Amnesia 2- von Kaktusfrüchten und Schweinereien

Oh Adler- Kaktusfrucht.... steh uns bei! Ja genau.. wie bitte?  Genau das ist mein vorweggenommenes Fazit zu Amnesia 2.Eben dieser Titel macht es mir...

von bigboulder am: 17.09.2013

Oh Adler- Kaktusfrucht.... steh uns bei!

Ja genau.. wie bitte?  Genau das ist mein vorweggenommenes Fazit zu Amnesia 2.Eben dieser Titel macht es mir nicht leicht.Er macht es mir sogar in mehrfacher Hinsicht nicht leicht.Zum einen ist da die kryptische Story, die man kaum Spoilerfrei erzählen kann und zum anderen ist es das Spiel selbst.         

Hätte, wäre, sollte, könnte. Ach es ist zum verrückt werden!

Wo fange ich nur an?

Doch am besten von vorne!

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Am Anfang waren die Orbs.

Amnesia! Du kleiner aber fast schon heiliger Gral des Indiehorrors. Du warst der Maßstab für diesen Nachfolger. Ein großes Erbe. Eine große Last.

(Für alle die Amnesia nicht gespielt haben, empfehle ich mein Review diesbezüglich).

Amnesia: The dark descent hat damals  die Messlatte für mich was Horrorgames angeht,  ein ganzes Stück nach oben versetzt. Mit cleverem Dauerterror, tollen Soundeffekten, einer intelligenten und tiefgehenden Story und ansprechenden Rätselpassagen ist es für manche nachwievor der atmosphärische Genreprimus. Frictional Games hatte es geschafft!  Hatten die Schweden doch mit der Penumbra Reihe schon gezeigt, wie gut sie das Horrorgenre beherrschen, war Amnesia das Sahnestück ja quasi die Kür ihres bisherigen Schaffens. Umso verwunderter war ich als es hieß, dass The chinese room nun die Fortsetzung entwickeln werden. Deren Erstlingswerk war die Neuauflage des Dear Esther - Mods für Half Life 2. Alles in Allem ein gelungenes multimediales Experiment was Storytelling angeht. Aber in meinen Augen kein „echtes“ Spiel, da es einfach keine anderen Gameplayelemente außer „gehen“ und „umschauen“ gab.       Aber nun ja, atmosphärisch war Dear Esther allemal.              Also gab ich Amnesia 2 und The chinese room eine Chance.

Sobald das Spiel beginnt fühlt man sich als alter Amnesia - Hase sofort heimisch. Gleiche Engine, gleiche Optik, gleiche Spielmechanik. Man erwacht als Großindustrieller Oswald Mandus in seinem Bett und hat nicht den blassesten Schimmer was geschehen ist. Beim Erkunden der heimischen Villa wird dem Spieler auch schnell klar das etwas nicht stimmt.Wo sind die Bediensteten? Wo sind die von Oswald erwähnten Kinder? Was versursacht die gespenstischen Geräusche? Auf all das, so scheint es anfangs, wird Amnesia 2 uns eine Antwort geben und genau das trieb mich immer weiter voran.

Meine Kinder rufen mich und ich folge ihnen. Auf den Dachboden, in den Keller und auf das Firmengelände der Mandus- Schlachterei. Das Spiel füttert mich mit gefundenen Sprachaufzeichnungen, Telefongesprächen und Notizen und auch mit Oswalds gelegentlichen inneren Monologen und Flashbacks. Das gefundene Material erzählt eine schaurige und kryptisch anmutende Story um Verlust, Schuld und Wahnsinn.


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War die Story in The dark descent auch komplex und vielschichtig, so war sie aber  zu keiner Zeit wirklich unverständlich oder bis zum Ende hin kryptisch. Doch wie man schon vermuten konnte, so liebt der Mann hinter the chineseroom „Dan Pinchbeck“ es nun einmal gerne kryptisch und interpretationswürdig. Genauso wie das Erstlingswerk Dear Esther bleibt einem in Amnesia 2 nichts übrig als das gespielte hinterher zu analysieren und zu interpretieren. Was war gespielte Realtität? Was spielte sich nur im Kopf des Protagonisten ab? Ich habe zwar auch genug Theorien dazu aber keine eindeutige Antwort. Ich persönlich bin eher der Freund von klaren Verhältnissen in solchen Storylines. Ich forsche gerne nach und setze Puzzlestückchen zusammen. The dark descent hat mich dahingehend sogar belohnt. Ich konnte die Vorgeschichte, die Seitenarme der Story um den Priester und Agrippa zum Beispiel nahtlos zusammenfügen. Das alles ergab ein Ganzes und schlussendlich eine sinnvolle Story. In  Amnesia 2 hat es mich genauso verlockt alle Dokumente zu finden und das Puzzle zusammen zu setzen. Allerdings waren diese kürzer und auf nur max. zwei Handlungsstränge beschränkt. Am Ende hat es mir leider kaum etwas gebracht. Ich sitze in meinem Bürosessel während der Abspann läuft und komme mir doch etwas veräppelt vor.

Ich dachte dies wäre Amnesia 2 und nicht Dear Esther 2. Ich wollte mehr über die Orbs erfahren und was es dann konsequenter Weise auch mit dem namenlosen Schrecken  auf sich hat. Stattdessen habe ich mehr Fragen als Antworten bekommen.

Für sich genommen ist die Geschichte von Amnesia 2 wirklich erzählenswert und gut durchdacht. Sie treibt einen an erfahren zu wollen, was nun der Sinn hinter dem Erlebten war. Doch auf eine befriedigende Pointe muss man leider verzichten können.


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Lämpchen leuchte! Geh nicht aus!

Genau diesen Satz habe ich so oft in the dark descent wiederholt. Immer war ich dankbar für jeden Tropfen gefundenes Lampenöl und jede Packung Zündhölzer. Doch Vorsicht! Im Licht war man nur allzu leicht ausfindig zu machen. Licht und Feuer waren ein zweischneidiges Schwert. Das Element das einen vor dem Wahnsinn bewahrte und einem den Weg durch das Labyrinth des alten preußischen Schlosses wies, war gleichzeitig für den Gegner Anreiz und Indiz uns aufspüren zu können.

Das alles braucht ein Oswald Mandus nicht mehr. Alles ist elektrisch, sogar die Lampe welche man mit sich herum trägt. Ob das Anno 1899 wirklich möglich war möchte ich übrigens stark bezweifeln. Ganz ohne Energiequelle leuchtet nunmal keine Lampe und das auch 2013 nicht. Hier wurde also schonmal ein Gameplayelement, das für Amensia prägend war und einen Großteil der Spannung ausmachte einfach so gestrichen. Okay dachte ich mir. Vielleicht wurde einfach nur der Schwerpunkt verlegt. Vielleicht muss man nun andere Energiequellen im Haus wie Stromgeneratoren anwerfen. Aber solche Wunschpassagen, kommen wenn überhaupt erst gegen Ende des Spiels vor. Also sammle ich weiter Dokumente, suche Schalter und öffne jede Menge Türen und Schränke. Doch viele davon haben nun ein Schloss und lassen sich gar nicht mehr öffnen. Noch nicht einmal alle Gegenstände lassen sich von mir aufnehmen und betrachten. Apropos, gab es dafür nicht früher mal für bestimmte wichtige Gegenstände ein Inventar? Genau! Aber das ist alles Geschichte. Das alles musste wohl für die Entwicklung und den Fokus auf die eben erwähnte kryptische Geschichte weichen. Das dabei aber so viel Potential verschenkt wurde, kann ich immer noch kaum fassen.


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Grusel oder Horror?

Während die erste Partie Amnesia zu einem der größten nervlichen Herausforderungen gehörte, so ist Amnesia 2 höchstens eine kleine Schaudergeschichte. Das Meiste wird nur angedeutet aber nie wirklich offenbart. Nur beschrieben aber nicht gezeigt. Während man in the dark descent alle bösen Folterwerkzeuge und deren Gebrauch in Flashbacks auf grauselige Weise beigebracht bekam, so bleiben einem in Amnesia 2 die achso widerlichen Details erspart. Sehr Schade. Den mehr als eine bedrückende Atmosphäre mit ein zwei „Jumpscares“ sollte es dann auch nicht geben. Wurde man in The dark descent noch von der Dunkelheit und den Monstern darin noch in den Wahnsinn getrieben das es einem schwummerig wurde und sich das Bild verzerrte, so lassen sich nun die spärlich auftretenden Gegner in aller Ruhe betrachten und ausspähen. Bis auf ein gelegentliches Keuchen und gelegentliche Nebengeräusche ist es eher still in Amnesia 2. Dauerterror und Angstzustände ade. Zwar ist die Entstehungsgeschichte der gegnerischen Kreaturen diesmal besser erzählt als noch im Vorgänger, jedoch sehen diese eher bemitleidenswert als schaurig aus.  A machine for pigs ist hier eher ein Gruselspiel als ein Horrorthriller geworden. Zwar schwingt das subtile Grauen welches nicht zuletzt das Gelesene mit dem Gesehenen verknüpft immer mit. Auf das schaurige, nervenzerfetzende Niveau des ersten Teils kommt es aber aufgrund der starken Zensur von Effekten und Erzählweise aber bei Weitem nicht.


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Getüftelt wird woanders!

Tja und wenn man keinen Inventar und auch sonst kaum etwas zu tun hat, dann wird es wohl auch nicht mehr viel zu tüfteln geben. Mehr als ein paar Hebel und Schalter lässt uns Amnesia 2 nicht umlegen. Selbst in einem mittelalterlichen preußischen Schloss gab es mehr zu reparieren und zu tüfteln als in einer achso komplexen dampfbetriebenen Anlage aus der Zeit der industriellen Revolution. Genau hier schießt sich A machine for pigs abermals selbst ins Knie. Wir müssen quasi als Hauptquest, eine sabotierte und als ziemlich komplex beschriebene Maschine wieder in Stand setzen. Aber was wir letztendlich tun hätte ein sechsjähriger ohne Probleme hinkriegen können. Schlimmer ist nur noch das es aufgrund des fehlenden Inventars, gefundene Sicherungen und ähnliche Reparaturhilfen per Hand zu seinem Bestimmungsort tragen müssen. Einen noch deutlicheren Rückschritt was das Gameplay angeht, hätte The chinese room gar nicht offenlegen können. Ja viele der von Fans selbst erstellten Geschichten für The dark descent, nutzen die ursprünglich vorhandenen Gameplayelemente des Originals  wesentlich kreativer und reichhaltiger aus, als der Entwickler des offiziellen Nachfolgers. Ein Armutszeugnis.


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 Sequel? Nachfolger? Namensvetter?

Ja was genau ist Amnesia 2: A machine for pigs eigentlich? Ich würde sagen es ist ein Sequel. Es nimmt zwar auf keine Hauptpersonen aus The dark descent direkt Bezug, allerdings knüpfen die Storyelemente des ersten Teils teilweise nahtlos an seinen Vorgänger an. Mehr will ich auch gar nicht verraten. Rein von der Spielmechanik und des Spielerlebnisses her ist A machine for pigs seinem grandiosen Vorgänger in keiner Weise ebenbürtig. Dafür wurde der Fokus viel zu sehr aufs Storytelling und viel zu wenig auf das eigentliche Spiel selbst gelenkt. Somit gab es einen Kompromiss, für den aus meiner Sicht gar kein Anlass bestand.

 

Fazit:

Ach ja Amnesia 2. Ich hatte meinen Spaß mit dir aber doch hinterlässt du so einen bitteren Nachgeschmack. An deines Vorgängers Stärken gemessen, bist du nicht viel mehr als ein mageres Gameplayskellett mit einer gut erzählten Story welche nicht befriedigend endet.

Was hätte dieses Szenario nicht alles hergegeben. Hätte nur Dan Pinchbeck lediglich  die Story geliefert und Frictional die Umsetzung übernommen. Was hätte man nicht aus dem Vorhandenen machen können!  

Hätte, wäre, sollte, könnte. Ach es ist zum verrückt werden!

So bleibt Amnesia 2 eine nette gruselgeschichte zum selberspielen, welche mit dem grandiosen Vorgänger wirklich nur den vorderen Namenstitel gemeinsam hat.


Wertung
Pro und Kontra
  • - Gruselige Atmosphäre
  • - Gute Soundkulisse und toller Soundtrack
  • - Vielschichtige und durchdachte Story
  • - Muss sich vielfach dem Vorgänger geschlagen geben
  • - Wenige Gameplayelemente
  • - Kein The dark descent Horrorfeeling mehr
  • - Kaum Herausforderungen

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

zu leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Weniger als 5 Stunden



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