Die Wüste lebt!

„Fallout: New Vegas“. Ein weiteres Spiel, angesiedelt im Universum des immer gleichbleibenden Krieges. Dieses Spiel wurde aber nicht von Bethesda,...

von Bakefish am: 06.06.2018

„Fallout: New Vegas“. Ein weiteres Spiel, angesiedelt im Universum des immer gleichbleibenden Krieges. Dieses Spiel wurde aber nicht von Bethesda, sondern von Obsidian Entertainment entwickelt. Da bei diesem Studio diverse Entwickler sitzen sollten, die auch schon beim alten Entwickler Black Isle Studios (dem Erschaffer von Fallout 1 + 2) mitgewirkt hatten, sollte dieses Fallout wieder stark an ältere Teile erinnern. Demzufolge war der Hype mehr als groß. Ich hingegen war etwas skeptisch, hatte ich doch mit Fallout 3 sehr viel Spaß gehabt und gerade dessen sehr endzeitliche und düstere Stimmung sehr zu schätzen gelernt. Und nun ein neuer Teil, welcher ein gutes Stück dieser Atmosphäre verlieren sollte? Das war meinem Fanboyhirn einfach nicht ansprechend genug und da ich mich anfangs durch die Grafik und Steuerung zum Trugschluss hinreißen ließ, das Spiel sei nichts anderes als ein großes Add-On zu Teil 3, konnte ich mit dem Spiel für eine ganze Weile nicht wirklich warmwerden.

Als im letzten Jahr die Ultimate Edition des Spiels auf GOG erschien, gab ich ihm dann aber doch noch eine Chance. Und Junge, was hatte ich mich in meinen ersten Urteilen getäuscht. Nicht nur als RPG, sondern auch in vielen anderen Bereichen wurde es ein unfassbar intensives Erlebnis für mich. Im Test erzähle ich euch, warum es so empfehlenswert ist und warum es dennoch nicht zur Topwertung reicht.

Disclaimer 1: „Fallout: New Vegas“ ist ein sehr großes Spiel. Das hier wird also ein sehr langer Test, selbst für meine Verhältnisse. Also nehmt euch die Zeit. Ihr werdet es nicht bereuen! ;-)

Disclaimer 2: Dieser Test bezieht sich nur auf das Hauptspiel. Mods wurden hierbei nicht getestet und zu den DLCs reiche ich noch einen weiteren Test per Blog nach. Sobald dieser erschienen ist, werde ich das noch einmal extra in diesem Artikel verlinken.

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Es ist nicht alles Platin, was glänzt

 

Die Grundgeschichte dürften die meisten Ödländer unter uns kennen. Im Jahre 2077 wurde die alternative Welt des Falloutuniversums im Atomkrieg zerstört und der Fallout vernichtete fast sämtliches Leben, das damals existierte. Die Stadt Las Vegas allerdings ist fast komplett verschont worden. Ziemlich ironisch, sind doch gerade hier in der Wüste Nevadas zahllose Atomwaffen getestet worden.

Nach einiger Zeit formierte sich westlich von New Vegas im heißen Kalifornien die „New Californian Republic“ (NCR). Diese expandierte sehr schnell und stieß damit auf die Mojave-Wüste und so auch auf New Vegas, das intakte, aber dekadente Überbleibsel der alten Zockermetropole unter Führung des mysteriösen Mr. House und seinen Sicherheitsrobotern. Als die NCR den südöstlich gelegenen Hoover Dam in Betrieb nehmen wollte, stieß sie auf eine Gruppierung von Raidern und Banditen. Zwischen der NCR und dieser „Caesar’s Legion“ kam es zum erbitterten Kampf. Zwar konnte die NCR den Damm halten, doch die Legion zog sich nicht zurück, ganz im Gegenteil. Der wahre Kampf sollte erst beginnen…

Großteile des Plots werden über solche Dialoge erzählt.

 

Von all diesen Erlebnissen bekommt man selbst als Kurier anfangs nichts mit. Dann kommt ein doch eigentlich sehr simpler Auftrag: Ich als dieser Kurier soll einfach nur einen kleinen Chip aus Platin von der nahegelegenen Stadt Primm aus direkt ins Herz der Stadt befördern, zum „Strip“. Irgendwas geht dabei jedoch komplett schief, eine kleine Gruppe an Typen überfällt mich nahe der Siedlung Goodsprings und jagt mir eine Kugel in den Kopf.

Zum Glück zieht mich ein Roboter aus dem Grab und der örtliche Doktor von Goodsprings kann mich wiederherstellen. Die Frage ist nun: Warum haben sie mich abgeknallt? Und was hat es mit diesem Chip auf sich? Die Antworten auf diese Fragen schicken mich nicht nur quer durch die ganze Mojave, sondern auch direkt in das Herz der Stadt. Und schon bald wird klar, dass es hierbei um nichts anderes geht als um die gesamte Zukunft einer Metropole…

Ja, das klingt nicht nur spannend, insgesamt hat man die Geschichte auch sehr gut durchdacht. Nicht nur stoße ich während meiner langen Reise auf diverse Charaktere mit verschiedenen Motiven und Hintergründen, auch gibt es die eine oder interessante Wendung, die einen völlig neuen Blick auf das bisher Erlebte bietet und den gesamten Plot so mit einiger Spannung auflädt. In der Stadt laufen sehr große Dinge und ich kann einen Teil von ihnen werden.

Stichwort „Teil werden“: Ja, die Entscheidungen sind es hier, die eine große Rolle spielen. Egal, was ich tue, egal, wie ich mich entscheide, alles hat Konsequenzen. Jeder noch so unscheinbare Charakter, jede Fraktion (zu diesen gleich mehr), jedes Ereignis hat irgendwo seinen Einfluss auf den weiteren Spielverlauf. Das macht das Spiel nicht nur deutlich komplexer, sondern auch weniger berechenbar. Ich kann Vieles tun. Doch ich muss auch wissen, was das bedeutet. Das hat mir extrem gut gefallen, so muss eine Handlung gesponnen sein.

Was will man also mehr? Der Plot wirkt auf dem Papier sehr spannend, die Figuren wurden großartig gestaltet und umgesetzt. Allen voran deren Synchronsprecher (ich beziehe mich auf die englische Version) machen einen richtig tollen Job. Gibt es dann nicht auch irgendwelche Schwächen? Leider ja. Und teilweise sind sie so groß, dass ich die Geschichte von „Fallout: New Vegas“ glatt als einen der größten Schwachpunkte des Spiels aufzählen würde.

Skurrile Charaktere gibt es auch in "Fallout: New Vegas" wieder zur Genüge. Dieser Supermutant ist schizophren.

 

Das liegt größtenteils an seiner Inszenierung, welche mehr als bescheiden ausgefallen ist. Vielleicht liegt das einfach an der recht betagten Engine, mit welcher das Spiel angetrieben wird, doch die Erzählung der Geschichte ist unfassbar lahm dargestellt. Klar, ich erwarte hier kein Call of Duty, bei dem alle zehn Sekunden die nächste Skriptsequenz ins Gesicht springt und alles kracht und wummst und hurra und Action! Doch durch die stocksteifen Animationen der Figuren und insgesamt sehr unbeholfen wirkende Szenen kriegt man manchmal gar nicht mit, dass hier gerade etwas hochgradig Relevantes passiert, wichtige Punkte des Plots wirken dadurch fast schon lächerlich. Das geht sogar bis zum Ende so, welches dann einfach plötzlich da ist und das wars.  

Außerdem tritt bei „Fallout: New Vegas“ auch ein Problem auf, welches generell bei vielen Open-World-Spielen vorliegt: Durch die Fülle und Lebendigkeit der eigentlichen Spielwelt rückt die Haupthandlung viel zu oft komplett in den Hintergrund, wirkt manchmal geradezu völlig irrelevant. Da mag ein großes Ding in der Stadt gedreht werden, für mich wirkt das nach einer netten Nebenbeschäftigung. Das ist jammerschade und schadet dem Plot erheblich.

Letztendlich bleibt von der Geschichte vielleicht noch der gute Wille übrig. Doch wenn ich sie wirklich ernstnehmen will, muss ich mich dafür ziemlich anstrengen… und die Lust wird nicht jeder verspüren.

 

Immer wenn du special bist, wirst du zur Diva…

 

So viel zum Hauptplot. Ich beschreibe nun Aspekte des Gameplays und fange beim Wichtigsten an, nämlich den Rollenspielaspekten. Diese wurden größtenteils aus Fallout 3 übernommen, kleinere Unterschiede gibt es aber.

Wie schon in allen Vorgängerteilen gibt es auch in Fallout: New Vegas das Special-System. „Special“ ist dabei ein Akronym, jeder Buchstabe steht für eine wichtige Eigenschaft meines Charakters. Das „S“ beispielsweise steht für „Strength“, also meine rohe physische Kraft. „P“ für Perception, also meine Wahrnehmung. „C“ für Charisma… nun ja, der Name sagt es. Ich darf einige Punkte in die Werte investieren, allerdings sind diese stark begrenzt. Wenn ich also einen Specialwert verbessere, leiden die anderen darunter. Das führt zu interessanten Kreuzungen. Ein muskelbepackter Misanthrop? Ein charmanter „Blinder“ (zu wenig Punkte in Perception)? Etliche Kombinationen sind möglich. Allerdings muss klar sein: Das System hat einen gravierenden Einfluss auf den Spielverlauf und ist daher nicht zu unterschätzen, zumal man es nach dem Intro (hier muss man die Werte verteilen) nicht wieder rückgängig machen kann. Wie genau das Spiel beeinflusst wird, werde ich immer wieder im weiteren Verlauf dieser Rezension anschneiden.

Wenn es bei der Perkauswahl doch einfacher wäre...

 

Natürlich gibt es wieder diverse Skills. Wie schon in Fallout 3 erhalte ich mit jedem Levelaufstieg Skillpunkte (wie viele, entscheidet mein Special-Intelligenzmodifikator), die ich in eine Vielzahl dieser Fähigkeiten stecken kann. Neu ist, dass die Levelgrenze nun bei 30 statt 20 liegt, allerdings kriegt man schon von Grund auf deutlich weniger Skillpunkte als noch im dritten Teil. Das verhindert, dass ich gerade im Endspiel gnadenlos übermächtig bin. Levelaufstiege kommen aber ganz wie gewohnt durch das Sammeln von Erfahrungspunkten zustande. Hierfür schließe ich Quests ab oder erledige Feinde, auch das Einsetzen von Skills (z. B. das Knacken eines Schlosses) gibt mir Erfahrungspunkte.

Die Fähigkeiten selbst wurden größtenteils aus Fallout 3 übernommen. Auch hier gibt es Reparieren, Schlossknacken, Energiewaffen, Medizin und noch mehr. Je mehr Skillpunkte ich in die jeweilige Fähigkeit investiere, desto effektiver werde ich in ihr. Ein hoher Schlossknackskill lässt mich selbst komplexeste Schlösser mühelos auseinanderlegen. Und wenn ich viel in Energiewaffen investiert habe, brennen diese Gegnern umso heftiger auf den Pelz. Wie ich mich skille, hängt ganz von meinem Spielstil ab. Ein brachialer Nahkämpfer mit hoher wissenschaftlicher Erfahrung? Oder doch ein leisetretender Überlebenskämpfer, der es aber einfach nicht mit Schusswaffen gebacken kriegt? Meine Entscheidung!

Und natürlich gibt es auch Perks. Nach jedem zweiten Levelaufstieg (das ist extra erwähnenswert, denn in Fallout 3 ging dies nach jedem Aufstieg) kann ich aus einer Vielzahl an zusätzlichen Perks wählen, die mir dauerhaft gewisse Boni verleihen. Mehr Schaden mit bestimmten Waffen? Erhöhte Wahrnehmung in der Nacht? Mehr Munition in Behältern finden? Die Möglichkeiten sind schier endlos. Allerdings schalten sich die Perks erst nach und nach mit den Levelaufstiegen frei und auch dann muss ich oft bestimmte Skills oder Specialattribute auf bestimmte Werte erhöht haben. Manche Perks können mir so auch dauerhaft verwehrt bleiben.

Man sieht also, Skills, Special und Perks haben einen extrem hohen Einfluss auf das Spiel. Und generell muss ich eins beachten: Ich kann aus diversen Möglichkeiten wählen, doch perfekt ist keine einzige. Ich kann in irgendetwas gut sein, doch dafür muss ich an irgendeiner anderen Stelle Abstriche machen. Daher muss ich also ganz genau abwägen, was ich tue, denn es hat Konsequenzen. Das hat mir doppelt gut gefallen: Einmal die endlos vielen Spielstile, die so möglich werden, aber gleichzeitig auch all das, was daraus folgt. Das habe ich so in kaum einem anderen Spiel bisher erlebt und es hat sich großartig angefühlt. Prima so!

 

Ying und Yang

 

Das eigentliche Rollenspiel mag also größtenteils von Fallout 3 stammen, andere Aspekte sind jedoch völlig neu, beispielsweise das Fraktionssystem. Im Spiel bekomme ich es mit diversen Gruppierungen wie der NCR, der Legion und etlichen kleineren Banden (auch die stählerne Bruderschaft ist wieder mit dabei) zu tun. Je nach meinen Vorlieben kann ich mit Gruppen sympathisieren oder sie zu Feinden erklären.

Hier laufe ich mit Klamotten der Legion durch die Kante. Das gefällt nicht jedem- auch den Angehörigen der Boomerfraktion nicht, die mich hier beschießen. Aber: Die beschießen JEDEN.

 

Indem ich Angehörigen einer Fraktion helfe oder Entscheidungen treffe, die die jeweilige Fraktion begünstigen, steigt mein Ruf in dieser Fraktion an. Ist mein Ruf weit genug angestiegen, erhalte ich oft zusätzliche Gesprächsoptionen, Quests oder auch Goodies. Umgekehrt kann ich durch Angreifen von Fraktionsmitgliedern oder Entscheidungen zuwider der Fraktion meinen Ruf mit dieser verschlechtern, was mir Quests verwehrt und im schlimmsten Fall dafür sorgt, dass sie Attentäter nach mir schicken.

Dann muss man sich wohl mit allen Fraktionen gutstellen, denkt man sich hier. Das hättest du wohl gerne, sagt „Fallout: New Vegas“ und lässt manche Fraktionen in den Krieg gegeneinander treten. Siehe NCR und Legion oder auch die Siedlung Goodsprings gegen eine Bande namens Powder Ganger. Wenn ich einer Fraktion helfe, versaue ich es mir automatisch mit der anderen. Wie ich mich entscheide, muss ich selbst wissen, das Spiel umgeht dabei das klassische Gut-Böse-Prinzip und lässt eine Menge an Grauzonen. Jede Seite hat ihren Dreck am Stecken und macht es von der moralischen Seite aus manchmal mehr als schwierig.

Was ich mit der jeweiligen Fraktion anstelle, hat ebenso eine Menge an Konsequenzen, welche nicht nur den Spielverlauf, sondern auch das Ende massiv beeinflussen können. Auch hier gilt: Wie ich mich entscheide, es wird auf mich zurückkommen. Und auch genau deshalb habe ich mit den Fraktionen einen unfassbaren Spaß gehabt, denn was ich tat, hatte teils gehörige Auswirkungen. Hut ab, das erlebt man selten!

 

Durch das Entscheidungsgewirr

 

Natürlich gibt es in einem Spiel wie „Fallout: New Vegas“ auch diverse Quests abseits der Haupthandlung. Allein ihre schiere Anzahl ist beeindruckend. Und jede Quest hat es in sich.

Ob ich nun die Spielwelt durchstreife oder einfach zufällig am Wegesrand etwas aufschnappe, überall wird meine Hilfe benötigt. Das können Fraktionen oder einzelne Personen sein, ihre Geschichten sind vielfältig. Mal vermisst jemand eine Person, mal muss ich für jemanden Gegenstände besorgen, manchmal muss ich auch Frieden stiften. Jede Quest bietet einen eigenen Hintergrund sowie eine Herangehensweise. Bei manchen Quests darf ich fast ausschließlich kämpfen, manche laufen komplett friedlich ab. Eines haben aber (fast) alle gemeinsam: Es gibt für jede Quest zahllose Ausgänge. Und hier wird es erst richtig interessant. Ich gebe an dieser Stelle mal ein konkretes Beispiel, muss dafür allerdings spoilern. Warnung folgt:
SPOILER SPOILER SPOILER

In einer Quest soll ich im Auftrag des NCR nach verschwundenen Personen suchen. Ein Corporal der NCR verschwand, nachdem er merkwürdigen Wasserschwünden auf den Grund gehen wollte. Es stellt sich am Ende heraus, dass er von einem Mann getötet wurde, welcher der NCR das Wasser stiehlt und damit eine eigene Siedlung namens Westside und eine Fraktion namens „Followers of the Apocalypse“ versorgt. Entdeckt man ihn, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

-        Ich beschließe, ihn an die NCR auszuliefern. Er greift mich an und stirbt dadurch. Der Ruf mit seiner Fraktion sinkt dadurch, doch die NCR erhält ihr Wasser zurück und ich erhalte dafür zusätzliche Goodies.

-        Ich verschweige seinen Mord gegenüber der NCR. Dadurch steigt mein Ruf bei den Followern, und ich kriege als Dank für mein Verschweigen täglich Geld von diesen, doch die Farmer der NCR verlassen durch den Wassermangel das Gebiet.

-        Ich überzeuge ihn, sich der NCR auszuliefern, behalte das Geheimnis des geklauten Wassers aber für mich. Ich erhalte gutes Karma (dazu gleich mehr) und natürlich die Kohle, die Farmer verschwinden dennoch.

SPOILER ENDE

Laberlaberlaber. Wer kräftig in den Sprachskill investiert, kommt in vielen Quests schneller voran.

 

Man sieht also: Es gibt etliche Wege und das teilweise auch während der Quests. Einen erheblichen Einfluss hat hier mein Sprachskill oder das Special-Charismaattribut, denn hiermit bestehe ich Sprachherausforderungen oder erhalte zusätzliche Dialogoptionen gegenüber Personen. Das verschafft mir Informationen oder Gegenstände manchmal deutlich schneller. Natürlich kann ich mich auch wie das letzte A****loch verhalten und Leuten drohen oder sie gleich umnieten oder beklauen. Damit komme ich auch voran, das hat aber oft negative Auswirkungen auf den Ruf mit manchen Fraktionen oder mein Karma. Stichwort Karma: Auch in „Fallout: New Vegas“ erhalte ich durch moralisch gute Aktionen gutes Karma und schlechtes Karma für das Gegenteil. Die Auswirkungen sind hier aber deutlich geringer als in Fallout 3, das Rufsystem ist viel wichtiger.

Jede Quest hat also ihre Eigenheiten und natürlich auch wieder Konsequenzen. Wie ich mich in manchen Quests verhalte, hat teilweise einen sehr starken Einfluss auf andere Quests, teilweise werden sie mir sogar dadurch erst möglich oder verwehrt. Auch hier gilt also: Ich muss mit Bedacht entscheiden. Und auch hier gibt es meistens keinen perfekten Weg, irgendjemand profitiert, irgendjemand leidet.

Auch dies hat mir sehr, sehr gut gefallen. Nicht nur gibt es etliche Quests, jede wurde sehr gut durchdacht und bietet diverse Herangehensweisen. Das nenne ich mal prima Questdesign!

 

Das Wandern ist des Kuriers Lust

 

Was wäre ein Spiel wie „Fallout: New Vegas“ ohne den Erkundungswahn? Richtig, furchtbar langweilig! Und genau deshalb darf ich stundenlang durch die Glut der Mojavewüste ziehen, ständig auf der Suche nach interessanten Dingen.

Obsidian hat die Spielwelt geradezu vollgestopft. Mich erwarten diverse kleine Siedlungen, einsame, heruntergekommene Straßen, Salzpfannen, kleine Gebirge, im Osten der Hoover Dam und natürlich die Stadt New Vegas an sich. An manchen Stellen finden sich sogar Bäume oder Schnee… wohin man auch läuft, man wird belohnt. Denn sobald man einen neuen Ort entdeckt hat, kassiert man dafür nicht nur Erfahrungspunkte, in der Regel findet man hier auch interessante Charaktere, Quests oder auch einfach nützliche Gegenstände für die weitere Reise.

Wohin es mich auch verschlägt, überall erwarten mich Besonderheiten- aber auch Gefahren.

 

Sehr angenehm: Ich kann von Anfang an die gesamte Spielwelt erkunden und alles andere einfach links liegen lassen. Diese zusätzliche Freiheit macht das Entdecken noch viel spaßiger. Ständig bin ich auf der Suche nach etwas Neuem, ständig finde ich interessante neue Knotenpunkte oder Sehenswürdigkeiten im ehemaligen Nevada. Ich möchte Neues kennenlernen und werde dafür auch fleißig belohnt, dadurch sorgt das Spiel für eine extrem abenteuerliche Atmosphäre. Besser kann man in meinen Augen den Entdeckerdrang gar nicht herauskitzeln.

 

Mehrsam durch die Mojave

 

Natürlich kann ich für meine lange Reise auch auf Begleiter setzen. Überall in der Spielwelt verteilt gibt es Charaktere, die mir solange zur Seite stehen, bis ich die Lust auf sie verliere.

Obsidian hat an dieser Stelle deutlich mehr aus den Begleitern gemacht als noch Fallout 3. Zuerst fällt auf, dass mir jeder Begleiter nun einen Perk verleiht, sobald ich ihn rekrutiere. Mit dem Scharfschützen Boone werden beispielsweise Ziele farbig markiert, sobald ich anvisiere. Der Wissenschaftler Arcade lässt mich Medizin und Nahrung besser metabolisieren, wodurch sie mir mehr Gesundheit verleihen. Solche Fähigkeiten sind keine Gamechanger, aber dennoch sehr angenehm und hilfreich.

Mit so einem Begleiter kann man schon eine ganze Menge anstellen.

 

Über ein neues Interface kann ich besser mit meinen Begleitern kommunizieren. Ich kann ihren Kampfstil festlegen (dabei hat jeder Begleiter seine Vor- und Nachteile, manche sind Nah-, manche Fernkämpfer), sie zum Warten auffordern oder ihr Inventar öffnen. Damit kann ich sie nicht nur zu Kampfgehilfen, sondern auch zu Packeseln verdonnern.

Auch neu ist, dass jeder Begleiter nun seine eigene Quest mitbringt. Das verleiht jedem einzelnen Begleiter deutlich mehr Tiefe. Jeder besitzt eine Hintergrundgeschichte, jeder hat seine eigenen Motive und Abgründe. Das gibt mir das Gefühl, dass ich nicht nur mit irgendeinem austauschbaren Söldner unterwegs bin, sondern mit einem Individuum.

Unter Umständen kann ich sogar zwei Begleiter mitnehmen. Mehr Feuerkraft ist immer gut, wie bei dieser Todeskralle. Ja, auch in diesem Spiel sind sie Drecksviecher.

 

Besonders wichtig ist aber eins: Meine Begleiter sind nicht immer an meiner Seite. Boone beispielsweise ist glühender Anhänger der NCR und verachtet die Legion. Wenn ich mich mit dieser gutstelle, wird ihm das sehr, sehr sauer aufstoßen. Und bei vielen anderen Begleitern ist das ähnlich. Wenn ich es mir mit ihnen verscherze, verlassen sie mich oder greifen mich im schlimmsten Fall sogar an, ich muss meine Kumpane also mit Bedacht auswählen. Das ist von Obsidian clever angegangen worden!

Eine Sache stieß mir aber etwas sauer auf: Mit Begleitern werden manche Kämpfe zu einfach. Da ich sie recht einfach als Schutzschilde und Ablenkung missbrauchen kann und sie im Normalfall nicht einfach sterben können (sie werden nur bewusstlos und stehen nach kurzer Zeit wieder auf), verkommen sie sehr schnell zu billigem und unsterblichen Kanonenfutter. An der Stelle hätte Obsidian nachbessern müssen.

 

Basteln oder nicht basteln

 

Ich habe jetzt ein paar Male von Items geredet. Ja, so ein Kurier benötigt durchaus auch einige Ausrüstung auf seinem langen Weg.

In der gesamten Spielwelt verteilen sich diverse Behälter. Das sind Kisten, Schubladen, Schränke oder auch Leichen. Und überall können sich wertvolle Gegenstände befinden. Man kann diese recht einfach in Waffen, Kleidung, Hilfe und „Gemischtes“ unterteilen. Der Sinn von Waffen sollte klar sein; Kleidung jedoch ist da schon etwas nuancierter. Rüstungen helfen mir hauptsächlich im Kampf, weisen dicke Panzerung auf und wiegen eine Menge, „normale“ Kleidung soll mir hauptsächlich außerhalb des Kampfes behilflich sein. Dies ist möglich, indem Kleidung sehr oft bestimmte Eigenschaften meines Charakters verbessert, wie Specialattribute oder Skills. Eine Stealthrüstung erhöht beispielsweise meinen Schleichskill, manche Vorkriegsoutfits meine Sprache. Es lohnt sich also, immer passende Kleidung parat zu haben.

Hilfe soll meinen Charakter wieder auf die Beine bringen, wo es nur geht. Stimpaks (das sollen Erste-Hilfe-Spritzen sein) und Essen allgemein erhöhen meine Gesundheit, gegen Strahlung (ja, verstrahlte Areale sind gefährlich!) helfen Radaway und Rad-X. Indirekt hilft hier auch mein Endurance-Specialattribut weiter, da es meine Gesundheit und Resistenz gegen Umweltgifte erhöht.

Sammeln, verticken, Besseres kaufen, nochmal von vorn. Ein ewiger Kreislauf.

 

Natürlich kann ich mich auch wieder mit zahllosen Drogen vollpumpen, die mir für kurze Zeit massive Boni verleihen, allerdings das Risiko einer Abhängigkeit mit sich führen. Und in „Fallout: New Vegas“ gibts eine ganze Menge neuer Drogen… zuletzt gibt es Skillbücher, die nach dem Lesen jeweils einen meiner Skills dauerhaft erhöhen. Neu sind nun auch Skillmagazine, welche bestimmte Skills für kurze Zeit stark erhöhen. Wie effektiv Hilfegegenstände sind, entscheiden mein Medizin- und Survivalskill.

„Gemischtes“ enthält allerlei Krimskrams, hauptsächlich Müll, der weiterverwendet werden kann. Ich muss insgesamt aber sehr gut aufpassen, dass ich nicht allzu viel Kram herumschleppe. Mein Inventar ist begrenzt; mein Stärke-Specialattribut bestimmt, wie viel Zeug ich aufnehmen kann. Wenn es zu viel ist, kann ich nicht mehr schnell laufen und auch nicht mehr schnellreisen. In der Regel hat man es hier mit einem Begleiter im wahrsten Sinne des Wortes leichter, da dieser einen Teil des Inventars aufnehmen kann. Bei diversen Händlern kann ich mein Zeug anschließend verticken oder selbst etwas erwerben. Ein hoher „Feilschen“-Skill hat hier so einige Vorteile.

Es gibt also haufenweise Zeug zu entdecken. Und es gibt fast immer etwas, das noch besser ist als das Zeug, welches ich gerade mit mir trage. Das führt zu einer Suchtspirale, denn ständig bin ich auf der Jagd nach neuen und besseren Items. Eine perfekte Kombination mit dem Entdeckerdrang!

Apropos Kombinieren: Ganz genau, in „Fallout: New Vegas“ wurden Craftingelemente eingeführt. An Lagerfeuern oder Werkbanken kann ich nun allerlei Schrott aus dem Ödland sammeln und weiterverwenden, den entsprechenden Survivalskill vorausgesetzt. An sich ist das Konzept ganz interessant, weil man viele hilfreiche Gegenstände daraus kreieren kann; in der Praxis erweist es sich jedoch als weitestgehend nutzlos. Es ist ja schon cool, wenn ich meine Stimpaks nun selbst am Lagerfeuer brauen kann, doch wenn ich diese zuhauf in der ganzen Mojave verteilt finde, brauche ich keine weiteren zu craften. Die einzigne Gegenstände, die ich hier regelmäßig entwickelte, waren Waffenreparaturkits und manchmal habe ich Munition recycelt, mehr wars aber auch nicht. Das ist ziemlich schade, denn so wirkt das System nur wie eine ziemlich nette Dreingabe.

 Sogar Munition kann ich basteln. In der Regel finde ich diese jedoch so häufig, dass das nicht nötig ist.

 

Blut und Uran

 

Natürlich kommt es auch in „Fallout: New Vegas“ oft genug vor, dass ich mich verteidigen muss… oder angreife.

Die Mojave ist saugefährlich und jeder will mir an den Pelz. Das fängt bei Menschen aller möglichen Fraktionen an und geht über Fallout-Zombie-Äquivalente (Ghule, aber nicht die friedfertigen, das sind noch Menschen!) bis hin zu entsetzlichen Mutanten weiter, auch Roboter sind dabei. Manche dieser Feinde lassen sich recht schnell ausschalten, manche sind schon etwas gefährlicher und manchen sollte man wirklich nicht begegnen.

Zum Glück gibt es zahllose Waffen, mit denen ich mich wehren kann. Grob gesehen gibt es Schuss-, Energie- und Nahkampfwaffen, zu jeder Kategorie gibt es diverse Exemplare. Pistolen, Karabiner, Sturmgewehre, Miniguns, Raketenwerfer, Plasmawaffen, Messer, Prügel, Granaten, Kampfhandschuhe oder einfach meine Fäuste, es gibt zahllose Möglichkeiten, meinen Gegnern eins auf die Mütze zu geben, auch der Fatman (der Mininuklearbombenwerfer) ist wieder dabei.

An dieser Stelle entscheidet auch mein Spielstil über mein Vorgehen. Entweder schleiche ich und lege Feinde mit schallgedämpften Waffen oder einem Messerschwung um oder ich marschiere in schwerer Panzerung rein und kloppe ihnen direkt aufs Gesicht. Oder ich schalte sie einfach aus sehr großer Entfernung aus. Für jede Herangehensweise existiert die passende Ausrüstung, ich muss diese nur finden oder kaufen. Nicht zu vergessen, dass auch in diesem Spiel regelmäßige Wartung notwendig ist, denn nach Gebrauch verschleißen sowohl Waffen als auch Panzerungen.

Natürlich kann ich auch wieder auf das legendäre „V.A.T.S“-System zurückgreifen. Die Zeit hält an, ich visiere Körperteile eines Gegners an und führe konzentrierte Schüsse auf diese aus. Somit verkrüppele ich Gegner (wodurch sie in ihren Bewegungen oder dem Anvisieren eingeschränkt werden) und setze in kurzer Zeit viel Schaden durch. Allerdings kann ich diesen Modus nur begrenzt nutzen; meine Aktionspunkte entscheiden, wie viele Angriffe noch möglich sind (diese werden auch durch mein Agility-Specialattribut bestimmt). Und es ist nicht zu vergessen, dass auch meine Gliedmaßen verkrüppelt werden können…

Aussuchen, abdrücken, Schmerzen zufügen. Der Gecko kriegt gleich ordentlich was auf die Birne.

 

Abseits dessen gibt es noch einige Spielereien. Kritische Treffer setzen deutlich erhöhen Schaden durch (das Glück-Specialattribut entscheidet über die Wahrscheinlichkeit dieser Treffer), Drogen geben mir mehr Schaden oder regenerieren AP. Neu ist, dass ich sehr viele Waffen nun mit Aufsätzen versehen kann. Ein Zielfernrohr? Größere Magazine? Weniger Rückstoß? Alles ist möglich und somit kann jede Waffe ordentlich aufgemöbelt werden, ohne gleichzeitig unfair stark zu werden. Eine coole Möglichkeit, schade ist nur, dass ich diese Aufsätze nicht finden, sondern nur kaufen kann. Und sie kosten sehr viel Geld.

An sich wurden hier einige nette Dinge hinzugefügt, es gibt haufenweise neue Waffen und Rüstungen, mit vielen Waffen kann ich nun direkt durchs Visier blicken, es gibt neue spezielle Nahkampfangriffe, die ich erlernen kann, es gibt für jede Waffe nun sogar verschiedene Munitionstypen mit verschiedenen Eigenschaften und auch die Waffenaufsätze sind cool. Doch leider hat Obsidian die wirklichen Probleme an dieser Stelle nicht gelöst. Einerseits sind Gegner immer noch so dumm wie Wüstensand, freundlich ausgedrückt. Dass einfache Mutanten auf mich zustürmen, ist das Eine, doch die Menschen und Roboter scheinen nichts von Deckung gehört zu haben, stellen sich munter in mein Schussfeld und reagieren teilweise nicht einmal auf Angriffe. Dass sie sich manchmal Stimpaks verabreichen oder in Panik davonrennen, macht das Ganze leider auch nicht wirklich besser, maximal durch ihre Waffen und hohen Rüstungswerte sind sie eine Bedrohung.

Knarren wie dieser Laser RCW sollten den richtigen Wumms besitzen, doch oft fehlt das richtige Waffengefühl.

 

Und dann wäre da noch das Kämpfen an sich, denn dies fühlt sich immer noch genau so furchtbar und zäh an wie in Fallout 3. Es gibt keine Deckungsmechanik, das Waffenfeedback ist extrem merkwürdig (zittern die Dinger in meinen Händen einfach oder soll das Ragdoll sein?), allgemein fühlt sich das Kämpfen sehr undynamisch an. Ja, der Hauptfokus mag in diesem Spiel nicht auf satter Action liegen, ich kämpfe dennoch recht häufig. Zu häufig, um das verschmerzen zu können und daher gebe ich an dieser Stelle eine Abwertung.

Es sei noch erwähnenswert, dass mit „Fallout: New Vegas“ ein Hardcoremodus eingeführt wurde, in dem ich essen, schlafen und trinken muss, außerdem können Begleiter hier sterbe. Zu diesem Modus kann ich nichts sagen, da ich ihn nicht getestet habe.

 

If you like to gamble, i’ll tell you i’m your man

 

Was Fallout 3 für mich so besonders machte, war die Atmosphäre. Ein Endzeitfeeling, wie man es so kaum kannte. „Fallout: New Vegas“ setzt hier etwas anders an, ist diesbezüglich aber kein bisschen schlechter. Man kann dieses Spiel als eine ziemlich interessante Kreuzung aus Wildwest, 50er-Jahre-Aufbruch, Dekadenz der Metropole und staubiger Endzeit sehen. Es bietet unfassbar viele Eindrücke.

Wenn ich durch die Mojave stapfe und wieder einen geheimnisvollen neuen Ort entdecke, wenn ich eine neue und coole einzigartige Waffe entdecke, haufenweise Kronkorken (ja, auch in diesem Spiel zahlt man damit, allerdings gibt es nun noch weitere Währungen) für eine abgeschlossene Quest erhalte, Skillpunkte nach einem Levelaufstieg verteile, NPCs beim Kartenspielen abzocke, im Bordell so richtig die Sau rauslasse, Dialoge mit super vertonten NPCs führe oder einfach nur nachts den fröhlich leuchtenden Strip begutachte… das sind Erfahrungen, wie man sie in kaum einem anderen Spiel machen kann. Ich entdecke, kämpfe, lache, werde stärker.

Ganz besonders hervorheben möchte ich hier auch die Radiomusik. Na klar, auch in „Fallout: New Vegas“ gibt es wieder Radiosender, zwischen denen ich wählen kann. Und auch hier darf ich mich wieder fleißig von 50er-Mucke berieseln lassen. Doch im Gegensatz zu Fallout 3 dominieren hier keine sentimentalen Klänge, sondern bluesige und rockige Nummern. Selbst Frank Sinatra und Dean Martin lassen hier ihre Stimmen erklingen. Auch ein paar Instrumentals und sanfte Nummern können sich wirklich hören lassen. Es rockt einfach im wahrsten Sinne des Wortes, zu diesen groovigen Klängen New Vegas heimzusuchen.

New Vegas, Stadt der Sünde.

 

Doch abseits der Mucke und der Geschehnisse bietet die Mojave vor allem auch eins: Fülle. Nicht nur, dass es massenweise Orte zum Entdecken gibt, auch die vielen kleinen Geschichten sind es, die sehr viel Lebendigkeit in die Wüste bringen (wow, fast schon ein Oxymoron!). Diverse NPCs haben ihre kleinen Anekdoten erzählen, ich muss dafür nicht einmal Quests durchspielen. Überall gibt es kleine Schicksale, die sich mir präsentieren, viele Seelen öffnen sich mir gegenüber. Die Welt wirkt damit wie aus einem Guss und voller Liebe zum Detail.

Ja, dieses Spiel ist ein Erlebnis. Mit seiner Mischung bietet es eben genau das, was man von einem Fallout erwartet, wenn auch mit etwas weniger Endzeit und dafür mehr Metropole. Das hat mir unfassbar gut gefallen und wird auch mehr als positiv bewertet. Doch getrübt wurde es etwas…

 

Endzeit für die Engine

 

Und damit sind wir beim wahrscheinlich größten Sorgenkind des ganzen Spiels angekommen: Der Technik.

Getestet wurde das Spiel auf zwei Systemen:

Kartoffel (i5-2410M, 6 GB DDR3-RAM, GT 540 M mit 2 GB DDR3-VRAM)

sowie

Teilchenbeschleuniger (i7-6700k ohne Übertaktung, 16 GB DDR4-2133-RAM, KFA2 GTX 1070)

Zuerst ein paar Wörter zur Grafik. Das Spiel wird von einer modifizierten Version der von GameBase USA entwickelten Gamebryo-Engine betrieben. Eine Engine, welche bereits in Morrowind genutzt wurde, welches zu diesem Zeitpunkt schon acht Jahre alt war. Demzufolge war die Engine zum Zeitpunkt, als „Fallout: New Vegas“ erschien, bereits hoffnungslos veraltet.

Der Grafikstil wurde exakt von Fallout 3 übernommen, lediglich die Sichtweite wurde etwas erhöht. Charakter- und Waffenmodelle sowie Partikeleffekte und Texturen sehen also noch genauso aus wie in Fallout 3 – nämlich mies. Die Texturen sind verwaschen, die Partikeleffekte sehr spärlich und allgemein sind die Physik-„Effekte“ sehr bescheiden. Fette Explosionen mit rumfliegenden Trümmerteilen gibt es nicht, die Objekte sind extrem statisch. Und auch die Performance ist insgesamt mittelmäßig, meine Kartoffel wurde nicht voll ausgelastet, dennoch hatte ich nur ca. 25 fps. Und selbst bei meinem Teilchenbeschleuniger traten in Kampfszenen häufiger ziemlich heftige FPS-Einbrüche auf. Aber gut, die Hardware ist auch etwas neuer als das Spiel und daher auch nicht optimal dafür geeignet.

Ja, sogar Wald gibts hier! Das frischt die ansonsten eher öde Optik gehörig auf.

 

Mit der schlechten Grafik kann ich leben, die miserable Animationsqualität nervte dafür umso mehr. Die Bewegungen der Charaktere sind extrem klobig, von der Mimik gar nicht erst zu sprechen. Das nimmt vielen Gesprächen und Skriptszenen die Ernsthaftigkeit, da die NPCs wie Marionetten wirken. Auch wirkt die Umwelt durch die sehr statischen Objekte extrem starr.

Die Steuerung fühlt sich recht schwammig an, oft genug hatte ich das Gefühl, als würde das Spiel verzögert auf meine Eingaben reagieren. Die Menüs sind extrem konsolenorientiert, sodass das Wühlen durchs Inventar oder die Questliste teilweise zur Qual verkam.

Die Mojave. Endlose Weiten. Endlos viel Wüste.

 

Am schlimmsten sind jedoch (oh Wunder!) die Bugs, von denen ich zahllose hatte. Es gab schon gleich am Anfang Probleme, weil das Spiel nicht mit meiner Grafikkarte klarkam. Danach ging es weiter. NPCs verschwanden, ständige Grafik- und teilweise auch Soundglitches, Abstürze noch und nöcher, manchmal wurden Werte meines Charakters einfach zurückgesetzt ohne einen Einfluss meinerseits, manchmal konnte ich Spielstände einfach gar nicht laden, das Spiel reagierte dann einfach nicht mehr. Und teilweise waren manche Quests so verbuggt, dass ich gezwungen war, per Konsole nachzuhelfen. Das geht gar nicht, vor allem, wenn man bedenkt, wie viele Updates für das Spiel entwickelt wurden.

Man sieht also: Die Grafik ist höchstens mittelmäßig, Animationen und Menüführung furchtbar und die vielen Bugs nerven mitunter immer wieder. Daher werde ich dem Spiel an dieser Stelle eine Abwertung geben müssen. Ein großer Lichtblick ist hier allerdings die hohe Modfreundlichkeit der Engine. Wie schon in Fallout 3 kann ich auch hier diverse Mods installieren, welche das Spiel in praktisch allen erdenklichen Bereichen manipulieren und umgestalten (und sehr häufig auch verbessern). Teilweise sind die Mods so umfangreich, dass das ganze Spiel damit umgekrempelt wird. Dass die Engine so starke Modifikationen erlaubt, ist definitiv ein Pluspunkt.

 

Fazit

 

Knapp 110 Stunden habe ich nun mit diesem Spiel verbracht, circa 74 davon entfallen auf das Hauptspiel. Es wären noch etwas mehr Stunden geworden, wenn ich noch einige weitere Bereiche erkundet hätte. Doch so oder so: Jede einzelne Stunde hat sich gelohnt.

„Fallout: New Vegas“ ist ein Erlebnis ohnegleichen. Müsste ich es jedoch mit einem einzigen Wort beschreiben, wäre es „Erwachsen“. Warum? Weil es mir unglaublich viele Freiheiten gibt. Ich kann tun und lassen, was ich will. Doch alles, was ich tue, trägt Konsequenzen, es wird irgendwann auf mich zurückfallen. Jedes noch so unwichtig wirkende Ereignis kann Folgen haben. Das habe ich in keinem anderen Spiel in so krasser Form erleben können.

Und abseits dessen bietet es so viel mehr. Klar, es mag von der Grafik und Steuerung her genau wie Fallout 3 sein (was schon praktisch ein Negativpunkt ist), doch bietet es unfassbar viele Neuerungen, von denen fast alle einen Sinn haben und gut integriert wurden. Die Rollenspielaspekte machen noch mehr Spaß als im dritten Teil. Die Open World ist noch größer, bietet noch mehr, treibt den Entdeckerdrang noch krasser an. Ich werde in einen riesigen Sandkasten geworfen und darf entdecken und machen, was ich will. Nicht zu vergessen: Die grandiose Atmosphäre. Denn mal ehrlich, jeder von uns hat doch schon mal davon geträumt, nachts mit geiler Musik in den Ohren über einen staubigen Wüstenhighway zu latschen.

Dennoch: Das Spiel hat seine Probleme. Die Story ist gut, aber lahm erzählt. Das Kämpfen macht keinen Spaß. Und die Bugs sowie die schlecht gestalteten Menüs versauten mir immer wieder die Laune. Das darf bei einem Spiel, welches so viele Updates erhielt, einfach nicht sein.

Mit einer Endwertung von 86 Punkten kann ich dieses Spiel trotzdem jedem empfehlen, der eine genial gestaltete Open World sehen will. Oder jemandem, der einfach viele Handlungsstränge und Entscheidungsmöglichkeiten erhalten möchte. Oder einfach jemandem, der den (virtuellen) Abenteuertrip seines Lebens erleben will. Und selbst wenn man das Spiel nach Ewigkeiten durchgespielt hat, kann man es mit einer Mod noch einmal probieren. Immer erwartet mich etwas. Oder, wie es die Worte des charismatischen Radiosprechers Mr. New Vegas sagen: „Boy, the Mojave Wasteland is just a fascinating place, isn’t it? You never know what’ll happen next.“

 

Update (21.06.2018): Mittlerweile ist auch der Test zu den DLCs erschienen. Ihr findet ihn hier.

 


Wertung
Pro und Kontra
  • Gute Story auf dem Papier...
  • Lange Spielzeit
  • Coole Begleiterfunktionen...
  • Riesige, komplett offene Spielwelt mit diversen Sehenswürdigkeiten
  • Viel zu entdecken
  • Viele Quests mit sehr vielen Entscheidungsmöglichkeiten
  • Zahllose Spielstile möglich und jeder hat seine Vor- und Nachteile
  • Entscheidungen haben einen hohen Einfluss auf den Spielverlauf
  • Frationssystem
  • Sehr gut durchdachte und weitgreifende Rollenspielaspekte
  • Toller Soundtrack, insbesondere die Radiomusik
  • Diverse Neuerungen und Verbesserungen gegenüber Fallout 3
  • Etliche Items, die genutzt werden können
  • Tolles und spannendes Setting
  • Hervorragende Atmosphäre aus Endzeit, Wildwest und Metropole
  • ...die in der Praxis aber zu lahm erzählt wird
  • Bugs noch und nöcher
  • ...allerdings ist es mit Begleitern oft zu leicht
  • Schlechte Interfacegestaltung
  • Schwammige Steuerung
  • Crafting ist praktisch überflüssig
  • Kämpfen fühlt sich viel zu zäh und hakelig an

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Oft, regelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 100 Stunden



Kommentare(4)
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