Abenteuer mit dem Fähnlein Fieselschweif

In vielerlei Hinsicht kann man 'Dragon Age: Inquisition' als gelungenes Spiel bezeichnen: technisch gibt es nach meinem Dafürhalten an DAI nichts zu...

von Hans_W am: 03.02.2015

In vielerlei Hinsicht kann man 'Dragon Age: Inquisition' als gelungenes Spiel bezeichnen: technisch gibt es nach meinem Dafürhalten an DAI nichts zu bemängeln. Und Spaß macht die Sache im Großen und Ganzen auch.

Nur gelingt Bioware nicht der ganz große Wurf, denn vieles, was Bioware-Spiele sonst zu einem außergewöhnlichen Erlebnis macht, gelingt bei DAI nicht.

Zwar ist die Spielwelt mit ihren unterschiedlichen Fraktionen, den gezeigten Charakteren und ihren Motiven durchaus interessant, glaubwürdig und stimmig, doch wirkt die Mittelalter-Fantasywelt an anderer Stelle zu demokratisiert und zu amerikanisiert. Da ist auf der einen Seite ein feudales System mit erblichen Machtansprüchen; dann wiederum scheinen die Menschen, die in diesem System leben, ein sehr aufgeklärtes Verhältnis zu religiösen Fragen als auch zur Frauen-Emanzipation und anderen Themen zu haben, die erst durch Entwicklung und Verfeinerung wissenschaftlicher Methoden überhaupt eine andere Betrachtungsweise als die religiöse zulassen. So wirken manche Personen oder Gespräche aus der Zeit gefallen.

Das Hauptproblem des Spiels besteht jedoch darin, dass sich Bioware wohl dachte: Wenn wir das Spiel möglich voluminös aufblasen, wird schon jeder etwas finden, das ihm gefällt und ihn zum Weiterspielen motiviert. Nur was nutzen rund ein Dutzend Begleiter und Berater, mit denen man sich anfreunden soll, wenn jene blass und ununterscheidbar sind? Da wäre es durchaus besser gewesen, auf eine kleinere Zahl zu setzen, diese aber besser in die Handlung einzubetten und ihnen charakterlichen Tiefgang zu verpassen.

Generell scheint diese Inquisition, welcher der Spieler als Inquisitor vorsteht, ein recht biederer Pfadfinderhaufen zu sein. Das Umfeld des Inquisitors besteht ausschließlich aus 'guten' und entsprechend langweiligen Personen, deren befremdlich wirkende Eigenheiten darin bestehen, dass sie mit ihren pubertären Anwandlungen nicht zurecht kommen oder von in der Vergangenheit begangenen Fehlern eingeholt werden. Ein Aufgabenfeld des Inquisitors besteht also in der Therapie seiner mental angeschlagenen Begleiter (was vor dem Hintergrund des drohenden Weltuntergangs noch skurriler erscheint). Manche dieser Doktor-Sommer-Gespräche sind nur mit einem gerüttelt Maß an Humor (oder unter Alkoholeinfluss) erträglich. Da werden Fragen erörtert wie: Soll die Inquisition alles anders oder lieber alles besser machen? Oder man erfährt, dass nicht alle Tevinter-Magister nur böse und machtbesessen sind - manche sind zudem schwul. Oder eine Frage wird geklärt, die schon seit Dragon Age 2 von manchem Spieler schlaflose Nächte fordert: Warum Varrics Armbrust den Namen Bianca trägt. Gähn!

Überhaupt: Dieser Inquisitor ist sowas wie der Bundespräsident der Inqusition: Er darf repräsentieren und zu allem seinen Senf geben, aber letztlich interessiert es die Untergebenen herzlich wenig: Sind sie anderer Meinung, dann läuft es häufig auch anders. Im späteren Verlauf wird dem Inquisitor sogar eine Beraterin vorgesetzt, die - selbst wenn er sie vehement ablehnt - dem Inquisitor auf Schritt und Tritt folgt und mit selbstherrlichen Kommentaren auf die Nerven geht. Mit den Entscheidungen, die man trifft, ist nicht die Absicht verbunden, dem Ziel - der Weltenrettung - näher zu kommen. Nein, man entscheidet sich für oder gegen eine Sache, um Sympathiepunkte von langweiligen Begleitern zu sammeln, welche dann beim Knacken der Highscore für eine Bettgeschichte bereitstehen (die Weltenrettung kommt automatisch als Bonus drauf).

Also durchstreift man mit drei Begleitern (Tick, Trick und Track) die sehr hübsch und detailreich gestalteten Landschaften und Dungeons, löst meist rollenspieltypische Aufgaben, um sich Sticker auf die Schärpe zu nähen und bei Stufenaufstieg Talentpunkte zu verteilen. Das gab es alles schon und teilweise auch besser.

Sehr gelungen finde hingegen ich das flüssig von der Hand gehende Kampfsystem, das vielfach kritisiert wurde.


Wertung
Pro und Kontra
  • Sowohl Grafik als auch Vertonung sind hervorragend
  • Gelungene Präsentation der Handlung
  • Weitläufige und vielfältige Spielwelt
  • Unkompliziertes Kampfsystem
  • Crafting gut gelöst
  • Schwache Charaktere
  • Entscheidungen nur vordergründig von Bedeutung

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 100 Stunden



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