Kommentar:Darum hat mich Unity so sehr enttäuscht!

  Eins vorweg: mit Bugs und dem definitiv unsauberen, wenn nicht sogar katastrophalen, Launch werde ich mich nicht befassen. Aktuell läuft das...

von matssa am: 06.08.2015

 

Eins vorweg: mit Bugs und dem definitiv unsauberen, wenn nicht sogar katastrophalen, Launch werde ich mich nicht befassen. Aktuell läuft das gepatchte Spiel auf guter Hardware relativ rund und stabil. Von diesem Ist-Zustand gehe ich aus.

 

Während meiner Schulzeit weckte die Französische Revolution in mir eigentlich immer nur ein Gähnen. Zehn Jahre nach Abschluss kann ich dies kaum noch nachvollziehen, da sie wohl zu den für uns in Westeuropa spannendsten und relevantesten Zeiträumen zählt, die es je gegeben hat. Der Kampf des Bürgertums gegen die herrschende Klasse und die vielen kleinen und großen Ungerechtigkeiten hat den Grundstein für Demokratie und Chancengleichheit gelegt.

Als ich das erste Mal den Rendertrailer zu Unity gesehen habe, dachte ich, dass das wohl das interessanteste Setting würde, welches ein Assassin’s Creed je bekommen hat. Verdammt cool, wie im Trailer die Assassinen den Sturm auf die Bastille begleiten und den Ansturm der aufgebrachten Massen darin unterstützen ins Innere vorzudringen und dort einen, natürlich, Templer lynchen. Die Assassinen schlagen sich also auf die Seite der Revolution, unterstützen diese dabei zu gelingen und nehmen Einfluss auf den Lauf der Geschichte.

Klar, es macht ja auch Sinn! Die Assassinen stehen für Freiheit, die Verantwortung jedes Einzelnen und bekämpfen die Templer, welche mit allen erdenklichen Mitteln eine zweifelhafte Ordnung schaffen wollen. Was Unity dann aber daraus gemacht hat? Für mich eine unglaubliche Enttäuschung. Wie cool es gewesen wäre die Geschichte zu beeinflussen, bzw. das Gefühl zu haben dabei gewesen zu sein.

An der Immersion hat es nicht gelegen! Paris sieht fantastisch aus, die riesigen Massen an Menschen machen die Demonstrationen glaubhaft, alle wichtigen Akteure an die man sich aus dem Geschichtsunterricht noch erinnern kann sind mehr oder weniger präsent und der Protagonist Arno erinnerte mich anfangs mit seiner überheblichen aber herzhaften Art an meinen Lieblingsassassinen Ezio. Prinzipiell hat Ubisoft also erst einmal einen tollen Grundstein für eine spannende Erzählung gelegt. Dass diese dann mit einer falschen Mordzuweisung beginnt und wir uns auf die Suche nach den wahren Mördern unseres Ziehvaters begeben müssen…ok, ist klischeehaft, aber kann ja auch der Einstieg in eine wendungsreiche tolle Geschichte sein.

Ist es leider nicht.

Die Hauptstory von Unity bleibt von Anfang bis Ende eine simple Rache-Erzählung. Die von mir zuvor als so spannend deklarierte Französische Revolution bleibt das ganze Spiel über nur Rahmen. Sie gibt dem Spiel einen historischen Zeitraum, ein Grafik-Set und in Ansätzen einen Plot Aufhänger. Doch wir nehmen nie Einfluss auf die Revolution. Auch die Assassinen Bruderschaft hält sich bedeckt was ihre Meinung bzw. ihre Einflussnahme in dieser bewegten Zeit betrifft. Zwar töten wir im Laufe des Spiels ab und zu Protagonisten der Revolution, deren Ableben sicherlich in irgendeiner Weise das geschichtliche Geschehen hätten beeinflussen können, dass der jeweilige Mord aber Konsequenzen haben könnte oder sogar hat (!) wird uns in keinem Fall von der Erzählung nahe gelegt. Die wichtigen Persönlichkeiten dieser Zeit werden, soweit ich das beurteilen kann, zwar alle erwähnt und kommen sogar im Rahmen von Haupt- oder Nebenmissionen namentlich vor, die meisten bleiben aber so blass und charakterlos, dass es auch jemand anderes hätte sein können. Hier erschien es mir fast so als hätte Ubisoft sich nicht getraut diese historisch bedeutenden Charaktere zu charakterisieren. Denn man hätte ja falsch liegen oder einem Historiker auf die Füße treten können.

Dass wir zum Beispiel einen zu dieser Zeit noch jungen und relativ unwichtigen Napoleon kennenlernen ist super, dass wir im weiteren Verlauf des Spiels für Napoleon Nebenaufträge erledigen sollen auch. Da Napoleon wohl einer der größten Profiteure der Revolution war, hätte man meinen können, dass man ihm dabei, vielleicht unwissentlich, hätte helfen können seine Macht auszubauen oder einen Grundstein zu legen auf Grund dessen sein späterer Aufstieg begründet liegt.

Was machen wir? Einer pseudolustigen Dreierbeziehung zuschauen, die, laut Wikipedia, keinerlei Relevanz für das weitere Wirken von Napoleon hatte.

Aber zurück zur Hauptstory: Falsche Mordzuweisung, Rache, war da noch was? Ach ja, Elisé!

Elisé ist wunderschön, selbstbewusst, intelligent, einfach eine tolle Frau. Leider gehört sie den Templern an. Macht aber nix!

Die Beziehung von Arno und Elisé ist ein weiteres Beispiel dafür, wie unglaublich viel Potential bei der Geschichte von Unity verschenkt wurde. Parallel zur Revolution ist man hier sowohl den Assassinen als auch den Templern so nah wie nie zuvor. Hier hätte man, die Revolution als Aufhänger nehmend, die verschiedenen Sichtweisen beleuchten können. Arno und Elisé hätten sich über deren inhaltliche Aspekte streiten können, wenigstens ein paar ironische Bemerkungen in Richtung des Anderen und dessen Organisation wären ja wohl drin gewesen. Stattdessen rotten sie sich in relativer Eintracht zusammen um ihr Ziel der Rachenahme zu erreichen und haben keinerlei Interesse daran ihre unterschiedlichen Sichtweisen dem anderen zu erläutern.

Ich könnte noch mehr Beispiele nennen, die von mir ausgewählten zeigen aber ziemlich genau, warum ich persönlich so enttäuscht wurde von Unity.

Abseits davon bietet Unity eine tolle Stadt, mit einem großen Angebot an abwechslungsreichen Aktivitäten und einem meiner Meinung nach verbesserten Kampf- und Freerun System. Gameplay technisch ist Unity ein Fortschritt und sicherlich kein schlechtes Spiel. Für Serien-Neulinge mag es vielleicht sogar verdammt gut geeignet sein um ein Fan zu werden.

Ich hätte mir trotzdem einen größeren Fokus auf die Französische Revolution gewünscht. Meine Hoffnung ist, dass sich Syndicate in dieser Beziehung anders verhält. Zumindest die Trailer sprechen ja schon wieder davon, dass es um den Kampf von Arm gegen Reich geht.

Meine Vorfreude hält sich in Grenzen.


Wertung
Pro und Kontra
  • wunderschönes Paris
  • tolle Atmosphäre
  • interessantes Setting
  • verbessertes Kampf- und Freerunsystem
  • abwechslungsreiche Nebenaktivitäten
  • lahme Rache-Erzählung
  • Franz. Revolution kommt zu kurz
  • flache Charaktere
  • hoher Hardware Hunger

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(3)
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