Kein Grund für ein ganz mieses Gefühl

Zehn Jahre nach Battlefront 2 startet Battlefield-Entwickler Dice die Multiplayer-Shooter-Reihe rund um den Sternenkrieg neu. Optik und...

von AlexX2 am: 20.12.2015

Zehn Jahre nach Battlefront 2 startet Battlefield-Entwickler Dice die Multiplayer-Shooter-Reihe rund um den Sternenkrieg neu. Optik und Sound passen schonmal, soviel vornweg. Doch ist die in der Beta kritisierte mangelnde Spieltiefe wirklich der K.O. für die neue Mehrspieler-Hoffnung?

 

Einmal mit dem TIE-Fighter ganzen Heerscharen von X-Wings den Gar ausmachen, einmal mit dem T47 einen AT AT wie in Das Imperium schlägt zurück zum Stolpern bringen und einmal mit Darth Vader dem Rebellenabschaum das Fürchten lehren – in Star Wars Battlefront von Lucas Arts war das schon 2004 möglich. Richtig rund wurde der Mehrspielertraum aller Star Wars Fans dann ein Jahr später mit dem Nachfolger Battlefront 2, der Weltraumschlachten und Heldengefechte einführte, samt Solo-Modus und Schauplätze der Prequel-Trilogie. Seitdem nicht nur Disney, sondern auch Electronic Arts auf Spieleseite über die wertvolle Lizenz verfügt, gibt es passend zum neuen heiß ersehnten Film Das Erwachen der Macht auch endlich die Rückkehr aufs Sternenkrieg-Schlachtfeld. Star Wars Battlefront kommt nun als Reboot ganz ohne Ziffer daher und hat mit den beliebten Vorgängern nur wenig gemein (Dice betont auch die Distanzierung zu den Originalen deutlich). Wer sich damit abfindet, bekommt trotzdem ein tolles Spielerlebnis, das auch mehr bieten kann als nur eine selbstverständlich großartige Atmosphäre.

 

Sternenzerstörer bleiben draußen

Spätestens seit der Beta im Herbst verflog die einstige Begeisterung um das Spiel und wich einer wachsenden Skepsis. Anlass ist vor allem der geringe Umfang von Battlefront. Gerade mal vier Schauplätze, also Planeten haben es ins Spiel geschafft. Je nach Spielmodus bekommen wir eine andere Karte zu Gesicht, doch im großen Ganzen kann man das Spiel auf vier Maps beschränken. Alle Gefechte finden ausschließlich auf dem Boden statt, Weltraumgefechte wie in Battlefront 2 gibt es nicht mehr. Luftkämpfe sind zwar nach wie vor mit von der Partie, die Dogfights der X-Wings und TIE-Fighter bewegen sich dennoch nur auf den vier bekannten Boden-Schauplätzen.

Wirklich stören tun wir uns an der Weltraum-Abstinenz jedoch kaum, mehr allerdings am geringen Umfang des Vorhandenen. Hoth, Endor, Tattoine und Sullust markieren die vier Rahmen der Mehrspieler-Karten und gehören natürlich in jedes Star Wars-Spiel, doch gerade die Schauplätze der neuen Trilogie vermissen wir. Bot der Quasi-Vorgänger noch ein Riesenpaket an eigentlich allen Film-Episoden, muss der Spieler sich diesmal mit einem recht mageren Angebot begnügen. Leiden muss darunter vor allem die Abwechslung. So schön Hoth und Endor auch geraten sind, nach einer Weile hätten wir gerne auch mal etwas Anderes gesehen.

 

INFO: Seit dem 12. Dezember gibt es nun auch eine fünfte Map, nämlich den Planeten Jakku aus der neuen Episode 7. Diesen neuen Schauplatz samt neuem Spielmodus Wendepunkt, gibt es nur mit dem DLC Schlacht um Jakku. Da der DLC für alle kostenlos ist, wird das Umfang-Problem deutlich gemildert. Jakku ist eine sehr gelungene Map und Wendepunkt ist ein wirklich frischer wie spannender Spielmodus. Der Test zu Battlefront bezieht sich hier trotzdem rein auf das Hauptspiel und berücksichtigt daher nicht den DLC.

 

Battlefield in einer weit entfernten Galaxie

Auch bei den Spielmodi wird an Umfang eher weniger geboten, hier reich aber die kompakte Menge. Während man bei Call of Duty kaum mal alle zahlreichen Varianten ausprobiert, haben wir in Battlefront an allen elf Modi sehr viel Spaß. Nur der Modus „Heldenjagd“ ist mit seiner schlechten Balance da ein Ausfall. Balance ist auch ein gutes Stichwort bei Battlefront, doch dazu später mehr.

Die meisten Modi bieten altbekannte Gefechte wie Team-Deathmatch, Capture the Flag oder Battlefield-Conquest, wobei das Letzere sich in Battlefront unter dem Namen „Vorherrschaft“ ein bisschen mit King of the Hill mischt. Diese Standard-Varianten sind jedoch auf den Maps sehr gut aufgehoben und dank ihrer kurzen Laufzeit (ein Match geht kaum länger als zehn Minuten) sehr kurzweilig. Besonders viel Laune macht „Abwurfzone“, indem eine zufällig gelandete Sonde erobert und verteidigt werden muss.

Einer der größten Vorwürfe, den sich Battlefront vorab gefallen lassen musste, war der Mangel an Taktik und Tiefgang. Hier muss man deutlich relativieren. Zwar mangelt es im Spiel an Kommunikationsmöglichkeiten oder einem Klassensystem. Auch teamfördernde Perks oder Aktionen gibt es kaum, doch Taktik ist mehr als vorhanden. Nur mit klugem Zusammenspiel und präziser Koordination sind die Partien zu gewinnen. Gerade die Capture The Flag-Kopie „Fracht“ verlangt einiges an Teamwork. Trotzdem sind diese Partien kurz und launig, auch da nur zwanzig Spieler auf dem Schlachtfeld zugelassen sind.

Weitaus größer dimensioniert sind da die Modi „Vorherrschaft“ und „Walker Assault“, die auch die kompletten vier Planeten einnehmen. Auch Helden, Fahrzeuge und Luftkämpfe gessellen sich hier dazu, sowie eine Maximalanzahl von vierzig Spielern. Speziell in „Walker Assault“ entfaltet das neue Battlefront erst sein ganzes Potenzial und zeigt, das es so viel mehr kann, als was es ihm vorgeworfen wird. Auf Hoth zum Beispiel wird wie in Episode 5 die Rebellenbasis von mehreren AT AT Kampfläufern attackiert, im Spiel müssen wir mit dem Imperium nun diese bis zum Zielpunkt am anderen Ende der Karte eskortieren, während die Rebellen die Stahlmonster bis dahin zerstören müssen. Schlüssel zum Sieg sind dabei mehrere Uplink-Stationen, die die Rebellen einnehmen müssen, um die Schilde der AT AT´s zu deaktivieren.

In „Walker Assault“ gilt es wie in keinem anderen Spielmodus so viel Aufmerksamkeit auf die eigene Mannschaft zu legen, und auf jede Situation schnell zu reagieren. Aber auch atmosphärisch bietet der Modus am meisten, da wir die AT AT´s ebenso steuern dürfen wie die kleineren AT ST´s oder eben auch in einen TIE-Fighter steigen dürfen oder eben auf Rebellenseite mit dem X-Wing das Imperium angreifen. Wenn dann noch die Helden losgelassen werden, ist die Stimmungsbombe perfekt. Zufällig in der Spielwelt platziert werden Heldensymbole, die wir einsammeln können. Dann dürfen wir sofort mit einem von (leider nur) drei Helden oder eben drei Schurken in die Schlacht ziehen. Besonders viel einstecken können die Promis nicht. Konzentrieren mehrere Gegner auf uns das Feuer, ist die Freude nur von kurzer Dauer. Trotzdem können wir mit Luke Skywalker, Boba Fett und Co. Einen enormen Schaden anrichten und Spaß macht das ohnehin.

 

Ist weniger auch mehr?

Zufällig verteilt werden jedoch nicht nur die Helden, sondern auch alle Fahr- und Flugzeuge. Egal ob AT ST, X-Wing, sogar Perks wie ein Orbitalangriff warten nicht in der Basis oder können freigeschaltet werden. Stattdessen ist das Alles zufällig mit Symbolen auf der Karte verteilt. Wenn ein Spieler dann so ein Symbol einsammelt, kann er es auch gleich einsetzen. Diese Design-Entscheidung ist ziemlich gewagt und macht auch uns eher wenig glücklich. Zu sehr setzt Dice stets auf den Moment und einen anhaltenden Spielfluss statt den aus dem hauseigenen Battlefield bekannten Tiefgang. Trotzdem hat es die ein oder andere Daseinsberechtigung.

Dice vermeidet so vor allem, dass die Spieler andauernd in der eigenen Basis campen, um auf den nächsten X-Wing zu warten. Die Spieler werden dazu bewegt, sich zu bewegen. Camping gibt es in Battlefront nahezu nie. Trotzdem ist es komplett dem Zufall und dem Glück überlassen, wann wir endlich wieder mit Darth Vader in den Kampf ziehen dürfen. Wir selbst haben keine Möglichkeit, einzugreifen. 

 

Ungleicher Kampf

Wirklich genervt sind wir aber von der Balance, der vielleicht größten Schwäche des Spiels. Nach der Beta hat Dice zwar deutlich den „Walker Assault“ Modus entschärft (Rebellen haben nun viel mehr Chancen auf den Sieg), der Modus „Heldenjagd“ aber macht zurzeit noch gar keinen Sinn. Hier kämpft ein Held gegen normale Fußsoldaten. Wer die meisten Kills hat, gewinnt. Auch wenn die Infanterie in der Überzahl ist, ist es logisch, dass die Heldenseite am Ende der Partie die meisten Abschüsse hat. So kann man den Modus zurzeit einfach nicht ernst nehmen.

Die anderen Modi sind zwar gut ausbalanciert, doch haben wir vor allem ein Problem mit den Perks auf dem Schlachtfeld. Diese können wir mit der Zeit nach und nach freischalten, einige sind dagegen zufällig auf der Karte verteilt. Darunter sind wirklich nervige wie einfach unfaire Goodies wie etwa die Intelligente Rakete, mit der der Spieler einen Gegner erfassen kann. Das Geschoss folgt dann diesem auf Schritt und Tritt, bis es ihn erledigt hat. Selbst mit einem Jetpack kann man diesem höllisch nervigem Teil kaum entkommen. Auch einige andere Perks lassen dem Spieler nur selten eine Chance, sich zu wehren. Viele Fähigkeiten dienen in erster Linie zur Inszenierung und zum Spaß, eine gelungene Balance ist dabei fehl am Platz.

 

Des Mehreren Freud, des Einzelnen Leid

Wenn wir dann mal nicht schon wieder von einer Intelligenten Rakete erwischt werden, genießen wir einfach die Atmosphäre von Battlefront, denn hier wurde einfach alles richtig gemacht. Auch wenn es nur wenige Karten gibt, das Gebotene ist einfach der Hammer. Wahlweise in klassischer Ego-Perspektive oder in der spielerisch für uns sogar besseren Außenansicht (wie im Ur-Battlefront auch schon) sind wir wirklich ein Teil der Star Wars-Welt. Das ist nun eigentlich nichts Neues, wenn man bedenkt, wie oft wir schon in irgendwelchen Star Wars-Spielen im virtuellen Hoth unterwegs waren. So grandios, so echt, so stimmig, sah allerdings noch kein Star Wars-Spiel bis heute aus. Dank Frostbite Engine 3 hat Dice atemberaubende Landschaften gezaubert, die von noch besseren Effekten dominiert werden. Absolute Krönung ist da noch der Sound. Wir empfehlen hier wirklich eine gute 5.1 Anlage, denn nicht nur dank der bekannten Filmsounds und der Musik von John Williams ist der Klang brutal gut geworden. Wir sagen nur: Thermal-Imploder. Das eigentlich Einzige, was wir vermisst haben, sind die seismischen Bomben von Fetts Slave 1, bedenkt man, was die im Film Episode 2 für einen tollen Sound erzeugt haben.

Im Mehrspieler-Modus kann Battlefront überraschend stark überzeugen, doch eine Einzelspieler-Kampagne entfällt diesmal. Erinnert man sich an die letzten diesbezüglichen Verbrechen von Dice, ist das auch sehr plausibel, doch über Kämpfe gegen Bots in einem Story-Rahmen (wie es in Battlefront 2 sehr gut funktionierte), hätten wir uns sehr gefreut. Stattdessen schicken unsdie Entwickler auf mehrere Überlebensmissionen, in denen wir einfach gegen dutzende Gegnerwellen auf kleinen Arealen möglichst lange bestehen müssen. Spannend geht anders. Zwar können diese optionalen Missionen auch mit einem Freund gespielt werden, unterhaltsamer wird die fade Dreingabe dadurch aber auch nicht wirklich.

Sinn machen die Einsätze nur, wer noch etwas mehr Erfahrungspunkte einsammeln will. Die werden nämlich benötigt, um neue Blaster und Perks freizuschalten. Allzu viele sind das jedoch nicht. Vom Sturmtruppen-Blaster bis zum Java-Schockblaster ist zwar alles an Bord, doch trotzdem haben wir schnell alles beisammen. Einige der Kaliber sind auch einfach unnütz, wir waren jedenfalls meistens mit einem Schweren Blaster unterwegs. Übrigens muss man keine der Waffen nachladen, stattdessen überhitzen die Schießeisen nach zu viel Dauerfeuer.

Nach zwanzig Stunden lässt dann in Battlefront etwas die Motivation nach. Zu wenig gibt es freizuschalten, zu oft sehen wir die immer gleichen Schauplätze. Deutlich mehr Laune macht das Spiel dann im Teamspeak mit Freunden, auch dank der erwähnten durchaus vorhandenen Taktik und Vielfalt. Dann haben wir auch weiterhin Lust, uns abermals etwa auf Endor in den Kampf gegen das Imperium (oder in meinem Fall meistens den Rebellenabschaum) zu begeben. Denn Star Wars ist nunmal Star Wars. Und wenn es so unglaublich gut aussieht und noch besser klingt, dann ist es letztendlich doch seinen Kauf wert. Jeder sollte allerdings wissen, auf was für ein Spiel er sich da einlässt und das es sich hier eben um kein Battlefront 3 handelt. Fans der Filme bekommen dafür die wohl derzeit visuell beste Umsetzung der Filme.


Wertung
Pro und Kontra
  • grandiose Referenz-Optik
  • vermutlich bester Sound der Spielegeschichte
  • perfekte Star Wars-Atmosphäre
  • Helden und Schurken
  • sehr offene und filmnahe Maps
  • sehr gelungene spaßige kleinere Modi
  • taktische große Modi (Walker Assault!)
  • gelungene Steuerung der Luftvehikel
  • geringer Umfang (wenig Karten und Waffen)
  • nur drei Helden pro Seite
  • keine Orte und Figuren der Prequels
  • kein Klassensystem
  • fehlende Kommunikation zwischen Spielern
  • mäßige Solo-Modi
  • wackelige Balance, einige unfaire Perks

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



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