Die Zukunft der Story

Mass Effect. Eine riesige Story, Charaktere, viel Gefühl und Unmengen an Entscheidungen kombiniert mit einer Menge Futurismus und Action. 6 Jahre alt ist...

von Bakefish am: 26.11.2013

Mass Effect. Eine riesige Story, Charaktere, viel Gefühl und Unmengen an Entscheidungen kombiniert mit einer Menge Futurismus und Action. 6 Jahre alt ist der erste Teil schon, doch vom Setting her lässt er auch heutige Rollenspiele der Konkurrenz alt aussehen. Mit Mass Effect, vom Anfang an als Trilogie konzipiert, sollte ein Epos beginnen. Doch auch ein Epos ist nicht perfekt. Wie genau, kommt nun in der Rezension.

 

Alles endet auf „aner“

 

Die Story beginnt lange, bevor wir in die Rolle des Commander Shepard schlüpfen. Im Jahre 2148 hat die Menschheit auf dem Mars eindeutigen Beweisen für außerirdisches Leben auch die Technologie des „Masseneffekts“ entdeckt, welcher es Raumschiffen möglich macht, mithilfe eines massefreien Korridors unglaubliche Geschwindigkeiten von mehreren Lichtjahren pro Sekunde zu erreichen. Es sollte nicht lange dauern, bis die Menschen noch viele andere Arten von Außerirdischen entdecken sollten- die amphibischen Salarianer, welche mal locker gefühlte zwanzig Wörter pro Sekunde rauslassen, die kriegerischen Kroganer mit tiefer Stimme und ausgeprägten Aggressionen,  die Asari, eine nur aus Frauen bestehende Spezies, und die Turianer als „Wächter“ der Galaxis mit der größten Flotte von allen- all diese sind nur einige davon. Dummerweise sollte es auch nicht lange dauern, bis die Menschen aufgrund ihrer recht aggressiven Expansionspolitik mit letztgenannter Spezies in Konflikt gerieten- genannt „Erstkontaktkrieg“, welcher zum Glück bald durch den galaktischen Rat beendet werden konnte.

Das Spiel selbst startet im Jahre 2183- die Menschen als Neulinge genießen keinen besonders guten Ruf in den Weiten der Milchstraße und versuchen, sich mithilfe ihrer eigenen militärischen Organisation, Allianz genannt, durchzuschlagen und unter den anderen Völkern zurechtzufinden. Was allerdings immer wieder Probleme macht.

Die allererste Mission beginnt damit, dass eine der Kolonien der Menschen, „Eden Prime“ genannt, von den synthetischen Geth angegriffen wird. Wir als Commander Shepard müssen mit unserem anfangs noch recht spärlichen Team ranklotzen- und kommen bald einer Bedrohung auf die Schliche, die das Schicksal der gesamten Galaxis ausmachen könnte…

 

Soviel zur Hintergrundstory. Während des gesamten Spiels steht sie im Hintergrund, vieles davon können wir uns aus unserem Logbuch herauslesen- aber noch viel mehr erleben wir selbst. Etliche Dialogsequenzen oder solche, die einfach nur die Story vorantreiben, sind sowohl von der Kameraperspektive als auch von Reaktionen der Charaktere her wie ein Film inszeniert- der Begriff „Filmspiel“ trifft es wohl am besten.

Hinzu kommt, dass uns viele der Charaktere, welchen wir im Laufe des Spiels begegnen, richtig ans Herz wachsen. Da unsere Kampftruppe aus so gut wie allen intelligenteren Lebensformen besteht, hat jeder von ihnen seine eigenen Vorgeschichten und Macken, welche wir mit einem Schmunzeln oder einfach nur interessiertem Zuhören genießen können. Da die Emotionen der Figuren auch recht gut animiert sind, wirkt das Ganze keineswegs aufgesetzt, sondern wie ein echter Film. Ein Film, den wir verändern dürfen.

Damit bin ich bei meinem nächsten Punkt- den Entscheidungen. Wenn wir uns mit Personen unterhalten oder Entscheidungen treffen müssen, steht immer ein Dialograd bereit. Antwortmöglichkeiten auf der linken Seite des Rads geben uns meistens Hintergrundinformationen zu bestimmten Gegebenheiten, die auf der rechten Seite bringen uns im Gespräch selbst weiter. Dabei können wir zwischen zwei Charismatypen auswählen- Vorbild und Abtrünniger. Vorbild heißt, dass wir uns gesittet, überlegt und rücksichtsvoll verhalten, abtrünnig bedeutet ohne Rücksicht auf Verluste, eiskalt und auf die Mission fixiert. Ein Beispiel: Wir stellen eine Person, welche unmoralische Experimente an Menschen vollzogen hat. Entweder nehmen wir sie fest (Vorbild) oder wir erschießen sie (Abtrünniger). Alternativ: Wir kommen mit einer Person in Kontakt, welche unter Hypnose stand und böse Dinge vollführte (ich will jetzt nicht genauer werden). Entweder lassen wir sie ziehen (Vorbild) oder richten sie hin (Abtrünniger).

Das Spiel bestraft uns nicht, wenn wir letztere Seite wählen, gibt aber auch keinen Bonus, wenn wir uns vorbildlich verhalten. Eines von beiden wird empfohlen, da einige Möglichkeiten, mit welchen wir andere Charaktere beeinflussen, erst dann möglich sind, wenn wir einen gewissen Grad dieses Karmatypen erreicht haben.

Alles in allem gesagt strotzt das Spiel vor Story, Spieler, die nur ballern wollen, sind hier fehl am Platze, da einige Gespräche mal gut zehn Minuten dauern können und die Entscheidungen, die wir treffen, sich auch auf den weiteren Spielverlauf auswirken.

 

Wen jetzt? Was jetzt?

 

An Action kommt das Spiel jedoch nicht zu kurz. Ganz am Anfang des Spiels dürfen wir den Vornamen unseres Charakters wählen sowie das Aussehen selbst bestimmen (wenn wir wollen). Als nächstes können wir eine von sechs Klassen auswählen, welche ihren ganz eigenen Spielstil haben. Dabei gibt es drei Arten des Kampfes- der Kampf selbst (also hauptsächlich Schusswaffen), die Biotik und de Tech. Die Klasse des Soldaten konzentriert sich voll und ganz auf Kampf, was bedeutet, dass mehr Schusswaffen zur Verfügung stehen und mäht damit Feinde im Kugelhagel nieder, der Experte konzentriert sich voll und ganz auf Biotik, wodurch er Feinde hilflos durch die Luft fliegen lassen kann oder er wirft sie mir kräftigen Stößen gegen Wände, was einen beträchtlichen Schaden verursacht. Der Techniker hackt synthetische Gegner, knackt Schilde, manipuliert Waffen und noch mehr. Die anderen drei Klassen sind jeweils Gemische aus den drei Kampftypen.

Haben wir uns für einen der Charaktere entschieden, können wir dies nicht mehr rückgängig machen. Doch jeder Charakter hat seine Vor- und Nachteile. Beispielsweise kann der Experte nur eine Art von Schusswaffe, nämlich Pistolen, richtig benutzen, die anderen sind dann viel zu ungenau und ineffizient. Der Soldat kann zwar sämtliche Arten von Schusswaffen benutzen (Pistolen, Sturmgewehre, Schrotflinten, Scharfschützengewehre), kann mit Biotik oder gar Tech aber nichts anfangen. Hinzu kommt, dass auch unsere vielfältigen Gegner in den drei Grundkampftypen nicht unausgebildet sind und daher einer „besonderen Behandlung“ unterzogen werden müssen. Daher dürfen wir für jeden Kampf noch zwei weitere Mitglieder unserer Gruppe mitnehmen, welche ebenfalls ihre eigenen Fähigkeiten haben und das Trio so vervollständigen. Auf welche Art wir Gegner zur Strecke bringen, ist uns überlassen.

Eins jedoch kreide ich den Klassen an: Der Soldat ist viel zu mächtig. Ich weiß nicht, ob es anderen auch so ging, doch ich spielte das Spiel einmal als Soldat, einmal als Infiltrator und einmal als Experte. Mit dem Soldaten hatte ich es deutlich leichter als mit den anderen Klassen. Ob es anderen Spielern auch so geht, weiß ich nicht, doch Schusswaffen sind in Mass Effect recht stark, vor allem Sturmgewehre.

 

Unsere Fähigkeiten, Kräfte genannt, bedürfen alle einer gewissen Abklingzeit, in welcher wir sie nicht benutzen können. Ein cleveres Management ist daher vonnöten. Von Vorteil ist dabei, dass wir das Spiel zu jedem Zeitpunkt komplett pausieren dürfen, d. h. die Welt steht still, wir können unsere gegenwärtige Position und die Stellung der Gegner genauer begutachten und Angriffe in dieser Zeit festsetzen. Dieses System ist sehr hilfreich, da es immer wieder recht schwierige Bossgegner gibt.

Im Spiel gibt es auch ein Deckungssystem. Stellen wir uns an eine bestimmte Stelle im Schlachtfeld, schmiegt sich Shepard an diese heran und wir sind vor Schaden gefeit. Manchmal jedoch bereitet das Deckungssystem Schwierigkeiten, da einige Stellen in den Leveln recht unsauber programmiert wirken. Das heißt, dass Shepard manchmal nicht da in Deckung geht, wo er soll, beziehungsweise umgekehrt.

 

Freunde des Levelns fühlen sich in diesem Spiel richtig wohl- insgesamt dürfen wir 60 Level hochklettern, mit jedem bekommen wir eine gewisse Anzahl an Punkten, welche wir auf unsere Fertigkeiten vergeben können. So können wir die Wucht, mit welcher der Experte Gegner umwirft, erhöhen, Schaden an Waffen und unsere Hackfähigkeiten an verschlossenen Behältern verbessern oder einfach nur neue Dialogoptionen möglich machen, indem wir das Karma verbessern. Die nötigen Erfahrungspunkte erhalten wir durch Abschließen von Missionen, durch das Töten von Gegner oder neuen Codexeinträgen. Die Abstände zwischen Leveln sind auch nicht zu lang.

 

Im Gegensatz zu den Nachfolgern hat Mass Effect auch einen gewissen Sammeltrieb vorliegen- im Laufe des Spiels sammeln wir immer mehr Waffen (welche sich auch zunehmend bessern), neue Rüstungen (leicht, mittel und schwer, ebenfalls klassenspezifisch) und Munitionstypen sowie Rüstungs- und Techupgrades. Damit können wir uns selbst und unsere Teammitglieder ausstatten und ihre Effektivität erhöhen. Das Inventar ist jedoch nur begrenzt und wird schnell voll- also gut aufpassen mit der Kapazität!

 

Alles in allem läuft das Spiel vom System her recht flüssig, doch einige Einübungszeit ist nötig. Auch die Steuerung des Spiels nervt manchmal, hauptsächlich aufs Deckungssystem bezogen.

 

Die Weiten der Welten

 

Im ersten Teil der Trilogie steht uns noch ein Fahrzeug zur Verfügung, mit welchem wir größere Strecken schneller hinter uns bringen. Der Karosse stehen noch eine Kanone und ein Maschinengewehr sowie Düsenantriebe zur Verfügung, mit welchen wir uns aus einigen Gruben herausbringen können, falls wir feststecken (was oft genug passiert, denn die Steuerung der Karosse lässt manchmal zu wünschen übrig). Sowohl in Haupt- als auch Nebenmissionen ist dieser Panzer sehr praktisch. Allerdings hält die Möhre nicht besonders viel aus, daher sollte man bei Kämpfen auf Distanz gehen. Zum Glück gibt es auch die Möglichkeit, sie zu reparieren, allerdings können wir dann nicht mehr steuern, also sollte man dies nur dann tun, wenn keine Feinde mehr anwesend sind.

Doch auch das Fahrzeug kann über eines hinwegtäuschen: An sich sind die Außenareale recht öde geraten. Mal treiben wir uns auf Eisplaneten herum, mal auf bewohnten Planeten, mal auf öden Gesteinswelten ohne Atmosphäre, mal in der Nähe von roten Riesen. Doch wirklich sehenswerte Dinge gibt es dort nicht, die Landschaften wirken größtenteils wie bemalte Landschaften. Die (haufenweise vorhandenen) Nebenmissionen haben meistens nur ein Ziel: Töte diese Person, schalte das Gethnest aus, geh der merkwürdigen Sache auf den Grund. Da die Basen, die wir dann stürmen, auch fast alle gleich aussehen (es gibt insgesamt nur drei Typen von Basen), werden diese Missionen recht schnell langweilig. Glücklicherweise sind die Hauptmission dafür umso besser gestaltet und auch vom Levelaufbau her wesentlich komplexer und verschiedener.

 

Dunkle Bedrohung

 

Atmosphärisch gesehen ist das Spiel der Hammer- für so gut wie sämtliche Ereignissen, Eigenschaften bestimmter Aliens und physikalischer Phänomene wie dem Masseneffekt gibt es Erklärungen, die wir im Codex nachlesen dürfen. Auch ist unser persönliches Raumschiff jederzeit frei begehbar und wir können mit allen Crewmitgliedern reden. Dabei wird jede Menge Emotion erzeugt.

Auch wirkt die Technik der Zukunft eindrucksvoll. Wenn wir beispielsweise in einer genial inszenierten Szene auf die riesige Raumstation der Citadel zusteuern, muss man schon mal beeindruckt mit dem Kopf wackeln. Gespräche zwischen Personen, eine kleine Prise Humor, Futurismus und trotzdem die Erkenntnis, dass sich böse Dinge in der Galaxis anbahnen, verfeinern das Ganze noch hervorragend. Ein kleines Etwas an Endzeit ist so noch mit dabei. Der Begriff „Zukunft“ bekommt dabei eine ganz besondere Rolle.

 

Immerhin kann er grinsen.

 

So frisch das Spiel in der Story wirkt, so veraltet ist die Technik mittlerweile. Na gut, so schlimm ist es auch nicht, doch die Unreal Engine 3 sorgt für recht verwaschene Texturen, Bäume, die sich nicht bewegen sowie recht aufgesetzt wirkende Effekte. Dafür sind die Charaktere und ihre Bewegungen sehr gut animiert, und hey, das Spiel ist immerhin 6 Jahre alt, da kann man schon mal über die nicht gerade opulente Grafik hinwegsehen.

 

Fazit

 

Mass Effect macht einige Dinge besser als so manches heutiges Rollenspiel- das betrifft auch seine Nachfolger. Eine gigantische Story, Biotik und Tech, ewig dauernde Gespräche und natürlich das Leveln machen das Spiel vor allem Rollenspielfans schmackhaft. Doch leider sind die Nebenmissionen recht mau, das Deckungssystem und die Steuerung des Autos etwas unsauber und die Klassen nicht gerade gut balanciert, daher erreicht das Spiel „nur“ die 85 Punkte. Eine Kaufempfehlung gebe ich trotzdem gerne, zumal das Spiel vor allem heute sehr billig zu erwerben ist und die Vorteile die Nachteile locker wettmachen.


Wertung
Pro und Kontra
  • Story und Action gut kombiniert
  • Karmasystem
  • viele Entscheidungen
  • Wunderbare Filmszenen
  • viele Schauplätze
  • Biotik und Tech
  • viele Upgrades für den Spieler und das Team
  • Klassen nicht gut balanciert
  • Steuerung ist gewöhnungsbedürftig und bedarf Einübung

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



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