Die KI schlägt zurück

Wir schreiben den Morgen des 01.07.1863. Unter zunehmendem Feindbeschuss rücken konföderierte Truppen auf die Stellungen der Union vor, nichts ahnend,...

von beagletank am: 21.03.2016

Wir schreiben den Morgen des 01.07.1863. Unter zunehmendem Feindbeschuss rücken konföderierte Truppen auf die Stellungen der Union vor, nichts ahnend, dass sich die folgenden Tage entscheidend auf den Ausgang des Amerikanischen Bürgerkrieges auswirken werden. Noch ist die Moral intakt und die Männer sind ausgeruht. Und während unsere Regimenter langsam vormarschieren, könnte man meinen, man befinde sich in einem neuen Total War, möglicherweise Empire II? CA würde doch keinen Ableger im 2D-Stil entwickeln? Die Frage erübrigt sich, als die KI überraschend geschickt auf unsere Manöver reagiert. Das kann doch nicht das Werk der Briten gewesen sein?

 

Und doch ist der Vergleich zum großen Vorbild nicht ganz fernliegend. Ultimate General: Gettysburg stammt von einem kleinen Team unter der Leitung von Nick Thomadis, der Total War Fans vor allem dank seiner Darthmod ein Begriff sein sollte. Game Labs wiederum hat sich in letzter Zeit vor allem durch Naval Action einen Namen gemacht. Dass der bekannte Modder Total War den Rücken zuwandte hat seine Gründe. Differenzen mit Creative Assembly bezüglich der Zukunft der Serie, vor allem in Hinsicht auf die KI-Entwicklung, führten schließlich zum Start eines eigenen Projektes, angesiedelt im Amerikanischen Bürgerkrieg. Nach dem es von Steam Greenlight, nun ja, grünen Licht bekommen hatte, erschien Ultimate General: Gettysburg schließlich im Oktober 2014 und hat mittlerweile Version 1.6 erreicht. Ein guter Zeitpunkt also, das Spiel mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Was ist dran am taktischen Anspruch? Und wie gut ist die KI wirklich?

 

Jede der hier gezeigten Einstellungen hat Einfluss auf das KI-Verhalten. Die ausbalancierte Variante ist dabei noch vergleichsweise harmlos.

Tag 1, Auf in die Schlacht

 

01.07.1863, kurz nach 10:00 Uhr. Der erste Feindkontakt bereitet den Konföderierten keine größeren Schwierigkeiten. Trotz starken Abwehrfeuers rückt das dritte Korps ohne größere Probleme vor, nicht zuletzt dank guter Artillerieunterstützung und dem kampferprobten Regiment unter Brigadegeneral Archer. Mc Pherson´s und Oak Ridge, zwei strategisch bedeutsame Erhebungen fallen bald in die Hände der Südstaaten. Das lutherische Seminar wird indes von der Union erfolgreich gehalten. Trotz eintreffender Verstärkung gelingt es LieutGen. Hill nicht den Widerstand der Yankees zu brechen.

Wie der Name des Spiels schon sagt, kämpfen wir in Ultimate General: Gettysburg ebenjene Schlacht nach, wahlweise auf Seiten der Union oder der Konföderierten. Jede der beiden Fraktionen hat dabei ihre Vor- und Nachteile. Während sich der Norden vor allem auf gut ausgebildete und ausgestattet Truppen verlassen kann, fehlt ihm doch der Kampfgeist und die eiserne Moral der Südstaaten. Taktisch wiederum profitieren die Unionstruppen vor allem davon, dass sie sich eher defensiv spielen lassen. Anders als ihre Rivalen aus dem Süden müssen sie vergleichsweise wenig Ziele einnehmen, um die Schlacht zu gewinnen. Aber dazu später mehr. Gettysburg samt Umgebung wurde auf Basis von historischen und aktuellen Karten akkurat nachgebaut. Jede Farm, jede Straße, jedes Waldstück befindet sich dort, wo es im 19. Jahrhundert gelegen hat. Selbstverständlich kommen auch nur die Regimenter zum Einsatz, die tatsächlich an der Schlacht beteiligt gewesen sind. Wichtige Orte sind zudem beschriftet und ermöglichen eine gute Orientierung auf dem Schlachtfeld. Je nach Schlachtverlauf verschiebt sich zudem der Ort des Geschehens. Mal befindet sich Gettysburg nördlich oder im Rücken von uns oder ist gar nicht auf der Karte zu sehen, weil sich eine der Seiten zu einem Flankenangriff entschlossen hat. Die dreitägige Schlacht verläuft nämlich ausgesprochen dynamisch. Strategisch wichtige Orte sind mit Siegpunkten versehen. Je nachdem wie viele wir davon einnehmen, desto größer ist der Einfluss auf den Schlachtverlauf. Verstärkungen erscheinen zum Beispiel schneller oder überhaupt nicht. Oder wir können die Gefechte von einer günstigen Position aus weiter fortsetzen. An mehreren Punkten im Spiel dürfen wir zudem selbst entscheiden, welche Strategie wir anwenden wollen und können so den Ort der Schlacht bestimmen.

01.07.1863, kurz nach 13:00 Uhr. Die Nordstaaten haben das Lutherische Seminar aufgegeben und sich in den Süden von Gettysburg zurückgezogen. Trotzdem verläuft die Schlacht nicht günstig. Die Grauröcke sind angeschlagen und können ihrem Angriff nicht richtig Schwung verliehen. Eintreffende Verstärkung kann sich zwar relativ geschützt im Schatten der Stadt fortbewegen, scheitert aber am Widerstand der Iron Brigade bei Cementery Hill. Mehrere deutschstämmige Yankeeregimenter schlagen zudem die Angreifer bei Culp´s Hill zurück, trotz der Beteiligung der kampferprobten Louisiana Tigers. Erst gegen Nachmittag gelingt es dank eines erfolgreichen Sturmangriffs nahe der Farmen von McDonald und McMillen die Union vom Westen des Schlachtfeldes zu vertreiben, wenn auch unter schweren Verlusten.

Zu den wichtigsten Spielelementen von Ultimate General: Gettysburg gehört die Mitnahme unserer Truppen in künftige Kämpfe. Wenn ein Regiment ein Gefecht überstanden hat, wird es in den folgenden wieder auftauchen, entweder sofort einsetzbar oder als Verstärkung. Wenig überraschend gilt das auch für erlittene Verluste und Moraleinbußen. Meine bemitleidenswerten Konföderierten konnten zwar den ersten Tag in den Vormittagsstunden noch für sich entscheiden, erlitten dabei aber so hohe Verluste, dass es ihnen am Nachmittag an Kampfkraft fehlte. Der Spieler wird so gezwungen langfristiger zu planen. Ist es wirklich sinnvoll mein Eliteregiment jetzt schon einzusetzen? Oder soll ich es lieber für später zurückhalten? Der Erfahrungsstand unsrer Truppen spielt dabei eine entscheidende Rolle. Jede Einheit, egal ob Infanterie, Artillerie oder Kavallerie besitzt entweder einen, zwei oder drei Sterne. Da unsere Soldaten, anders als in Total War, in der Schlacht keine Erfahrung sammeln, gilt es unsere Regimenter mit Bedacht zu behandeln. Soloaufträge sind dabei tabu. Selbst Eliteeinheiten sollten ohne Feuerunterstützung keinen Sturmangriff wagen und unsere Standardtruppen Abschnitte nur verteidigen, wenn das Gelände günstig ist.

Die Landschaft beeinflusst die Kämpfe maßgeblich. Einheiten auf höher liegenden Positionen genießen eine höhere Schussweite, Häuser können unsere Sichtlinien blockieren und dichte Wälder geben uns Deckungsboni, erkennbar an einem gelben Balken bei der Auswahl eines Regiments. Dass meine Louisiana Tigers trotz ihrer eigentlich hohen Kampfkraft an einem wesentlich schwächeren Gegner scheiterten, lag nicht zuletzt daran, dass sie über offenes Gelände einen Steilen Hügel hinaufstürmen mussten. Topographie und Sichtlinien lassen sich indes in einem 2D-Spiel nur suboptimal darstellen. Ein Tastendruck auf „M“ blendet zwar Höhenlinien ein und auch das Sichtfeld unserer Einheiten lässt sich bei gedrückter linker Maustaste einblenden. Dennoch wäre etwas deutlichere Anzeigen hilfreich gewesen. Oftmals muss man erstmals eine Weile rätseln, weil sich das Zusammenspiel von Höhenparametern und dazwischen liegenden Hindernissen nicht sofort erkennen lässt. Immerhin passen sich unsere Regimenter dem Gelände an, stehen zum Beispiel auf Hängen leicht schräg. Insgesamt kommen die Geländeauswirkungen aber glaubhaft zum Tragen und lassen sich auch gut nutzen.

 

Die zahlenmäßig weit unterlegenen Konföderierten halten sich hier in erster Linie dank des Höhenvorteils. Man beachte die vielen Regimenter.

Tag 2, Erbitterter Widerstand

 

02.07.1863, Nachmittag. Nach einigen kleineren Gefechten in der Nacht kommt es zum ersten großen Aufeinandertreffen der beiden Streitkräfte. Mehrere tausend Mann kämpfen den ganzen Tag lang verbittert um die Farmen südlich der Stadt. Die Höhenzüge bei Round Top bleiben fast den ganzen Tag in konföderierter Hand, erst am Abend gelingt es der Union die Hügel erfolgreich zurückzuerobern. Die Südstaaten erleben ihren größten Triumph, als sie gegen 18:00 Uhr das komplette Zentrum der Union bei Peach Orchard in die Flucht schlagen können. Erneut verhindern jedoch die starken Verluste einen weiteren Vormarsch. Einigen angeschlagenen Regimentern gelingt es noch eine Artilleriestellung der Union bei Cementery Ridge zu besetzen und so den südlichen Zugang nach Gettysburg zu blockieren. Mit fast 30.000 Verlusten endet der zweite Tag der Schlacht in einem blutigen Unentschiedenen.

Obwohl es sich bei Ultimate General: Gettysburg um ein Echtzeitstategiespiel handelt, steuert es sich jedoch bedeutet anders. Anstatt mit einem Rechtsklick einfach einen Bewegungsbefehl zu geben, zeichnen wir hingen die Route unserer Einheit direkt auf das Schlachtfeld. Man fühlt sich dabei nicht nur wie ein General vor der Karte, sondern kann so auch günstige Routen einplanen, um seine Einheiten möglichst in Deckung zu halten. Ein einfacher Linksklick genügt zudem für den Angriff, ein zweiter für den Nahkampf. Das System spielt sich innovativ und erspart uns das mühselige Setzen von Wegpunkten, artet aber in größeren Schlachten teils in sehr viel Micromanagement aus. Weniger gelungen ist hingegen die Auswahl mehrerer Einheiten. Anstatt wie in jedem anderen Spiel auch einen Rahmen über unsere Einheiten zu ziehen, müssen wie sie hier mühselig per Hand ein kringeln. 

Die Kämpfe gestalten sich ähnlich wie in Empire: Total War oder Fall of the Samurai, schließlich befinden wir uns bereits im Schusswaffenzeitalter. Die einzelnen Einheitenwerte spielen jedoch eine wesentlich größere Rolle. Neben der Deckung gilt es vor allem das Zusammenspiel von Moral und Erschöpfung zu beachten. Erschöpfte Einheiten reagieren anfälliger auf Verluste und selbst ein hochmotiviertes Regiment taugt nicht zum Sturmangriff, wenn es sich zuvor einen steilen Hügelkamm hinaufschleppen musste. Dem Nahkampf kommt ohnehin eine besondere Bedeutung zu. Unbedachte eingesetzt kommt er glattem Selbstmord gleich, eine Erfahrung, die gerade zu Anfang durchaus frustrieren kann. Richtig eingesetzt, kann er den Gefechtsverlauf jedoch massiv beeinflussen. Mein oben genannter Durchbruch im Zentrum, wäre ohne Sturmangriffe nicht möglich gewesen. Vor dem Angriffsbefehl gilt es daher sich tunlichst zu vergewissern, dass man am besten eine erfahrene Brigade einsetzt (zwei oder drei Sterne) und diese über ausreichend Moral und Kondition verfügt. Die konföderierten Truppen sind aufgrund ihrer hohen Moralwerte deutlich besser für diese Aufgabe geeignet als die des Nordens. Rennende Einheiten reagieren nämlich ausgesprochen empfindlich auf Feindbeschuss. Und einmal in die Flucht geschlagen, kann ein Regiment schnell gewaltige Verluste erleiden. Dank ihrer großen Abteilungen sind die Südstaaten gegen solche Schläge besser gewappnet, gleichzeitig aber auch weniger flexibel einsetzbar als die kleineren Regimenter der Union. Dass unsere Soldaten komplett vom Schlachtfeld fliehen geschieht indes eher selten. In der Regel ziehen sie sich hinter die eigenen Linien zurück, wo sie sich wieder sammeln. Ihre Moral gewinnen sie aber dann nur noch in Teilen zurück. Für mehr bedarf es der erfolgreichen Bekämpfung einer feindlichen Einheit.

Artillerie und Kavallerie spielen ihre ganz eigene spezialisierte Rolle. Unsere Geschütze sind noch weit von ihrer todbringenden Wirkung im Ersten Weltkrieg entfernt, können aber die Moral des Gegners empfindlich stören und ihn tatsächlich sturmreif schießen. Und dank Kartätschenmunition gehört sie zur todbringensten Waffe im Spiel, zumindest auf kurzer Reichweite. Das macht Frontalangriffe selbst auf einzelne Batterien ausgesprochen schwierig. Es gilt stets ein Auge auf die Nachladezeiten und offene Flanken zu haben. Kurioserweise glänzt die Artillerie zudem mit einer ausgesprochenen Langlebigkeit. Selbst stark zusammengeschossene und im Nahkampf überrannte Batterien schaffen es noch irgendwie sich vom Schlachtfeld zu schleppen. Die Geschütze sind danach zwar nur noch bedingt einsatzfähig, dennoch schadet es der Glaubwürdigkeit, wenn die Geschützführer ihre Kanone ungestört vom Schlachtfeld rollen können, obwohl sie komplett von Feinden eingekreist wurden. Kavallerie hat hingegen viel von ihrer früheren Bedeutung verloren und sollte vor allem für Stör- und Flankenangriffe auf vereinzelte Feinde angewandt werden. Gerade im späteren Spielverlauf ist dies aber nur bedingt möglich, da vor allem die Konföderierten Kavallerieregimenter derart groß sind, als dass man mit ihnen unbemerkt den Feind umrunden könnte.

Das Zusammenspiel der einzelnen Waffengattungen wird ansonsten aber sehr glaubwürdig in Szene gesetzt, vor allem der richtige Einsatz unserer Artillerie kann von entscheidender Bedeutung sein. Zudem ermöglichen Plänkler die schnelle Besetzung wichtiger Stellungen. Erfreulich ist auch, dass unsere Korpskommandeure als eigene Einheiten auf dem Schlachtfeld auftauchen, aber nur den ihnen untergebenen Truppen Boni geben können. Ärgerlich, anders als in Total War können unsere Generäle nicht sterben. Wenn unser Befehlshaber mal in die feindlichen Linien gerät, passiert ihm gar nichts. 

 

Die Langlebigkeit der Artillerie treibt teils seltsame Blüten. Hier bindet ein einzelnes Geschütz gleich drei feindliche Einheiten am Kartenrand.

Tag 3, Im Fleischwolf

 

03.07.1863, später Nachmittag. Nachdem am Vortag kein klares Ergebnis erzielt wurde, beschließt die konföderierte Führung unter Robert E. Lee nicht auf das Zentrum der Union vorzurücken, sondern die am Vortag verlorene Hügelkette zurückzuerobern. Die Aufgabe ist riskant und so werden die letzten Verstärkungen der Südstaaten für den finalen Schlag mobilisiert. Die Schlacht selbst verläuft nach Plan. Round Top und der naheliegende Minor Round Top werden erfolgreich gestürmt. Währenddessen gelingt der konföderierten Kavaliere der erfolgreiche Durchbruch nach Westen, erleidet aber gleichzeitig starke Verluste durch Artilleriebeschuss. Die mitgeführten Plänkler sind indes weniger mobil und werden im Kampf mit mehreren Feindregimentern aufgerieben. Am Ende des Tages können die Grauröcke schließlich den Sieg für sich verbuchen, verlieren aber wieder zahlreiche Männer.

Optisch präsentiert sich Ultimate General: Gettysburg hübsch, wenn auch unspektakulär. Die 2D-Grafik versprüht altmodischen Charme und auch auf der schönen Karte gibt es viele Details zu entdecken. Und wenn dann tausender Pixelsoldaten aufeinander losgehen, kommt durchaus eine sehr packende Schlachtatmosphäre auf. Kanonenbeschuss und Pulverdampf werden ebenfalls stimmig in Szene, nicht zuletzt dank der sehr guten Soundkulisse, die zwar auf musikalische Untermalung verzichtet, einen sonst aber gut in das 19. Jahrhundert versetzt. Gewehrfeuer, Trompetensignale und Schlachtrufe kommen gut zur Geltung, sodass man als Spieler oft schon an den Schlachtgeräuschen erkennt, wenn etwa zum Sturmangriff ansetzt wird. Damit wäre eigentlich schon alles zur Grafik gesagt. Erwähnenswert bleiben noch einige Details. Zum einen ist es erfreulich, dass die Entwickler auf solche Kleinigkeiten wie Marschformationen geachtet haben. Eine Kolonne der Nordstaaten bewegt sich zum Beispiel wesentlich geordneter als eine des Südens. Anderseits wäre etwas mehr Variation bei den Regimentern nett gewesen. Gerade im Amerikanischen Bürgerkrieg zeichneten sich viele Einheiten durch ihre individuellen, teils sogar exotischen, Uniformen aus. Im Spiel ist davon nichts zu sehen, obwohl es trotz der 2D-Grafik sicher möglich gewesen wäre. Zudem entsprechen die angezeigten Einheitengrößen nicht den tatsächlich zu sehenden Soldaten, vermutlich ein Zugeständnis an die Ableger für Mobilgeräte. Vielleicht hätten die Regimenter sonst auch zu viel Platz weggenommen. Man fühlst sich aber auch so gut in eine große Schlacht hinein versetzt. Was dem Spiel aber deutlich fehlt, ist die Zeitbeschleunigung. Gerade in kleineren Gefechten verbringen wir viel Zeit damit unsere Truppen nur in die richtige Position zu manövrieren. Und das kann die eigene Geduld teils sehr strapazieren.

Die KI wiederum hält, was sie verspricht. Vor Beginn dürfen wird aus aus neun Verhaltensmustern auswählen und den Computer wahlweise nochmal extra stärken. Jedes dieses Muster bringt individuelle Spielweisen mit sich, jeweils geordnet nach Schwierigkeit und Aggressivität. Eine aggressive KI stürmt auf den unteren Schwierigkeitsgraden einfach nur kopflos vor, sucht hingegen auf den höheren gezielt nach Lücken in unserer Verteidigung. Je nach Einstellung bekommen wir es also mit sehr aktiven, passiven oder ausgeglichenen Kontrahenten zu tun, die eine individuelle Spielweise erfordern. Auf Flankenmannöver wird gezielt reagiert, Sturmangriffe werden sinnvoll koordiniert und kampfstarke Regimenter oftmals erst gegen Ende eines Gefechts eingesetzt, wenn die eigenen Truppen schon stark geschwächt sind. Auch unsere Soldaten machen ihre Sache gut. Artillerie greift gezielt demoralisierte Truppen an, während sich unsere Soldaten bei starkem Feindbeschuss auch mal eigenständig zurückfallen lassen. Dennoch muss man als Spieler häufiger nachjustieren, ganz so eigenständig wie von den Entwicklern beworben reagieren unsere Einheiten dann doch nicht. Größere Aussetzer sind mir indes nicht aufgefallen, der Computer reagierte stets glaubwürdig und überlegt, zumindest auf dem ausgeglichenen Schwierigkeitsgrad. 

Je nach Schlachtverlauf lässt sich ein Feldzug in Ultimate General: Gettysburg in weniger als fünf Stunden durchspielen, die unterschiedlichen KI-Typen und der variable Schlachtverlauf bieten aber hohen Wiederspielwert. Haben wir denn Sieg mit einer der Parteien errungen, dürfen wir zudem eines der zahlreichen Einzelszenarien der Schlacht anwählen. Auch Multiplayer-Gefechte sind möglich, für die aber nur schwer Spieler zu finden sind. Multiplayerfans sollten daher viel Geduld und am besten ein paar Freunde mitbringen.Dennoch hätten weitere Schlachten aus dem Bürgerkrieg dem Spiel gut getan. Auf Dauer werden die Kämpfe etwas zu eintönig. An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass Ultimate General: Gettysburg nur englische Sprachunterstützung bietet.

Dass wir wie hier gleich mehre Feinde in die Flucht schlagen, passiert nicht oft, fühlt sich aber umso befriedigender an.

 

Tag 4, Haltet die Stellung! (Fazit)

 

04.07.1863, 14:00 Uhr. Zur Überraschung ausländischer Beobachter haben sich die Truppen des Süden wesentlich länger gehalten als gedacht. Die Nordstaaten haben schwere Verluste erlitten, können nun aber auf eine dreifache Übermacht zurückgreifen, um die ausgelaugten Konföderierten endgültig zu zerschmettern. Deren Streitmacht ist mittlerweile auf knapp 5000 Mann zusammengeschrumpft, verfügt aber immer noch über starke Artillerieunterstützung, die am Round Top verteilt wurde. Tatsächlich gelingt es der Union nicht die Hügelkette einzunehmen. Die Verteidiger haben nicht nur ein ausgezeichnetes Schussfeld, sondern auch gute Deckung. Und so bemühen sich die Nordstaaten vergeblich ihre zahlenmäßige Überlegenheit zum Tragen zu bringen. Den Konföderierten mangelt es wiederum an Schlagkraft, um die Stellungen der Yankees einzunehmen und können so am Abend nur einen knappen Sieg erringen.

Dem aufmerksamen Leser wird sicher nicht entgangen sein, dass ich in diesem Test mehr als einmal die Total War-Reihe herangezogen habe. Wenn man die Kariere von Nick Thomadis bedenkt, bietet sich so ein Vergleich natürlich an. Trotz einer ähnlichen Spielweise, werden in Ultimate General: Gettysburg Fehler aber knallhart (von der KI) bestraft. Ein verheiztes Regiment, eine nicht besetzte Stellung kann sich fatal auf den Rest der Schlacht auswirken. Dass ich diesen Test aus Sicht der Südstaaten geschildert habe, hat seine Gründe. Hier wird einem erst wirklich deutlich wie gut die einzelnen Spielmechaniken ineinander greifen, da man auf eine sehr offensive Spielweise angewiesen ist. Meinen ersten Feldzug bestritt ich auf Seiten des Nordens. Zwar erfolgreich, aber nur mit einem Pyrrhussieg, weil ich es versäumt habe meine Stellungen auch mal zu verlassen. So was kann man sich bei den Konföderierten gar nicht erst erlauben. Die Entwickler versäumen es jedoch, dies einem in einem vernünftigen Tutorial beizubringen. Ein paar Hilfefenster erklären einem zwar die grundsätzlichen Mechaniken des Spiels, mehr aber auch nicht.

Vor allem die ersten Spielstunden waren für mich sehr frustrierend und sind es teilweise immer noch. Doch genau das macht den Reiz des Spiels aus. Wer seine Regimenter geschickt einsetzt, Angriffe richtig abstimmt und das Gelände optimal nutzt, wird auch belohnt. Es braucht jedoch seine Zeit, um das zu verinnerlichen. Der größte Fehler ist tatsächlich, das Spiel wie ein Total War spielen zu wollen. So funktioniert es eben nicht. Ultimate General: Gettysburg bringt trotz sich ähnelnde Ansätze seine ganz eigenen Ideen in das Genre ein. Und die funktionieren ausgesprochen gut. Zu bemängeln bleiben sicher die vergleichsweise schwache Präsentation, der eher geringe Umfang und die teils fummelige Bedienung. Schlussendlich handelt es sich hier aber um keinen AAA-Titel, sondern die Arbeit eines kleinen Teams, das maßgeblich von einer Person koordiniert wurde. Wer sich schon immer anspruchsvolle Massenschlachten samt guter KI gewünscht hat und eine gewisse Frusttoleranz mitbringt, ist hier genau richtig. 

 

05.07.1863, Nachspiel. Erst langsam wird den konföderierten Soldaten klar, dass sie die Schlacht gewonnen haben. Aber zu welchem Preis? Zahlreiche Regimenter wurden nahezu ausgelöscht, beide Seiten verzeichnen zusammen über 60.000 Verluste. Zu viel, als dass die Nord-Virginia-Armee in den kommenden Monaten noch sinnvoll eingesetzt werden könnte. Taktisch mag Gettysburg ein Sieg gewesen sein, strategisch kann die Konföderation ihn jedoch nicht nutzen.


Wertung
Pro und Kontra
  • charmante 2D-Grafik
  • schöne Schlachtatmosphäre
  • stimmige Soundkulisse
  • anspruchsvolle Kämpfe
  • hervorragende KI
  • Fraktionen spielen sich unterschiedlich
  • dynamischer Schlachtverlauf
  • teils sehr frustrierend
  • mitunter umständliche Bedienung
  • vergleichsweise geringer Umfang
  • keine Zeitbeschleunigung
  • diverse Kleinigkeiten (Siehe Text)

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(2)
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