Wenn Mimi ihre Tage hat

Ha, diese reißerische Überschrift hat beinahe das stumpfe Format der PC Action. Allerdings ist sie trotzdem gut gewählt für einen ebenso reißerischen und...

von Horst_Sergio am: 25.08.2009

Ha, diese reißerische Überschrift hat beinahe das stumpfe Format der PC Action. Allerdings ist sie trotzdem gut gewählt für einen ebenso reißerischen und stumpfen Shooter. Red Ocean, ein Name wie Silberklang. Ein Name, der ein tolles Spiel versprechen könnte, und der ebenso vollmundig und bedeutungsschwanger daherkommt, wie die angepriesenen Features auf der Verpackung. Das wollen wir doch mal sehen...

Fight-Dive-Survive

...sagt die Verpackung. Nun ja, die Story klingt eher relativ uninteressant zu lesen. Jack Hard ist ein ehemaliger Spezialagent und besitzt nun eine eigene Tauchschule. Irgendwoher kenne ich das schon. Nicht mit einer Tauchschule, aber mit einem ehemaligen Spezialagenten, der zufällig auch Jack hieß. Frage eins: Warum heißen die Shooter Helden immer Jack, Max, Sam oder Duke? Vielleicht denken die Macher, daß Spieler von tumben Ballergames sich einfach nicht mehr Namen merken können. Oder will man sich gar im Glanze großer Ballerspiele suhlen, auch wenn man keine eigenen Ideen vorzuweisen hat? Nun ja, eines Tages wird dieser Jack hier in eine Verschwörung verwickelt. Die Terror-Organisation 'United Arms' (warum nicht gleich ACME aus den Looney Toons) hat eine neue Energiequelle entdeckt, die sie in einer Unterwasserstation fördert und zum Bau einer neuartigen Massenvernichtungswaffe nutzt. Na ja, dieses ist nun kein Roman mit Stil, aber Hauptsache, ich habe irgendeinen Grund, irgendwelchen Gegnern auf die virtuellen Pfoten zu klopfen und 'Du du du!' zu sagen.

Cineastische Inszenierung

...sagt die Verpackung. Ich bin da etwas misstrauisch. Denn einerseits bleibt von der eh belanglosen Story im Spiel selber kaum etwas übrig. Irgendein Einsatzleiter kommandiert uns zwar per Funk hin und her und erzählt uns nach und nach, was hier eigentlich vor sich geht, doch erzeugt das in den äußerst linearen Leveln keinerlei Spieltiefe. Andererseits sind die immer gleichen Script Ereignisse wie 'Gegner tauchen mit Blendgranaten auf' oder 'sprengen blockierte Türen vor uns' nicht sehr spannungsfördernd. Die Ingame Videos bemühen sich auch nur darauf einen auftauchenden Endgegner zu präsentieren oder in einer größeren Halle den Ausgang zu zeigen. Wirklich interessant ist davon auch nichts. Obwohl wir keine Minimap und keinen Kompass besitzen, ist alles so voraussehbar, daß nicht einmal die üblichen Schalterrätsel einen Hauch von Anspruch versprühen. Unter 'cineastischer Inszenierung' verstehe ich etwas anderes. Das ähnlich alte F.E.A.R. zum Beispiel, das noch ältere Doom 3 von mir aus oder eben das Spiel, dem Red Ocean - mit Ausnahme des weitläufigen Leveldesigns - am augenscheinlichsten gleichzukommen versucht: Far Cry.

Non-Stop-Action über und unter Wasser

...sagt die Verpackung. Sagen wir doch wie es ist. Die Level sind Schläuche und reichlich unspektakulär bis unglaubwürdig designt. Nun bin ich kein Architekt, aber ich würde mal behaupten, daß es sehr sinnfrei erscheint, zwei Hallen, die nebeneinander liegen, mit einem Wirrwarr aus Korridoren zu verbinden. Klaustrophibische Stimmung in düsteren Korridoren mag ein Prädikat sein, aber nicht in diesem Spiel. Darüber hinaus bleibt der, im Titel angepriesene, Ozean vorrangig unsichtbar. Die mit futuristischen Maschinen vollgestopften Räume und überdimensionierten Lagerhallen könnten ebenso im Weltraum platziert sein. Außerdem gibt es in den sage und schreibe 7 Levels, die nicht einmal sehr umfangreich sind, zwei, maximal drei Situationen, die sich im Wasser abspielen. Da wär mehr drin gewesen, denn unter Wasser ist die Steuerung gut gelungen, wenn auch an einen typischen Schwerelosigkeitszustand erinnernd und es bringt tatsächlich etwas Abwechslung ins Geschehen.

Die Non-Stop-Action an sich ist auch nur bedingt gegeben. Schaaren an Söldnern, die optisch in Richtung F.E.A.R. schielen, fragen nicht lange, ob wir sie denn in den Allerwertesten treten wollen. In stumpfer Rambo-Manier ballern wir uns durch die Gegnerreihen, die stets mindestens im Dreierpack auflaufen. Schwierig wird es dadurch nicht, denn die überaus modern gekleideten Kerls sind so hohl, daß sie mit Freuden in Richtung unserer Granaten und unserer Schusslinie rennen. Hier hätten die Entwickler sich einfach mal von der KI des Monolith'schen Shooter Ungetüms inspirieren lassen sollen. Dazu kommt, daß dieser Jack hier zwar gut steuerbar ist, das Spiel aber auch nicht sonderlich auf Tempo und fordernden Schwierigkeitsgrad setzt. Selbst beim Laufen hat man manchmal das Gefühl, einen Schaufensterbummel zu erleben, anstatt unter Zeitdruck dem Gegnerfeuer zu entrinnen. Ballern ja, wirkliche Action? Nein, eher nicht.

Abwechslungsreiches Waffenarsenal

...sagt die Verpackung. Also na ja. Zählen wir lieber auf wie es wirklich ist. Zwei verschiedene Pistolen, zwei Maschinengewehre, eine Schrotflinte, ein Plasmagewehr und ein Lasergewehr. Habe ich etwas vergessen? Ach ja, Granaten und ein Messer. Letzteres brauchen wir schonmal gar nicht. Und der Einsatz der Granaten ist unfreiwillig komisch. Die Dinger scheinen derart schwer zu sein, daß man meint, Mr. Hard wäre ein Kugelstoßer. Zwei, drei Meter vor unseren Füßen plumpsen die bombigen Ostereier auf die Erde. Bei den Tauchgängen haben wir noch eine Harpune (oder etwas in der Art) recht unsichtbar in der Hand. Wirklich Abwechslung kommt im Balleralltag nicht auf. Die Waffen scheinen nur für die Optik da zu sein, die anspruchslosen Gegner verlangen uns nämlich so wenig Können ab, daß wir allein mit der Pistole durchrennen könnten. An jeder Ecke finden wir Muni und Health Packs. Selbst für Gelegenheitszocker dürfte ein glatter Durchmarsch nicht allzu schwierig sein, sofern das Spiel nicht abstürzt, was sich als eines der innovativsten Features des Games bemerkbar machen dürfte. Der angepriesene Abwechslungsreichtum des Waffenarsenals ist also genauso gegeben, wie im Level- und Gegnerdesign.

Modernste Grafiktechnologie

...sagt die Verpackung. Ja. Also wirklich häßlich ist das Spiel für meine Begriffe nicht, ich fand aber auch den typischen Plastik-Bumpmap-Look eines Far Cry oder Doom 3 oder F.E.A.R. auch schlichtweg großartig. Red Ocean ist aber auch nicht besonders hübsch. An sich sehen die Gänge und die Beleuchtung recht nett aus. Aber mehr als vier oder fünf verschiedene Aufmachungen gibt es nicht. Dazu kommt das recht sinnlose Design, das mir bereits in Level 3 sagt: 'Hey cool! Ich bin wieder in Level 2!' Nun gut, die reine Optik ist etwas altbacken, aber stellenweise wirklich gut. Die Animationen der Gegner halbwegs gelungen, es sei denn sie segnen das Zeitliche. Die Physik setzt auch hier völlig neue Kräfte frei. Während unsere Granaten scheinbar Tonnen wiegen, schlittern die Leichen selten so unrealistisch gezeigt durch den Raum. Tja, einige nette Effekte und eine relativ stimmige Beleuchtung gibt es wohl, gegen die Innenlevel eines Far Cry kann dieses Spiel nicht anstinken.

Einzigartige Wassereffekte...sagt die Verpackung. Also damit ist wohl der Schliereneffekt auf der Kamera gemeint, wenn man aus dem Wasser auftaucht. Ja, der sieht schick aus, ist aber nicht einzigartig. Aber gut, daß dieses besondere Feature so hervorgehoben wird. Ich belasse es hier einmal beim Sound. Der ist im Spiel selbst gut. Die Musik ist natürlich an Far Cry angelehnt und die deutschen Sprecher klingen auch sehr, sehr ähnlich. Einerseits sind die Sprüche in Ordnung, andererseits hätte auch hier etwas mehr Abwechslung und Dynamik gut getan. Irgendwie wirkt es schon recht beknackt, wenn drei Gegner den Raum entern und nahezu zeitgleich vehement brüllen: 'Gib mir Deckung!' Klanglich ist ansonsten aber alles in Ordnung. Außer im Intro und dem Endvideo. Hier knackt und knirscht es so derart, daß man meint, die Boxen liegen im Sterben. Tja, hier hätte das Spiel durchaus noch Punkte machen können.

Zum Schießen

'Red Ocean' - was für ein Titel! Wäre es ein Film, könnte man meinen, er versucht 'Alarmstufe Rot' zu kopieren, versandet letztendlich aber auf dem Niveau von 'Red Scorpion' mit Dolph Lundgren. Was soll das heißen? Red Ocean klaut sich einige, vorwiegend optische Elemente und ganz wenige spielerische Features aus Far Cry, F.E.A.R. und Doom 3 zusammen, die es aber nicht ansatzweise so gekonnt umetzt. Insgesamt ein sehr mittelmäßiges und viel zu kurzes Spiel, das gerade bei den richtigen Ansätzen, nämlich den Unterwasserszenen nicht konsequent genug ist. Völlig unmotiviert ballert man sich durch die 7 Level um nach vielleicht 5 Stunden das Tageslicht wiederzusehen. Die Designmängel, Abstürze und generelle Eintönigkeit sind da nicht gerade förderlich. Wer eine belanglose Abrissbirne für ganz zwischendurch braucht, wird hier gerade noch ausreichend bedient. Ahoi!


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: teilweise ganz nette Optik, wenn auch altbacken
  • Sound: Musik und FX sind soweit in Ordnung
  • Balance: keine unfairen Stellen
  • Atmosphäre: handfestes Ballerszenario
  • Bedienung: reiner Standard, der funktioniert
  • Umfang: ganze 7 Level (das war Ironie)
  • Leveldesign: hier gibt es nichts zu vermelden
  • KI: schön aggressiv
  • Waffen: eine handvoll Standardwummen
  • Handlung: typischer und konstruierter Actionaufreißer
  • Grafik: abwechslungsarm, maximal 1280 x 1024er Auflösung
  • Sound: fieser Soundbrei in den Videos, Sprecher eintönig
  • Balance: ...wie auch bei dem Anspruch
  • Atmosphäre: Unterwasserstimmung kommt kaum auf
  • Bedienung: Trägheit durch Tempoarmut
  • Umfang: ganze 7 Level, die eher kurz ausfallen
  • Leveldesign: linear, ideenlos, unmotivierend, unglaubwürdig
  • KI: aber auch schön blöd
  • Waffen: die sich in ihrer Wirkung stark ähneln
  • Handlung: ohne Höhen, Tiefen und Spürbarkeit im Spiel

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 5, weniger als 10 Stunden



Kommentare(10)
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