst nicht so viele Feierabende mit einem schlechten Spiel verbringen (wenn es nicht gerade ein 3D Point & Click aus den 90ern ist). Aber zerlegt man Valheim in seine Einzelteile, kann man keines davon benutzen, um irgendwem die Faszination des Spiels zu erklären:

  • Wikinger-Setting: Klar, Wikinger sind nett. Dachten sich wohl auch zig andere Entwickler in den letzten Jahren und brachten uns Hellblade, Assassin's Creed Valhalla, God of War, Vikings: Wolves of Midgard, … mittlerweile ist ja jedes Spiel ohne Valhalla oder Ragnarok im Namen wie eine frische Frühlingsbrise.
  • Persistente Welt: Zufällig generierte Server, auf denen wir mit unseren Freunden Schritt für Schritt die Welt aufdecken und zu unserer eigenen machen? Ist eine coole Sache und spätestens seit Minecraft im Jahre 2009 der Hit auf jeder LAN-Party.
  • Crafting und Bauen: Befriedigendes Craften und kreative Bauoptionen? Gibt es eben auch in Rust, Subnautica, Stardew Valley … und schon wieder Minecraft.
  • Bosse: Das Kampfsystem von Valheim ist stark an die Souls-Spiele angelegt. Dass wir Bosse benötigen, um Fortschritt in der Welt zu erzielen, ist zwar ungewöhnlich für ein Survival-Spiel - das Konzept stammt aber von Rollenspielen wie Skyrim und Zelda.

Heißt also, wenn ich jemandem Valheim schmackhaft machen will, dann greife ich meistens zurück auf ein schwaches »Das muss man eben selbst mal erlebt haben.« Und genau hier liegt der Wikinger begraben.

Genau darum funktioniert Valheim

Viele Menschen spielen Valheim im Koop. Obwohl es auch einen gescheiten Solo-Modus gibt, ist der Erfolg wohl vor allem der Tatsache zu verdanken, dass gerade jeder seine Freunde und je nach Wunsch auch deren Omas zur Feierabendrunde Valheim einlädt. Dafür muss Valheim vor allem eines sein: zugänglich.

Erfolgreiche Koop-Spiele sind häufig solche, auf die man sich schnell einigen kann, weil sie den kleinsten gemeinsamen Nenner in einer Freundesgruppe bilden. Wikinger mag jeder irgendwie, der Survival-Aspekt ist in Valheim verzeihend und einsteigerfreundlich und jeder kann genau das spielen, worauf er Lust hat.

Die einen bauen schicke Häuser, die anderen gehen auf die Jagd und dabei verbringt man doch irgendwie Zeit zusammen. Neulich war ich in Valheim zwei Stunden lang mit meinen Freunden spazieren, weil wir ins Quatschen kamen und am Ende doch nichts wichtiges erledigt haben - war ein toller Abend.

Valheim ist eine Komfortzone für das Beisammensein. Selbst Gelegenheitsspieler finden hier etwas, das für sie vertraut ist und durch das sie ihren Anteil leisten können. Dadurch können sogar Hardcore-Survivalfans plötzlich zusammen mit ihren Freunden spielen, die vorher nie Videospiele angerührt haben und jeder hat seinen Spaß - etwas, das zum Beispiel in Warzone und Co. undenkbar wäre.

Valheim im Test - Warum ist das Survival-Spiel so erfolgreich? Video starten 14:52 Valheim im Test - Warum ist das Survival-Spiel so erfolgreich?

Ein riskantes Kunststück

Wenn man sich mal besonders erfolgreiche Koop-Spiele der letzten Zeit anschaut, dann kann man die meisten davon auf dieselbe Art auseinander nehmen wie Valheim. Sea of Thieves etwa feierte 2020 riesige Erfolge und das obwohl das Piraten-Setting austauschbar ist und die Mechaniken in Sachen Kämpfen und Quests wirklich kaum Innovation bieten. Stattdessen ist es ebenso wie Valheim ein Spielplatz, auf dem ich mit meinen Freunden abhängen kann.



Im Podcast sprechen die Kollegen Micha, Natalie und Philipp darüber, warum sie selbst nicht mehr von Valheim loskommen - und warum sie glauben, dass die größte Herausforderung des Spiels erst noch bevor steht, trotz seines stellaren Erfolgs.

Ja, viele Spiele wie etwa Anthem haben sich schon daran versucht, es jedem Recht zu machen und sind daran gescheitert - nach dem Motto »Jedermanns Freund ist niemandes Liebling.« Valheim hat diesen Stunt aber erfolgreich gemeistert - denn im Gegensatz zu Anthem (das natürlich auch noch andere fiese Probleme hatte) kann ich es einfach mit jedem spielen, muss nichts erklären und es gibt keine Einstiegshürden. So könnte ich jetzt sofort eine Handvoll Freunde nach Valheim einladen und keine 5 Minuten später hätten wir alle ein Ziel, etwas zum Quatschen und vor allem Spaß.

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