Beeindruckend unbeeindruckend

Irgendwie mag ich öffentliche Toiletten. Als ich letztens nach einer längeren Zugfahrt aufgrund eines dringenden Bedürfnisses eine...

von Tsabotavoc am: 08.03.2014

Irgendwie mag ich öffentliche Toiletten. Als ich letztens nach einer längeren Zugfahrt aufgrund eines dringenden Bedürfnisses eine öffentliche Toilette aufsuchen musste, wurde ich mit mehr oder weniger gelungenen Witzen unterhalten die an die Wände geschmiert waren. Ich habe mich schon lange nicht mehr so herrlich fremdgeschämt.

Nun werdet ihr euch fragen: Was genau hat das mit dem Spiel zu tun? Der Humor in Impire ist genau auf diesem Toilettenwitzhumor. Neben Humor zum fremdschämen gibt es aber auch noch andere Gründe sich Impire nicht zu kaufen.

 

Kein Dungeon Keeper

Im Spiel verkörpert man den Erzdämonen Baal-Abaddon der von dem nerdigen Magier Oscar van Fairweather beschworen wird. Dabei ging aber etwas schief und er steckt nun, zumindest für einen großen Teil des Spiels, im Körper eines Imps fest.

Baal führt nicht nur die Truppen in die Schlacht sondern beschwört auch die Arbeiter die den Dungeon am Laufen halten. Und last but not least ist er der Einzige im Spiel der Türen aufmachen kann, Truhen plündern und Hebel betätigen kann.

Zu Anfang einer Mission beschwört man meistens ein paar Imps um die grundlegendsten Räume eures Dungeons anzulegen. Eine Kammer in der man Pilze züchtet, eine in der man die Anfangsschergen beschwören kann und eine Küche später beginnt das große Warten...

 

Das lange Warten

Wir warten nun bis wir Erfahrungspunkte und Schätze sammeln. Diese benötigt man um neue Untertanentypen freizuschalten, neue Räume freizuschalten und überhaupt mal in die Lage zu kommen die eigentliche Mission anzugehen.

Der Witz an der Sache ist, dass man in jeder Mission das alles immer wieder und wieder wiederholen muss. Das wäre nicht so schlimm wenn es dabei nicht teilweise um ganz essentielle Dinge geht: Unsere Untertanen funktionieren nämlich nur in Trupps vernünftig. Und, ihr habt es erraten, damit wir unsere Untertanen zu Trupps zusammenfassen müssen wir erstmal Schätze sammeln.

Besonders fordernd ist das nicht denn das Spiel stellt sich, wie so oft, selbst ein Bein.

Teleportieren für Anfänger

Baal und seine Jungs und Mädels können sich nämlich teleportieren. Die Kosten für diesen Zauber werden von eurem Manapool abgezogen, sind aber so belanglos das sie im selben Moment auch schon wieder regeneriert sind. Man kann es als unintuitiven Ersatz für die Hand aus Dungeon Keeper sehen. Jedenfalls bewegen wir uns bald nur noch so durch unseren Dungeon.

Neben unserem Dungeon befindet sich in der Regel das Gewölbe unseres Missionsziels. Das ist vollgestopft mit Feinden, Fallen und gelegentlichen Schalterrätseln. Sobald wir die Nachricht kriegen das unser Dungeon Besuch von Helden bekommt teleportieren wir alle direkt zu den einfallenden Feinden und fertigen die ab.

Generell: Dadurch das wir uns jederzeit aus einem Kampf teleportieren können, und die Feinde weder respawnen noch ihre Gesundheit wiederherstellen (mit Ausnahme von Heilern) putzen wir so nach und nach die ganze Karte sauber und berauben uns ganz elegant jeglichen spielerischen Anspruchs.

Das war auch den Entwicklern klar darum wurden noch einige Kleinigkeiten eingebaut die das Spiel zwar nicht komplexer aber dafür umso nerviger machen.

 

Eines eurer Geschöpfe wurde unglücklich weil es nichts zu essen hat

In Dungeon Keeper begab sich ein Goblin wenn er Kohldampf schob automatisch in die nächste Hühnerfarm und sorgte dafür dass er was in die Wampe bekam. Wie gut ihm das gelang hängte davon ab wie gut der Dungeon gebaut war.

In Impire könnt ihr alle eure Schergen direkt kontrollieren und das müsst ihr auch. Denn von selbst geht kein Scherge trainieren und kein Monster etwas futtern.

Aber keine Sorge: Niemand in eurem Dungeon wird jemals auf die Idee kommen zu desertieren. Eure Schergen bleiben farb- und charakterlos.

Die meiste Zeit des Spiels werdet ihr also damit verbringen eure Truppen durch die Gegend zu teleportieren. Dazu müsst ihr auf den Boden rechtsklicken und dann aus einem Kreismenü den Trupp auswählen der teleportiert werden soll. Die Notwendigkeit einen cleveren Dungeon aufzubauen entfällt komplett da die Helden entweder über zufällig plazierte Leitern reinstolpern und somit jeden cleveren Aufbau sinnlos machen oder über einen fixen Eingang wenn man die Leitern zu Spielanfang deaktiviert hat. Letzteres bedeutet das man die Invasoren einfach schon beim Tor abfertigt.

Den Dungeon clever zu bauen ist aber sowieso kaum möglich: Erstens gibt es nur wenige Räume und eure Schergen müssen darin ohnehin kaum etwas tun. Und zweitens haben die Räume fixe Abmessungen und ihr müsst sie in die Landschaft klatschen.

Kleines Detail am Rande: Die Invasoren sind für sich ein Rohstoff mit denen man zB die wichtige Trainingskammer bestückt. Und daher darf man dann jeden einzelnen Helden der reintapst per Rechtsklick anwählen und dort das Symbol für die Trainingskammer anklicken. Komplizierter gehts nicht mehr.

 

Nieder mit den Waisenkindern

Was mich ein bisschen traurig an Impire stimmt ist die Tatsache wie gut es hätte werden können wenn man die tranige Beschäftigungstherapie gestrichen und sich auf die guten Elemente konzentriert hätte.

Immer wieder im Spiel werdet ihr mit Nebenquests konfrontiert die ihr teilweise sogar auf verschiedene Art und Weise lösen könnt. Davon hätte man durchaus mehr machen können! So fordert einen ein Club der Bösewichte zB auf die Medikamente für Waisenkinder zu zerstören. Wir haben aber auch alternativ die Möglichkeit diese Medikamente nicht zu zerstören sondern zu vergiften. Leider ist das Konzept nur halb zu Ende gedacht denn die Lösungen spielen sich eigentlich alle gleich.

Man kann seine Truppen auf die Oberwelt senden wo sie Raubzüge durchführen. Dabei kann man seinen Jungs sogar zuschauen - ein Feature das ich mir für Evil Genius sehr gewünsch hätte. Aber man kann sie eben nur beobachten und nicht kommandieren. Zumindest kann man mit dem Blitzzauber eingreifen und die Jungs unterstützen.

Im Überblicksmodus wird, wenn ihr über Truppen oder Räume fahrt, in einem Fenster gezeigt was an dieser Stelle gerade passiert. Nur passiert halt eben nichts für das es sich wirklich lohnen würde.

Baal wird im Laufe der Kampagne immer stärker und kann mit verbesserten Flügeln, Hufen und co. gelevelt werden. Irgendwann wird er dann sogar wieder zu einem großen Erzdämonen! Auch das hat mir richtig gut gefallen. Aber leider gibt es nur sehr wenige Dinge in diesem rudimentären Talentbaum. Warum kann man nicht zusätzliche Zauber oder Spezialangriffe so freischalten?

Man kann seine Truppen aufrüsten mit besseren Rüstungen und Waffen. Aber warum ist das einfach auf Level 1, 2 und 3 reduziert? Wie viel cooler wäre es gewesen magische Gegenstände herzustellen und sie den Truppen in die Hand zu drücken!

Absolut anspruchslos

Das größte Problem das Impire hat ist das die Entwickler irgendwann gemerkt haben das ihr Spiel nicht aufgeht und sie es mit Beschäftigungstherapie zugekleistert haben.

Die Art wie Küche, Training und Gefängnis funktionieren sind so nervtötend das sie den Rest von dem ruinieren was nach den drögen Zwischensequenzen mit pseudolustigen noch übrig blieb.

Dabei wäre die Medizin die Impire gebraucht hätte sehr simpel: Mehr Taktik in den Kämpfen. Von den Schergen die man befehligen kann braucht man nur einen Bruchteil. Kämpfe gewinne ich einfach indem ich die Gegner mit Masse niederringe denn es gibt keine echten Schwächen in gegnerischen Truppkombis die man aushebeln könnte. Umgekehrt haben auch unsere eigenen Truppen keine echten Stärken oder Schwächen. Ein bis zwei Priester im Trupp, der Rest Nah- und Fernkämpfer nach Belieben und es läuft.

Fazit

Mit Impire verbinde ich vor allem eins: Nervtötend. Nervtötende Dialoge. Nervtötende Klickorgien. Nervtötende weil belanglose Kämpfe.

Die Entwickler hatten einige echt gute Ideen und diese nicht konsequent zu Ende gedacht.

Ich würde Impire echt gerne mögen. Aber wenn man sich die halbe Zeit zum Spielen zwingen muss läuft etwas ganz gewaltig falsch.

Nur empfehlenswert für Menschen die gerne auf öffentliche Toiletten gehen


Wertung
Pro und Kontra
  • - Einige eigene Ideen sollen für Abwechslung sorgen
  • - Nette Animationen in der Taverne
  • - Viele Schergen
  • - I am walking here! I am walking here! (Irgendwie kultiger Spruch von Baal)
  • - Viele gute Ideen nicht zu Ende gedacht
  • - Nervige Beschäftigungstherapien
  • - Anspruchslose Kämpfe
  • - Kaum Dungeonausbau
  • - Jede Menge Textur und Modelrecycling
  • - Unglaublich miese Zwischensequenzen
  • - Umständliche Bedienung

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

zu leicht

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 5, weniger als 10 Stunden



Kommentare(1)
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