Die düstersten Ecken des Wunderlands

American McGee ist eine Ikone der Computerspieleindustrie. Vielen wahrscheinlich noch gar kein Begriff, hat er u.a. maßgeblich an den Ego-Shooter...

von - Gast - am: 21.08.2013

American McGee ist eine Ikone der Computerspieleindustrie. Vielen wahrscheinlich noch gar kein Begriff, hat er u.a. maßgeblich an den Ego-Shooter Urgesteinen Doom & Doom II sowie den Anfängen der Quake-Reihe mitgewirkt.

Mit "American McGee's Alice" hat er im Jahr 2000 durch eine sehr individuelle Interpretation von "Alice im Wunderland" ein einzigartiges Stück Software geschaffen, welches mittlerweile zum Kultobjekt avanciert ist.

Reise ins Wunderland

American McGee's Alice folgt im groben der Original-Storyline von "Alice im Wunderland", jedoch schlägt es einen sehr individuellen Weg ein. Dieser ist sehr düster und morbide, am ehesten mit dem Stil des renommierten Regisseurs Tim Burton zu vergleichen ("Beetlejuice" und "Nightmare before Christmas").

Nachdem Alice' Eltern bei einem nächtlichen Hausbrand um's Leben kamen und auch gleichzeitig Alice Lieblingsgeschichte aus dem Wunderland in Buchform mitverbrannte landet das arme, junge Mädchen in einer psychiatrischen Anstalt, im Volksmunde auch "Irrenhaus" genannt.

Ihr seht also, das Spiel fängt bereits alles andere als kindgerecht an und es stellt sich auch bald heraus, dass die Altersfreigabe der USK ab 16 Jahren absolut gerechtfertigt ist.

Im Intro seht ihr Alice zunächst apathisch in ihrem Bett in der Anstalt liegen und wenige Augenblicke später landet ihr auf seltsame Art und Weise über den Hasenbau im Wunderland.

Von der allseits bekannten Grinsekatze werdet ihr dort empfangen und bereits hier macht sich bemerkbar, dass es sich eindeutig nicht um Disney's "Alice im Wunderland" handeln kann.

Die Grinsekatze sieht dürr und ausgehungert aus, stets mit einem fiesen Grinsen auf den Lippen und einem Ohrring geschmückt. Dieses Charakterdesign sowie generell der geniale Stil ziehen sich permanent durch das Spiel und schaffen so eine hervorragende, düstere und beklemmende Atmosphäre.

Das Gameplay

Alice wird über Tastatur und Maus gesteuert. Mit der Tastatur steuert ihr die junge Dame in gewohnter Ego-Shooter Manier (Stichwort "WASD") und mit der Maus kontrolliert ihr euren Blickwinkel. So rennt, springt, schwimmt, klettert, hangelt und schwingt ihr euch durch die 38 liebevoll designten Levels und löst an manchen Stellen auch die ein oder andere Kopfnuss. Hierbei führt euch euer Weg vom "Dorf der Verdammung" über "Das Land hinter den Spiegeln" bis hin zum "Königinnenland" und bietet somit reichlich Abwechslung.

Euch stehen zehn Waffen zur Verfügung, vom anfänglichen Messer über einen Schläger, Eisstab, Muskete und einige weitere unkonventionelle Tötungsmaschinen wie z.B. eine Hasenbombe.

Auf eurem Weg bis zum Grund allen Übels, der Herzkönigin, kämpft ihr gegen zahlreiche, vielfältige Gegner. Das Portfolio beinhaltet die Kartensoldaten, Insekten, Piranhas, kleine Teufelchen, Dämonen, lebendige Blumen u.v.m.

An Schlüsselstellen wird die Story per Cutscene weitergesponnen, außerdem wartet meist noch ein fieser Endgegner auf euch, welcher nur durch eine spezielle Taktik besiegt sein will.

Der Schwierigkeitsgrad ist bis auf einige, wenige Stellen sehr moderat und auch weniger geübte Spieler werden schnell vorankommen. Profis sind in ca. zehn bis 15 Stunden am Ende, alle anderen werden ca. 20 Stunden bis zum Abspann benötigen.

Die Präsentation

Alice verwendet die Quake III-Technologie in leicht verbesserter Form. Auch über zehn Jahre nach Release des Spiels weiß die Grafik noch zu überzeugen und läuft dementsprechend auf heutiger Hardware butterweich. Das Auge wird mit wunderschön designten Levels, detaillierten Texturen, grandiosen Lichteffekten und schönen Spiegelungen verwöhnt. Die Charaktermodelle sind ebenfalls sehr detailliert und gut animiert. Auch Nebel- und Partikeleffekte gibt es zu bestaunen. Die Levelarchitektur weiß ganz besonders zu gefallen und man ertappt sich selbst immer wieder dabei sich Fragen zu stellen wie z.B.: "Ist das wirklich die Quake III-Engine?", "Ist das Spiel tatsächlich schon so alt?"

Sicher, der Vergleich zu aktuellen Engines hinkt mehr als deutlich, aber in Betracht des originären Releases ist die Technik sehr beeindruckend.

Der Soundtrack wurde von Chris Vrenna der "Nine Inch Nails" komponiert und weiß absolut zu gefallen. Schöne, atmosphärische und orchestrale Kompositionen, welche mit jedem Level variieren und das aktuelle Geschehen am Bildschirm optimal unterstützen. Besonders hervorzuheben ist die deutsche Synchronisation, welche absolut genial gelungen ist und wirklich professionelle und passende Stimmen für alle Charaktere zu bieten hat.

Die düstersten Ecken des Wunderlands

Wo viel Licht fällt, da gibt es bekanntlich auch Schatten und vor diesem ungeschriebenen Gesetz macht auch "American McGee's Alice" nicht halt.

Die Steuerung, speziell das Sprungverhalten von Alice, ist teils sehr unpräzise und verursacht Stürze in tiefe Schluchten oder an ungewünschte Positionen.

Einige wenige Außenareale zeigen die Grenzen der Quake III-Engine auf und sehen im Vergleich zu den beeindruckenden Innenarchitekturen eher karg aus und vermitteln nicht wirklich das Gefühl unter freiem Himmel zu sein.

Der Schwierigkeitsgrad wirkt teils ein wenig unausgeglichen, vor allem während der ersten Spielstunden. Einige Stellen sind frustrierend schwer im Vergleich zum Rest des Abenteuers.

Fazit

"American McGee's Alice" ist ein ungemein fesselndes, atmosphärisches und brilliant designtes Meisterstück, das jeder Action-Adventure Fan in seiner Sammlung haben sollte. Nirgend woanders werdet ihr eine solch schicke Präsentation kombiniert mit hervorragender Spielbarkeit vorfinden. Zum absoluten Schnäppchenpreis von 10€ also unbedingt zugreifen! Für Eltern sei noch gesagt, dass das Spiel teils sehr brutale, blutige Elemente enthält und daher nicht in Kinderhände gehört. Für alle anderen: Kaufen und für einige spannende Stunden in ein Märchen für Erwachsene eintauchen...


Wertung
Pro und Kontra
  • geniales Leveldesign
  • fesselnde Atmosphäre
  • hervorragende Präsentation
  • Unausgeglichener Schwierigkeitsgrad
  • Steuerung teils unpräzise
  • Außenareale wirken karg und unglaubwürdig

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



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