Die Enttäuschung hält sich in Grenzen

Als Veteran der Dark Project-Reihe (ich kann nicht sagen, wie oft ich die Vorgänger & Deadly Shadows schon durchgespielt habe), hegte ich hohe...

von EidolonAlpha am: 06.03.2014

Als Veteran der Dark Project-Reihe (ich kann nicht sagen, wie oft ich die Vorgänger & Deadly Shadows schon durchgespielt habe), hegte ich hohe Erwartungen, als ich hörte, dass endlich ein Nachfolger der Schleicher-Reihe erscheinen wird und habe mir das Spiel auch vorbestellt, um es sofort am ersten Tag spielen zu können. Auf Reviews und Gameplay-Videos aus Ländern, in denen das Spiel schon spielbar war, habe ich bewusst verzichtet, um mir eine eigene Meinung machen zu können.

Als das Spiel dann schließlich freigeschaltet wurde, dröhnte mir im Hauptmenü schon ein ansprechender Soundtrack um die Ohren, der sich auch im weiteren Verlauf des Spiels positiv zeigte. Er bleibt zwar nicht im Ohr, wie die von Spielen wie Skyrim oder Monkey Island, aber er passt prima ins Spiel, ist unaufdringlich und trägt einen guten Teil zur Atmosphäre bei. 

Das neue Spiel wurde also gestartet und sogleich wurde mir die Möglichkeit geboten, die Schwierigkeit individuell nach Spielstil anzupassen. Freies Speichern, eine sogenannte Fokussicht (interaktive Gegenstände und Personen leuchten auf), Fadenkreuz beim Zielen lassen sich ausschalten und noch viele weitere Optionen werden geboten, um das Spiel so anspruchsvoll anzugehen, wie man es sich wünscht.

Als das Spiel startete, wurde ich von der Grafik zwar nicht von den Socken gehauen, aber schlecht sieht sie auch nicht aus. Erinnert stilistisch sehr an Deadly Shadows, schön sind insbesondere die detaillierten Gesichter der Charaktere, Animationen und Lichteffekte. Es wird viel mit Unschärfe-Filter gearbeitet, aber immer im passenden, stimmigen Rahmen.  

Im Tutorial konnte man das Spiel schön gemächlich kennen lernen - hier und da waren die Informationen zwar spärlich, aber das Spiel setzt ohnehin eine gewisse Selbstständigkeit voraus - probieren geht hier über studieren, weshalb es im ersten Durchklau sinnvoll ist, das freie Speichern doch noch anzulassen. Vor allem, weil die Steuerung manchmal nicht das macht, was man eigentlich will.

Die Taste für "In Deckung gehen" und "Gegenstand benutzen/nehmen" ist die selbe, was mich oft genug in Schwierigkeiten gebracht hatte - auf einmal stand ich direkt vor der Wache, anstatt einfach nur den Silberkelch zu stibitzen und wieder davonzuhuschen. Besagtes Huschen hingegen - ein Druck auf die Leertaste, der bewirkt, dass man in Windeseile eine Distanz von etwa zwei Metern hinterlegt, funktioniert hingegen wundervoll und trägt ungemein zur Atmosphäre bei. Dass man nicht frei springen kann, fiel mir erst auf, als es um das leidige Thema "Seile" ging. Manchmal springt Garrett einfach am Seil vorbei in die Tiefe - die Sprunggenauigkeit lässt hier manchmal wirklich zu wünschen übrig. Ansonsten steuert sich Thief erfreulich flott und flüssig, dazu sieht man die passenden Bewegungen von Händen und Füßen. Das wünsche ich mir für mehr Spiele in der Egoperspektive!

Während dem Intro lernte ich Garrett dann wieder neu kennen - ihn und seine zickige Schülerin, für die man gleich im ersten Moment Antisympathien hegt, was für den weiteren Storyverlauf problematisch ist, aber ich will nichts spoilern. Der Meisterdieb wirkte auf Anhieb weicher, irgendwie "humaner", was mich einerseits störte, da ich eben den alten Garrett erwartete, aber später, als er im Verlauf des Spiels mehr Farbe bekam, konnte ich mich neu mit diesem neuen Garrett anfreunden, da er selbst und sein Charakter an sich stärker in die Story eingebunden wurde als in den Vorgängern. Die anderen Charaktere, insbesondere der Diebesfängergeneral und die Königin der Bettlerin sind leider zu klischeehaft, als dass sie das Spiel stimmungstechnisch aufwerten könnten, der trockene Humor, der sich durchs Spiel zieht ist Geschmackssache. Meiner Meinung nach immer ganz knapp vor der Grenze, peinlich zu werden, aber bei mir hat er es zumindest geschafft, immer mal wieder leicht zu lächeln. 

Belächeln konnte man leider auch die teilweise sehr vorhersehbare Story, die einige Plots leider nicht einmal zuende erzählt. Vor allem fühlte sich das Spiel gar nicht mehr wie die Vorgänger an - vergeblich habe ich auf Hammeriten, Hüter und Co. gewartet, aber es gab nur Anspielungen, wie religiöse Symbole der alten Kulte. Offenbar wurden "die alten Götter" der Stadt abgeschafft. Was ist da passiert? Das fragt man sich die ganze Zeit, aber man erhält keine Antwort. Schade - ich fand das alte Dark Project - Universum wesentlich interessanter und stimmungsvoller. Immerhin machte das Durchspielen von Thief dennoch enorm Spaß und letztlich geht es ja auch darum. Die verschiedenen Missionen sind abwechslungsreich, schön designt und trotz des teils sehr schlauchigen Levelstrukturen, hat man stets verschiedene Vorgehensweisen als Optionen. Die Hauptaufträge sind zwar wesentlich unterhaltsamer als die Nebenquests von Garretts Hehler Basso und einigen speziellen Kunden, aber immerhin motivieren die kleinen Aufgaben den Spieler die ansonsten leider recht leblose Stadt etwas mehr zu erkunden, wobei man an den dämlichsten Orten Schätze findet. Wie zum Beispiel eine Lupe in einem Belüftungsschacht.

Das ist seltsam, aber noch seltsamer waren die Soundeffekte und Stimmen: schlecht abgemischt hörte man Garretts sarkastische Randkommentare teilweise gar nicht, Dialoge gingen trotz heruntergeregelter Hintergrundmusik unter, zwei Wachen unterhalten sich, indem sie mehr oder weniger im Kanon nacheinander das selbe mit den selben Stimmen sprechen (passierte selten, aber oft genug, dass es störte) und vor allem hat man nie den Eindruck, dass die Entfernung der Geräusche passt. Eine Wache führte zB klar und deutlich hörbar Selbstgespräche, als stünde sie direkt neben einem, war aber zwei Zimmer weiter. 

Besonders erfreut hat mich im Gegenzug jedoch die KI, die intelligenter vorgeht, als ich es von anderen Schleichspielen gewohnt bin. Zum einen sucht sie länger und gründlicher, reagiert zum anderen auch verstärkt auf ihre Umgebung. Offen gelassene Türen, Truhen, Schränke, ausgeschaltete Lichter und ähnliches stimmt sie rasch skeptisch. Da fühlt man sich als Spieler gleich besser, dass die Entwickler einem auch intelligente Gegenspieler bieten. 

Fazit

Ich kann den neuen Thief-Titel bedenkenlos jedem empfehlen, der auf pure Schleichspiele steht. Ja, es gibt einige Schwächen und ja, sie stören, aber dann wiederum wird man bei keinem anderen Spiel für unauffälliges, diebisches Verhalten so sehr belohnt, wie bei Thief, was enorm motiviert. Als Liebhaber der Vorgänger kann man Thief hassen, wird es aber höchstwahrscheinlich (gleichzeitig) lieben. 

 

Grafik 8/10

Hübsch inszeniert, tolle Animationen, aber nicht mehr ganz aktuell.

Sound 6/10

Toller Soundtrack, professionelle Sprecher, Soundeffekte an sich gut, nur extrem schlecht abgemischt und teilweise falsch "lokalisiert"

Balance 10/10

Individuell einstellbare Schwierigkeit mit sehr vielen sinnvollen Optionen, die sich wesentlich auf das Spiel auswirken.

Atmosphäre 8/10

Leblose Umgebung erinnert kaum noch an die stimmige Vorgänger-Welt, sehr klischeehaft, aber man fühlt sich wie ein richtiger Meisterdieb.

Bedienung 8/10

Steuert sich flott und flüssig, fühlt sich logisch an, teilweise aber etwas unpräzise Befehle.

Umfang 9/10

Viele Missionen mit hohem Wiederspielwert, mehr oder weniger frei erkundbare Stadt, dazu noch zwei kurzweilige Herausforderungsmaps.

Leveldesign 8/10

Sehr abwechslungsreich, wenn auch sehr schlauchig. Viele Herangehensweisen und Nebenwege geben dem Spieler immer wieder Neues zum Entdecken.

KI 9/10

Abgesehen von einigen seltenen Aussetzern eine der aufmerksamsten KI's seit langem.

Waffen & Extras 9/10

Sinnvoll Spezialpfeile und andere Gadgets (Wasserpfeile zum Löschen von Fackeln, Seilpfeile als Kletterhilfe, Blitzbomben, etc. ...), Fokusfähigkeit nicht jedermanns Sache, aber auch nur optional einsetzbar.

Handlung 5/10

Interessanter Protagonist, aber eher schwache Nebendarsteller, die größtenteils sehr blass bleiben, sehr klischeehaft, Handlung entweder vorhersehbar oder einfach nur komisch.

 


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(3)
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