Delirium oder Zapfenstreich?

Spellbound, die kreativen Köpfe hinter solch renommierten Titeln wie Desperados und Robin Hood, liefern mit Chicago 1930 ein weiteres...

von - Gast - am: 21.08.2013

Spellbound, die kreativen Köpfe hinter solch renommierten Titeln wie Desperados und Robin Hood, liefern mit Chicago 1930 ein weiteres Strategie/Taktik-Abenteuer mit RPG-Elementen. Dabei folgt auch dieser Titel Spellbounds Tradition außergewöhnliche und vor allem unverbrauchte Szenarien zu verwenden, statt den Spieler mit dem hundersten WWII-Hintergrund (o.ä.) zu langweilen. So verschlägt es euch ins Chicago zur Zeit der Prohibition auf Seiten der Gesetzeshüter oder wahlweise der Mafia. Ob es sich lohnt illegal Alkohol unters Volk zu bringen oder eben dies zu verhindern könnt ihr anhand des folgenden Testberichts für euch selbst entscheiden.

Delirium oder Zapfenstreich?

In den Anfängen des 20. Jahrhunderts fand in Amerika die Prohibition statt, welche durch das totale Verkaufsverbot jeglichen Alkoholkonsum unterbinden sollte.

Wie es so ist lässt sich das Volk nicht gerne bevormunden, schon gar nicht wenn es um den betäubenden Stoff geht. Deshalb schaltete sich schnell das organisierte Verbrechen ein um mit illegalem Handel den großen Reibach zu machen. Dies versucht die Polizei natürlich tunlichst zu unterbinden und so steht ihr nach einem netten Render-Intro zu Anfang von Chicago 1930 vor der Wahl, ob ihr euch zunächst auf Seiten der bösen Buben oder der korrekten Gesetzestreuen schlagen möchtet: so oder so erwartet euch jeweils eine über zehn Missionen umfassende Kampagne in drei Schwierigkeitsgraden mit jeweils eigenem Hauptcharakter, Storyline und Zwischensequenzen.

Das Handwerk des Chicago 1930-Pendants zu Al Capone, Don Falcone, legen ist eure Aufgabe auf Seiten der Cops. In der Rolle des symphatischen Edward Nash führt ihr eine fünfköpfige Einheit durch verschiedene Szenarien im Kampf gegen Alkoholschmuggel, Gewalt und Kriminalität auf den Straßen Chicagos.

Oder aber ihr schlüpft in die Haut von Jack Bernetto, einer kleinen Nummer in der hart umgängelten Mafiawelt, mit dem Auftrag versehen die vom Iren Hank O' Neil und seinen Landsmännern besetzten Stadtviertel unter die Kontrolle des Dons zu bringen um somit natürlich über mehr Einflussgebiet für den Alkoholschmuggel zu verfügen und nicht zuletzt um euch einen Namen und Respekt zu verschaffen.

Das Gameplay

Die zehn Missionen beider Kampagnen sind auf Chicagos Stadtviertel aufgeteilt und eure primäre Aufgabe ist es, diese Stück für Stück unter eure Kontrolle zu bringen. Zusätzlich zu den Missionsgebieten existieren noch spezielle Einrichtungen wie Waffenhändler, Druckereien, ein Gericht oder Bars und Clubs, mithilfe derer euch weitere Möglichkeiten wie z.B. die Erhöhung eures Einflusses oder die Senkung eurer Ausgaben offen stehen. Dadurch erhält das Spiel eine zusätzliche strategische Komponente welche einen nicht zu verachtenden Einfluss auf euren Eroberungsfeldzug haben kann.

Um eurem Vorhaben den entsprechenden bleihaltigen Nachdruck zu verleihen bietet Chicago 1930 ein reichhaltiges Arsenal an blaue Bohnen spuckenden Schießeisen wie z.B. die kultige Thommy-Gun, eine Pumpgun, diverse Pistolen, Granaten, Molotov-Cocktails u.v.m. Aber auch Nahkampfwaffen zur Stutzung der Kauleiste eures Gegenübers fehlt nicht. So dürft ihr euch zwischen Messern, Baseballschlägern oder gar Schlagringen entscheiden.

Allerdings muss es selbst auf Seiten der Mafia nicht immer gewalttätig zugehen. So gibt es auch weitere Objekte, mithilfe derer ihr euer Ziel erreichen könnt: warum nicht einfach den Polizeichef mit einer hübschen Stange Dollarnoten bestechen? Mit einem Schlagring eure Initialen in die Stirn eines Zeugen pressen? Oder mit einem Baseballschläger den Zahnarztbesuch des Polizeibeamten überflüssig machen? Entsprechende Äquivalente gibt es natürlich auch auf Seiten der Gesetzesfetischisten.

Die insgesamt zwanzig Missionen erfordern ob der oben beschriebenen martialischen Möglichkeiten jedoch wesentlich mehr als nur einen schnellen Abzug – ganz im Gegenteil: hier ist wohlüberlegtes Vorgehen und eine ordentliche Portion Hirnschmalz unabkömmlich.

Wer als Mafiosi Zeugen niederschlägt und achtlos liegen lässt muss sich nach Rückbesinnung des "Beglückten" nicht wundern, wenn dieser die Polizei alarmiert. Deshalb solltet ihr diese kalt stellen und in einer dunklen Ecke verstecken. Mit eurem Fünf-Mann-Polizeitrupp einen Mafiahort unüberlegt durch die Eingangstür zu stürmen produziert auch meist nichts weiter als schweizer Käse mit einem Stern auf der Brust.

Spellbound hat jedoch ein cooles, für dieses Genre unkonventionelles Feature integriert, welches oben beschriebene Situationen hilft zu vermeiden: den Film-Modus. Aktiviert ihr diesen läuft das Geschehen am Bildschirm, nun in schwarz-weiß und als Filmrolle dargestellt, in Zeitlupe ab wodurch ihr überlegter handeln könnt.

Die Präsentation

Optisch präsentiert sich Chicago 1930 sehr liebevoll mit aufwändig gerenderten Hintergründen, netten Licht- und Schattenspielen sowie flüssigen Animationen. Allerdings wird die Grafik heutzutage niemanden vom Hocker reißen. Angesichts des Alters (Originalrelease 2003) auch nicht weiter verwunderlich. Die immer wieder auftretenden Videosequenzen zwischen den Einsätzen spinnen die Geschichte weiter und lockern das Geschehen auf.

Sprachausgabe und musikalische Untermalung sind sehr stimmungsvoll und professionell umgesetzt und unterstreichen hervorragend das mafiöse Flair der prohibitionistischen Zeit Amerikas Anfang des letzten Jahrhunderts. Nettes Detail am Rande: die Musik passt sich dem Geschehen am Bildschirm an, so wird sie z.B. während des Filmmodus verlangsamt abgespielt.

Alkoholvergiftung

Eines vorweg: Spellbound knüpft hier qualitativ nahtlos an die indirekten Vorgänger Desperados und Robin Hood an, allerdings bietet auch Chicago 1930 Grund zur Kritik. Der Schwierigkeitsgrad ist allgemein sehr hoch angesiedelt und somit ist das Spiel nicht unbedingt für blutige Echtzeitstrategie/Taktik-Anfänger geeignet. Dazu kommt, dass oft lineares Vorgehen erforderlich ist, ohne welches ihr öfter scheitern werdet als euch lieb ist. So müsst ihr oft bestimmte Objekte oder Waffen in euren Besitz bringen oder mit einer bestimmten Person gesprochen haben um die aktuelle Mission zum Abschluss bringen zu können.

Desweiteren ist es zwar löblich zwei Kampagnen respektive Parteien anzubieten, die Missionen unterscheiden sich auf beiden Seiten jedoch hauptsächlich nur von der Vorgehensweise und den Zielen. Der Schauplatz ist meist derselbe.

Die Präsentation lässt aus heutiger Sicht ebenfalls zu wünschen übrig und auch im Hinblick auf die Originalveröffentlichung in 2003 stellt sie nicht unbedingt State-of-the-Art da. Zu leblos und teils steril wirken die Levels um wirklich überzeugen zu können.

Fazit

Chicago 1930 stellt durchdachte, liebevoll gestaltete sowie umfangreiche Echtzeitstrategie mit RPG/Taktik-Elementen dar, welche insbesondere aufgrund des unverbrauchten Szenarios, der zwei Kampagnen sowie coolen Features wie dem Filmmodus letztendlich trotz der Schnitzer überzeugen kann. Positiv hervorzuheben ist zudem, dass die Geschichte an historische Ereignisse angelehnt ist.

Wer mittlerweile keine Soldaten, Panzer, Wehrmachtssoldaten und Allierte sehen kann, der betätigt sich als Alkoholschmuggler und Fiesling oder wahlweise als gegen die Prohibition ankämpfender Verteidiger der Gerechtigkeit.


Wertung
Pro und Kontra
  • unverbrauchtes Szenario
  • sehr umfangreich
  • Filmmodus
  • Hoher Schwierigkeitsgrad
  • Altbackene Präsentation

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



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