Der Nostalgie-Nostalgie-Trip

Der gelangweilte Zivi

Als jemand, der noch in den Windeln steckte als die große Zeit der Lucas Arts-Adventures schlug, kam ich in meiner regulären Zocker-Karriere nie in den Genuß jener klassischen Adventures. Es musste erst das Jahr 2009 anbrechen um mich in die Welt dieser großartigen Adventures zu entführen. Konkret wurde mir beim Antreten meines Zivildienstes ehrfürchtig der SCUMM-Emulator mit den klassischen Lucas Arts Adventures vermacht um auf dem Uralt-Computer am Arbeitsplatz die Langeweile, die wohl öfters eintreten würde, abzufangen. 

Was soll ich sagen, die Langeweile trat sehr oft ein, Guybrush Threepwood sah ich in der Zivildienstzeit öfters als meinen Chef. Trotz der eher unvorteilhaften Umstände lernte ich so also erst sehr spät die Vorzüge der Adventure-Klassiker lernen und lieben. Nachdem ich Guybrush bis zur Vollendung des 3. Teils brachte widmete ich meine Langeweile fortan komplett an Bernard, Laverne und Hoagie.

Paradoxe Logik

Über Story und Gameplay braucht man wohl nicht mehr viel zu verlieren. Day of the Tentacle ist auch in der Remastered Version ein urklassisches Adventure, seinen Reiz bezieht das Spiel vor allem aus der grandios-skurilen Zeitreise-Thematik und dem einzigartigen Humor der jedem der alten Lucas Arts-Adventures innewohnt. Auch wenn viele zeitgenössische Seitenhiebe über 20 Jahre nach Erstveröffentlichung heute nicht mehr so ganz greifen zündet der Humor doch immer wieder, die skurrilen Szenen und Charaktere versprühen auch heute noch einen universellen Charme. 

Neben den herzig-dämlichen Protagonisten sind aber selbstverständlich die Rätsel das Zentrum dieses Spiels. So absurd und bescheuert die Zusammenhänge auch anmuten, so sind sie doch in sich schlüssig und logisch. Besonders das "Wenn man sein Auto wäscht fängt es an zu regnen"-Rätsel sei an dieser Stelle erwähnt, ohne spoilern zu wollen. Das ein oder andere mal hab ich mich tatsächlich dabei erwischt eine Komplettlösung zu konsultieren, die Lösungen der Rätsel waren aber stets logisch wenn man darüber nachdachte, wenngleich auch sehr knifflig mitunter. Das Gefühl ein mehrstufiges, über verschiedene Zeitepochen verteiltes Rätsel zu lösen ist aber jedes mal sehr befriedigend und wird oftmals durch witzige und liebevoll animierte Sequenzen belohnt.

Klassiker neu angestrichen

Wie auch schon bei den überarbeiteten Monkey Island-Teilen glänzt DOTT in der Remastered Version durch liebevoll überarbeitete Hintergründe und Charaktere. Die Qualität übersteigt die der Monkey Island-Remakes in meinen AUgen nochmal deutlich. Der Fanservice, in das alte Design umschalten zu können, fehlt auch nicht und versetzt einen per Knopfdruck zurück in die frühen 90er. Auch die Musik erschallt nun in echtem Sound anstatt in Midi, die Sprachausgabe ist klar und deutlich. Hinzu kommen informative und teils sehr unterhaltsame Audiokommentare der Entwickler, die interessante Einblicke in die Restriktionen von Spieleentwicklern in den 90ern geben. Technisch macht DOTT also auch im Jahre 2016 eine sehr gute Figur.

Das perfekte Spiel?

In vielen Medien, unter anderem dem wundervollen Format Game One (R.I.P.) wurde DOTT immer wieder als perfektes Spiel beschworen. Tatsächlich ist dem wenig entgegenzusetzen. Die Rätsel sind komplex, trotzdem logisch. Die Charaktere sind alles skurille Vollpfosten die trotzdem liebenswürdig sind. Der Humor ist zeitlos. Die Technik erstrahlt im neuen Glanz. Abgesehen von den üblichen "Was zur Hölle soll ich jetzt machen?"-Momenten ist Day of the Tentacle ein rundum geschliffenes Juwel das auch fast ein Vierteljahrhundert nach Release noch allen Konkurenten die Show stiehlt das ununterbrochen auf höchstem Niveau unterhält. Ich bereue es regelrecht nicht schon in den frühen 90ern die ursprüngliche Faszination dieser Spiele miterlebt zu haben. Für einen Preis von gerade mal 15€ gehört dieses Spiel für jeden PC-Spieler zur absoluten Basis-Ausstattung!