Irre mit Blei an den Füßen

Als Brückenschlag zum Revival des Adventuregenres bot sich Edna bricht aus wunderbar an, um als Vergleich für die altehrwürdigen Klassiker...

von TheVG am: 05.08.2013

Als Brückenschlag zum Revival des Adventuregenres bot sich "Edna bricht aus" wunderbar an, um als Vergleich für die altehrwürdigen Klassiker herzuhalten. Wenn ein Szenario aus einem großen Haus besteht, ist ein Vergleich zu Maniac Mansion natürlich gar nicht weit weg. Und genau das ist Daedalics Hitspiel auch. Man setzt auf verschrobene Charaktere, ein riesiges Haus mit unzähligen Räumen und spreizt die komplette Rätselkette komplett darüber aus. Eigentlich sehr gute Voraussetzungen, aber hält der Titel auch, was er verspricht? Wir riskieren mal einen Blick zurück.

Böses Erwachen

Zurück in die Freiheit will Edna auf jeden Fall. Mit ihr in einer Gummizelle gefangen, haben wir keinerlei Erinnerung an Ednas Vergangenheit, und die gilt es durch einen Ausbruch wieder zurückzuholen. Inwiefern das mit dem Anstaltsdirektor Dr. Marcel zu tun hat, erfahren wir nach und nach, und auch der Nachbarsjunge, mit dem Edna früher zu tun hatte, ist davon betroffen. Sehr verwirrende Zustände sind das also, die das Mädel hinter Gittern gebracht hatten, und es ist eben an uns, die Gedächtnislücken zu füllen.

Dazu ist der Einstieg schon nicht von schlechten Eltern. Wie kann man in einer Gummizelle entfliehen, die außer einem Stuhl und einem Tisch nichts außer Polster zu bieten hat? Ja, doch der Stuhl ist schon nützlich, und die Polster haben auch was mit der Sache zu tun. Doch bis das Rätsel gelüftet ist, vergeht schon mal sehr viel Spielzeit und kratzt somit an der Geduldsschwelle des unbedarften Spielers. Die Spielmechanik und die Auflösung der Rätsel sind oft nicht ersichtlich, manchmal wenig logisch und darüber hinaus träge präsentiert. Damit will ich schonmal einiges voraus genommen haben, was an diesem Adventure denn so fehlt.

Da wäre als erstes das Rätseldesign, das unnötig verkompliziert worden ist und somit etwas vom Spielspaß raubt. Zwar lassen sich per Druck auf die Leertaste alle Objekte anzeigen, doch selbst das hilft als mal nicht, die programmiertechnisch unnötigen Schritte zu rechtfertigen. Wenn zum Beispiel eine Cornflakespackung ein wichtiges Utensil enthält und Edna das aus Abscheu an gesundem Essen nicht annimmt, dann macht es auch keinen Spaß, wenn gerade dieses Utensil im fortgeschrittenen Spielverlauf dringend benötigt wird (und der Raum durch die Storyentwicklung noch schwerer wieder zu erreichen ist). Hier sind also spielerelevante Lücken vorhanden, die frustfördernd sind und gerade als Comebackbeispiel schlecht geeignet sind.

Als nächstes kann auch gleich die Logik hier eine Finanzspritze vertragen, denn damit spart das Spiel ebenfalls zuhauf. Was auch schon zum nächsten Kritikpunkt führt. Aktionen lassen sich nicht abbrechen, sehen schrottig aus und wurde höhepunktarm in Szene gesetzt. Selbst die Hintergründe sind massig nur Mittel zum Zweck, so dass ich mich schnell von der Präsentation gelangweilt fühlte.

Studentenfutter

Es ist durchaus löblich, dass die Figuren so liebevoll gestaltet wurden, viele davon sehr abwechslungsreich und die Locations sich doch ganz gut ins Gehirn brennen. Trotz allem ist das Design ein bisschen zu sehr verwinkelt, und die handgezeichneten Szenen sowie Figuren wirken wie von der deutschen Counterstrike-Seite geklaut. Ich empfinde das Ganze als zu nerdig und speziell, so dass ich schon rein optisch abgeneigt bin. Darüber hinaus sind die Witzeinlagen auch nicht gerade für die Allgemeinheit bestimmt, also ebenfalls sehr speziell gehalten. Manches mag man nur über drei Ecken verstehen, anderes wieder gar nicht, und die sonstigen schwanken in ihrer Witzequalität doch merklich. Ich habe jedenfalls nicht oft gelacht, aber wie so oft ist das reine Geschmackssache. Der kleine Gipfel (je nachdem im Guten wie im Schlechten definiert) dabei ist Stoffhase Harvey, den man auf fast alles anwenden kann und entsprechende Kommentare zu hören bekommt.

Zwar spielt der Titel gern mit Klischees herum, gibt sich aber auch nicht die Mühe, diese komplett zu entkräften. Da wirken die Insassen trotz ihrer Macken normaler als so mancher Wachmann, trotzdem sind diese so abgedreht geschrieben, dass man die Absichten des Entwicklers nicht so sehr zu würdigen weiß. Darüber hinaus ist so manche Idee für meinen Geschmack etwas geschmacklos ausgefallen, und so etwas trübt den Eindruck um so mehr.

Gripsfördernd ist das Spiel auf alle Fälle, auch wenn es nicht sehr geeignet für Anfänger ist. Die Rätsel sind zu sehr verstreut aufgebaut und im Szenario verteilt, so dass ein kleines Wehklagen eben genau in Richtung Maniac Mansion dabei sein darf. Auch dies ist ähnlich gestrickt, so dass man beispielsweise vor gewissen Leuten auf der Flucht ist und dadurch auch mal wieder von vorne anfangen darf. Ok, bei Edna fällt das nicht so sehr ins Gewicht, die Freunde in Dr. Freds Haus hatten damals nicht so viel Glück. Die Absichten sind durchaus gut gemeint, aber eben nicht komplett so intensiv geworden wie in Lucasarts´ Klassiker.

Ein Strich in der Landschaft

Auch der Comiclook trägt nicht gerade dazu bei, viele Zielgruppen erreichen zu wollen. Die Zeichnungen sind sehr eigen, darüber hinaus nicht sehr plastisch und noch weniger effektbeladen, was zwar den Fans gut bekommen dürfte, aber so retro daher kommt, dass es schon fast nicht mehr schön ist. Zweckmäßig wäre hier noch der wohlwollendste Begriff, wenn aber nicht mal die Animationen mich ansprechen, dann vergebe ich auch keine guten Noten. Hier werden auch fast ausschließlich helle Farben verwendet, was einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt. Etwas mehr Liebe zum Detail hätte ruhig sein dürfen.

Soundtechnisch gehen die Mäkel auch unbeirrt weiter. Öfter mal werden Sounds wiederverwertet, die Musik ist belanglos und die sonstige Kulisse kaum vorhanden. Auch bei den Sprechern ist die Qualität mehr als durchwachsen. Da fehlen durchgängig ein paar wichtige Prozentpunkte Begeisterung, das reicht sogar bis hin zu "richtig schlecht". Einzig Edna selbst hat mir da sehr gut gefallen, die richtig sympathisch und passend zur Figur rüberkommt.

Fazit

Na, da wurde aber ein Hype daraus gemacht. Ich hatte mir so viel von "Edna bricht aus" versprochen und wurde durchgehend zumindest ein bisschen enttäuscht. Da hatte Daedalic in jüngerer Vergangenheit durchaus hübschere, spannendere und witzigere Adventurespiele herausgebracht. Ednas irrer Trip ist für mich einfach zu irre oder im Umkehrschluss zu unzugänglich, um mich wirklich zu motivieren.


Wertung
Pro und Kontra
  • Für Fans des Comicstils
  • Teils gute Sprecher
  • Rätseldesign weit gefächert
  • Hot Spots
  • Skurille Figuren
  • Spannende Handlung
  • Schlecht animiert
  • Farbgebung unpassend
  • Sprecherqualität sehr schwankend
  • Rätsel teils unlogisch und schlecht designt
  • Gags zu speziell und selten richtig gelungen

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(5)
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