Von alten Tugenden und knappen Worten

Es gibt sie, die ganz großen Sterne am RPG Himmel, wie Diablo, Elder Scrolls oder Gothic. Und dann gibt es die Rollensiele, deren Licht nur ausreicht, das...

von Horst_Sergio am: 07.09.2009

Es gibt sie, die ganz großen Sterne am RPG Himmel, wie Diablo, Elder Scrolls oder Gothic. Und dann gibt es die Rollensiele, deren Licht nur ausreicht, das Ersatzrad am Großen Wagen des Sternenhimmels darzustellen. Als eines der letzteren gilt, etwas zu Unrecht und auch leider etwas untergegangen, Legend - Hand Of God.

Jenseits von Metalerde

Wir kennen das. Kaum steht eine entscheidende Prüfung an, die uns als Bewahrer der 'heiligen Flamme' in unserem Rang aufsteigen lassen soll, da kommt irgendein Fiesemöpp daher und öffnet das Portal zum Dämonenreich, das von dem Orden, dem wir angehören, bewacht wird. Nach einer finsteren Nacht wachen wir als Held Targon inmitten der Trümmer des Klosters auf und stehen nun nackernd in einer von Dämonen heimgesuchten Welt da. Jetzt heißt es folgende Prophezeihung zu erfüllen: Finde 'Die Hand Gottes' - ein mächtiges Amulett, das in mehrere Teile zerbrochen und in der Welt verstreut wurde - um das Portal wieder zu schließen. Na ja, ganz alleine sind wir nicht, denn unser Mauszeiger entpuppt sich neckischerweise als kleine Lichtelfe, die uns mit Rat, Tat und nervigen Kommentaren zur Seite steht.

Bereits zu Beginn wird deutlich: Legend ist ein Action RPG der klassischen Sorte. Man könnte es als Diablo Klon auslegen, doch würde dies dem Spiel nicht gerecht, denn die ablehnende Haltung des Wortes 'Klon' braucht es nicht unbedingt. Wie so üblich in Action RPGs der Marke, na dann bleiben wir doch beim großen Vorbild, Diablo, steht die Inszenierung der Geschichte weniger im Vordergrund, als natürlich das Monster zu Frikadellen verarbeiten, Items sammeln und Leveln. Somit ist auch hier nicht allzu viel von der Story zu spüren, die uns einmal quer durch die Welt führt, obwohl sich die Geschichte der Welt vor allem im Handbuch noch sehr schick liest und Lust auf mehr macht.

Für eine handvoll Talente

Anders als bei anderen Genre-Kolossen der Neuzeit wie einem Titan Quest, steigen wir mittels in Kämpfen gewonnener Erfahrungspunkte, schneller im Rang auf und haben in dem recht übersichtlichen Talentbaum nicht allzu viele Möglichkeiten uns zu verskillen. Somit ist der Schwierigkeitsgrad von Legend auch nicht sehr frustrierend angesiedelt. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten, sind wir bald ein bis zwei Level über dem Niveau der Gegner, was aber nicht heißt, daß wir unsterblich sind. Für jede Wiederbelebung büßen wir einen Teil unserer Erfahrungspunkte ein, was uns natürlich zum umsichtigen Erkunden der Welt zwingt und werden am zuletzt besuchten Runenstein wiedergeboren. Wenn wir mal das Gefühl haben, Talentpunkte falsch verteilt zu haben, können wir bei Magiehändlern unsere Talente verlernen - gegen eine gewisse Finanzspritze entsprechend unserem Level versteht sich. Das führt auch dazu, daß wir in einigen Ländereien anfangen zu taktieren und uns vom Einhandschwertrüpel in einen geschickten Bogenschützen umfunktionieren, um uns die Gegnermassen vom Leibe zu halten.

Items gibt es, wie es sich für ein solches Spiel gehört, zuhauf. Auch in den späteren Abschnitten bringen uns Gegner immer wieder nicht nur handelswürdigen Plunder, sondern durchaus auch Waffen, Rüstungen und Talismane, die recht ansprechende Ausrüstungsgegenstände sind. So greift denn auch das typische Sammelfieber, das ein Spiel wie Diablo oder Titan Quest ausmacht. Da unser Held Targon mit zwei Taschen ausgestattet ist, fällt unser Inventar auch nicht gerade klein aus. Bei der Menge an Items, die von den Gegnern fallengelassen werden, dürften aber auch diese zwei Taschen sehr schnell, sehr voll sein. Hin und wieder stolpern wir über magisch verzauberte Waffen- und Rüstungsteile, die unsere Attribute oder einzelnen Talente stärken oder eben entsprechend mehr Bares einbringen.

Hackebumm

Ebenso vielseitig wie die Items fallen die Gegner aus, wobei man natürlich dazu sagen muß, daß sich Legend auf bewährte Fantasy Tugenden verlässt. Wir prügeln uns also durch Horden von Ungeziefer wie Wildschweine, Wölfe, Banditen, Orks, Goblins, Skelette oder auch Gargoylen. Zwar ist das alles nicht sehr neu, die Gegnersmannen sind allerdings stilistisch teils sehr eigen designt, sehen entsprechend hübsch aus und sind natürlich auch unterschiedlich gefährlich. Vor allem die großen Gegner wie Trolle oder haufenweise Zwischengegner sehen nicht nur bösartig aus, sondern scheuen sich nicht davor, kräftig auszuteilen. Technisch gibts beim Kämpfen nichts zu bemängeln. Ist unser Held mit einem entsprechenden Argumentationsverstärker ausgerüstet, klicken wir einen beliebigen Gegner an und halten die Maustaste gedrückt, bis entweder der Gegner oder wir im Staub liegen. Ja, wir kennen das. Interessant und vor allem komfortabel ist hierbei allerdings, die wahlweise drei Maustasten mit verschiedenen Angriffsarten, Gegenständen oder Magie direkt auszustatten. Außerdem sind die Animationsphasen der Kämpfe wirklich schick anzusehen. Geht unsere Energie gen Null, warnt uns unsere kleine Lichtelfe Luna vor einem verfrühten Ableben. Ein netter Kniff der Macher, denn in dem Getümmel auf dem Bildschirm kommt es desöfteren mal vor, daß wir die Energieanzeige völlig übersehen.

Das Actionorientierte Hack & Slay Prinzip geht natürlich zu Lasten der Quests. Allzuviele werden wir jedenfalls nicht bekommen. Hin und wieder erhalten wir kleinere Aufträge von NPCs, die uns zwar weitgehend von den typischen Questabläufen wie 'Hau dem da hinten die Rübe ein und bring mir auf dem Rückweg ne Kiste Bier mit' verschonen, aber mit nur zwei, drei Nebenquests pro Abschnitt hält sich Legend erzählerisch stark zurück. Nur selten begegnen wir in den teils ausgedehnten Landstrichen kauzigen Kreaturen wie einem Zwerg, gegen den wir dann im Wettkampf Orks zu Filetstücken verarbeiten. Oder einem kleinen Jungen, der uns bittet Blumen am Grab seiner Mutter zu hinterlegen. Die wenigen Nebenquests sind recht gut erzählt, und genau deshalb fragt man sich, warum die an sich schicke Welt mit so wenig netten NPCs bevölkert ist. Stets wird unser nächstes Ziel auf der Karte markiert und stets wird unser Weg dorthin vorrangig von Fieslingen gekreuzt. So hält sich auch weitgehend die Hauptgeschichte im Hintergrund und unser Held wie auch seine Wegbegleiterin bleiben etwas blass. Nur in kleineren Abschnitten erzählt unsere Elfe Geschichten aus der Welt. Insgesamt hätten die Entwickler durchaus etwas mehr Spieltiefe aus der Theorie der Rahmenhandlung erzeugen können. Die gebotenen Haupt- und Nebenquests machen immerhin Lust auf mehr, aber man muß mit dem technisch einwandfreien Metzel-Prinzip Vorlieb nehmen. An sich nichts verkehrtes, einzig die typische gutherzige Paladin-Haltung des Helden erscheint hierbei etwas farblos.

Wir wandern

Die Grafik kann sich durchaus sehen lassen. Einer der großen Pluspunkte von Legend ist die hübsch aufgemachte Welt, die ähnlich wie die, eines Titan Quest, über die linearen Laufwege hinwegzutäuschen vermag. Auch wenn es abseits der Pfade nicht sehr viel zu entdecken gibt, so schaut man dennoch überall vorbei. Die Welt mag zwar an sich keine Neuerungen im Genre einführen, denn Wüste, Wald, Schnee, Höhlen oder Sümpfe hat es natürlich anderswo längst gegeben, aber alleine die graphische Gestaltung und Detailfreudigkeit der verschiedenen Abschnitte macht Lust auf mehr und wirkt allein für sich sehr lebendig. Vereinzelt matschige Texturen in nahen Zoomstufen fallen bei der hohen Vegetationsdichte kaum ins Gewicht, zumal die Übersicht relativ schnell flöten geht, je näher man reinzoomt. Zum Thema Vegetation: Wie bei Titan Quest reagiert auch in diesem Spiel das Gras auf unsere Bewegung, wenn wir hindurchschreiten - ein echter Hingucker!

Von diesem überaus positiven Eindruck der Welt fällt das eher zweckmäßige Design der Dungeons etwas ab. Zwar sind diese zufallsgeneriert, aber mehr als überlange Labyrinthe sind sie weitgehend nicht. Gottlob bleibt es dann aber auch nur bei einigen dieser Labyrinthen. Zu der guten Grafik gesellen sich eine herrlich stimmungsvolle Beleuchtung, die von unserer Lichtelfe ausgeht, welche wiederum als lebendige Fackel in düsteren Höhlen wahrlich an Bedeutung gewinnt, satte Magieeffekte wie knallige Flammen, kleinere Physikspielereien und gute Animationen bei Freund und Feind. Was will man mehr?

Auch der Sound geht in Ordnung. Die Hintergrundmusik ist zwar nicht so episch wie die eines Gothic oder auch Drakensang, aber die meisten der Musikstücke klingen recht atmosphärisch. Sowohl die Soundeffekte, als auch die deutschen Sprecher können begeistern. Selten klangen deutsche Stimmen in einem Spiel so natürlich. Hier sind keine gelangweilten Stimmchen zu finden, die nur ihren Text runterrattern. Die angenehm motiviert klingenden Sprecher verleihen den Charakteren mehr Tiefgang, als es die Handlung im Spiel tun kann.

Begleiterscheinung

Ich weiß nicht. Mir hat es die kleine Elfe Luna ein bißchen angetan. Ihre teils gehässigen Kommentare nerven ebenso wie, wenn sie sich vorlaut in Gespräche mit NPCs einmischt, aber als Frühwarnsystem vor dem Tod in den Kämpfen ist sie ebenso unverzichtbar, wie als Batteriesparende Taschenlampe. Eine durchaus handelsübliche Beziehung also. Die storylastigen Unterhaltungen zwischen ihr und Targon sind recht nett mitzuverfolgen, aber leider auch eher selten vorhanden. Erzählerisch siedelt sich Legend - Hand Of God aber bestenfalls irgendwo im Bereich mittelprächtig an. Teilweise steigt die Atmosphäre an, sehr schnell lässt diese dann aber auch wieder nach, was aber nicht heißt, Legend wäre schlecht!

Es versteift sich auf pure Action, aber das wiederum gekonnt und mit dem Patch 1.2 auch nahezu fehlerfrei. Klar ist aber auch, daß Legend damit nur eine kleinere Zielgruppe unter den Rollenspielern anspricht, nämlich diejenigen, denen eine, bis ins winzigste Detail ausgeklügelte Geschichte und Mikromanagement im Charaktersystem eher nebensächlich ist. Ansonsten bietet Legend - Hand Of God etwa 20 Stunden knallharte Action. Die Pflicht besteht das Spiel nach dem Patch einwandfrei, aber mit der Kür tut es sich verdammt schwer, weshalb den Entwicklern mit Legend - Hand Of God der ganz große Wurf schon fast zwangsweise versagt bleibt.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: detaillierte Welt, hübsche Monster, gute Effekte
  • Sound: alles in allem gut
  • Balance: Schwierigkeit steigt angenehm an
  • Atmosphäre: Motivatierend gestaltete Welt, Sammelfieber
  • Bedienung: bewährte Maussteurung, Tasten variabel belegbar
  • Umfang: keine Riesenwelt, aber auch nicht zu klein
  • Quests / Handlung: Gute Quests und nette Story, ...
  • Charaktersystem: bewährte Fähigkeiten, kein verskillen möglich
  • Kampfsystem: Hack and Slay Action der alten Schule
  • Items: Riesenfundus an Waffen, Rüstungen, Gegenständen
  • Grafik: selten schwache Texturen
  • Sound: Musik könnte teilweise spektakulärer sein
  • Balance: -
  • Atmosphäre: Fantasywelt ohne erzählerische Größe
  • Bedienung: daher anfangs etwas gewöhnungsbedürftig
  • Umfang: Dungeons dafür zu langwierig
  • Quests / Handlung: aber im Spiel hätte es von beidem mehr sein dürfen
  • Charaktersystem: -
  • Kampfsystem: Magie teils etwas nutzlos
  • Items: nichts wirklich neues

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(19)
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