Vielfältige Globalstrategie mit Fantasie

Einleitung Als im August 2010 Elemental: War of Magic herauskam und mit vernichtenden Kritiken belegt wurde, gab der Entwickler Stardock allen...

von Xenotone am: 23.05.2013

Einleitung

Als im August 2010 Elemental: War of Magic herauskam und mit vernichtenden Kritiken belegt wurde, gab der Entwickler Stardock allen enttäuschten Käufern ein großes Versprechen: "Wir werden zwei Erweiterungen herausbringen und ihr werdet sie kostenlos erhalten!" Nach der tollen Zwischenetappe mit dem Erscheinen von Fallen Enchantress im letzten Jahr, hat Stardock sein Versprechen mit Legendary Heroes eingelöst und der hier schreibende Rezensent ist immer noch verblüfft ob dieser fantastischen Geste; Denn wenn er das Spiel nicht umsonst bekommen hätte, er würde es direkt bei Steam kaufen, so gut ist es geworden.  

Story

Als Rundenstrategiespiel im Fanatsy-Szenario wird erzählerisch naturgemäß nicht allzu viel geboten. Trotzdem gibt es eine recht ausgeklügelte Hintergrundgeschichte, die man sich mithilfe von Info-Texten zu Einheiten und Technologien bruchstückhaft erschließen kann: Die Welt von Legendary Heroes wurde nach einer Katastrophe zerstört - mächtige Titanen übten wie im mythologischen Griechenland einen Aufstand - und die nun aufstrebenden Herrscher und Fraktionen müssen die alten Künste wiederentdecken und die geschundene Landschaft zivilisieren.

Das Spiel bietet hierbei ein vorgefertigtes Szenario, das an die Geschichte von Fallen Enchantress anschließt und vor allem dazu dient, die grundlegenden Spielkonzepte und Besonderheiten der Welt zu erklären. Nach ca. 10-12 Stunden ist man am Ende angelangt und sollte hoffentlich dafür gewappnet sein, den eigentlichen Kern des Spiels zu entdecken - der umfangreiche Sandbox-Modus.

 

Gameplay

Hoffentlich ist hierbei das Schlagwort, denn das Spiel macht es neuen Spielern trotz Szenario und Tutorial nicht wirklich einfach, die komplexen Spielmechaniken zu ergründen. Immer wieder kleinere Haken wird man auch dann erleben, wenn man mit der UI umgehen muss und sie nicht immer ganz verständlich ist oder Dinge nicht so ausführt, wie man das eigentlich wollte.

Als klassisches 4X-Spiel lässt man den Generator mithilfe verschiedener Einstellungsmöglichkeiten eine vorgefertigte oder zufällig zusammengebaute Welt kreieren, die man erforschen, besiedeln und schließlich erobern muss. Das Gameplay ist dabei ein genauer Querschnitt aus Civilization, was die strategischen Elemente wie Städtebau, Forschung und Diplomatie, und Heroes of Might and Magic, was die taktischen Komponenten wie Heldenentwicklung, Armeemanagment und Kampf betrifft. Im Vergleich zum offensichtlichen Vorbild Master of Magic ist allerdings die Magie nicht DER klare Hauptfokus des Spiels, sondern Teil der ganzen strategischen Möglichkeiten. Man kann also die Gegner mit seinen Armeen niederringen und dabei den magischen Bereich komplett links liegen lassen.

 

Präsentation

Auf graphischer und soundtechnischer Ebene reißt das Spiel wahrlich keine Bäume aus. Die Musik ist ganz nett aber nichts Besonderes, die Soundkulisse ist ok, könnte allerdings ein bisschen fülliger sein. Die Welt ist relativ abwechslungsreich was der Stil von Regionen betrifft - es gibt saftige Wälder, dürre Wüsten und klirrende Eisfelder, usw. - und kann mit machen Effekten überzeugen, allerdings fühlt sie sich generell etwas steril an. Wirklich unschön ist das Figurendesign, allen voran die unförmigen Gesichter der Einheiten und Helden, was der generellen Polygonarmut geschuldet ist.

Nur in einem Bereich bietet das Spiel etwas Herausragendes, nämlich die wunderschöne Stoffkarte die aktiviert wird, wenn man weit genug herauszoomt. Sie ist nicht nur hübsch sondern auch hilfreich, wenn man sich einen großen Überblick über Monster- und Ressourcentypen in der Umgebung verschaffen will.

 

Strategie

Siedlungen können nur auf fruchtbarem Boden gebaut werden, der mit den Ressourcen-Icons für Getreide (Wachstum), Materialien (Baugeschwindigkeit) und Essenz (Magiefähigkeit) die potentielle Produktivität anzeigt. Im Gegensatz zu Civilization zählt hierbei nur das unmittelbare Feld, das besiedelt wird; Das Spiel berechnet automatisch alle Nebenfelder mit ein. Die neuen Siedlungen können in 5 Stufen nahrungsabhängig aufsteigen und sich so zu Konklaven (Forschung), Festungen (Armeen) und Städten (Ökonomie) weiterentwickeln, was wiederum spezielle Bauwerke freischaltet. Diese Dreiteilung findet sich ebenso in der Forschung wieder, die in den drei Bereichen Zivilisation, Kriegskunst und Magie neue Technologien freischaltet. Essentiell ist dabei die Ausbreitung des eigenen Einflussbereichs nicht nur anhand von Städten, sondern auch von Außenposten, mit deren Hilfe man wichtige Ressourcen wie Metall, Kristall und Pferde auch dann produzieren kann, wenn kein geeigneter Platz zum Besiedeln vorhanden ist.

Mit der Zeit trifft man auf die anderen Fraktionen und kann über ein Diplomatiemenü Ressourcen und Technologiepunkte austauschen oder Nicht-Angriffspakte und Allianzen schließen. Das Gebotene ist dabei reiner Standard und die KI verhält sich nicht immer nachvollziehbar; Hier muss noch auf alle Fälle daran gearbeitet werden, gerade wenn man die Möglichkeiten von zb. Galactic Civilizations 2 im Vergleich sieht.

Die Besonderheit von Legendary Heroes ist, dass man eben nicht wie in Civilization nur gegen andere Fraktionen antritt, sondern auch gegen die unmittelbare Welt. Diese ist von Beginn an gefährlich und wird von neutralen Kreaturen bevölkert, die in ihren Behausungen leben, teils umherwandern und meistens gute Erfahrungspunkte, Beute und begehrenswerte Plätze zum besiedeln abgeben. Man wird also schon direkt am Anfang einer Partie gefordert und muss sich gut überlegen, wann man welche Monstergruppen ausschalten sollte, denn auch sie können die mühsam aufgepäppelten Städte überrennen und bis auf die Grundmauern niederbrennen.

Taktik

Der Grundstock an Einheiten für eine Armee sind reguläre Truppentypen, die in den Siedlungen trainiert werden und deren Equipment und Fähigkeiten anhand eines Baukastens individuell angepasst werden können. Sie steigen nach genug Kampferfahrung auf, erhalten dadurch aber nur mehr Treffsicherheit und Lebenspunkte. Zusätzlich kann man ihnen für genug Gold und Ressourcen neue Waffen anlegen, Rüstungen spendieren und die Truppenstärke erhöhen, falls die entsprechende Technologie erforscht wurde.

Umfangreicher und komplexer gestalten sich da die Helden, die auf dem 2. Level eine von 5 Spezialisierungen wählen (Assassine, Verteidiger, Commander, Magier, Krieger) und in einem Levelbaum passive und aktive Traits freischalten. Ein Assassine kann dann nach genügend Aufstiegen die Verteidigung einer gegnerischen Einheit komplett ausschalten, ein Magier kann ein Feuerelementar herbeirufen und ein Commander kann sogar dem ganzen Reich ökonomische Boni wie mehr Forschungspunkte verleihen. Die Helden sind auch die einzigen Einheiten, die ihr Equipment an Waffen, Rüstungen und Accessoires wie in einem Rollenspiel auswählen und auf der Karte verteilte Quests angehen können. Für deren Erledigung erhält man besonderes Equipment und Zaubersprüche oder sogar legendäre Helden, wie Mausolos, ein mechanisches Konstrukt mit Verteidigerqualitäten oder Ascian, ein magischer Panther mit scharfen Krallen. Der Hauptweg um an neue Helden zu kommen ist allerdings Ruhm, den man durch das Zerstören von Monsterbehausungen, dem Erledigen von Quests und dem Bau von bestimmten Gebäuden anschafft. Bei dem Erreichen bestimmter, exponentiell steigender Schwellen kann man sich dann von zwei Helden einen aussuchen, der sich eurem Reich anschließt.

Sowohl reguläre Truppen als auch Helden mit deren besonderen Fähigkeiten kann man in den taktischen Kämpfen befehligen. Die Reihenfolge wird durch einen Initiative-Wert bestimmt, der durch angelegtes Equipment und andere Faktoren ermittelt wird. Somit kann es passieren, dass eine schnelle Einheit gleich mehrmals ziehen kann, bevor der langsame Gegner dran ist. Alle Waffentypen haben neben anderen Boni inhärente Spezialangriffe. Mit einer Axt erwischt man gleich 3 angrenzende Gegner auf einmal, mit einem Speer kann man einen Gegner durchbohren und eine dahinterstehende Einheit treffen, usw. Immer zu bedenken ist dabei, dass angrenzende freundliche Truppen der angreifenden Einheit additive Boni bezüglich Angriff und Trefferwahrscheinlichkeit verleihen. Die Positionierung der Truppen spielt also gerade zu Beginn einer Partie eine große Rolle und es lohnt sich immer, gegnerische Einheiten möglichst einzukreisen - die können das nämlich auch. Grundsätzlich laufen die Kämpfe aber ziemlich schnell ab und bieten einen eher moderaten taktischen Anspruch; Neben Positionierung und Spezialfähigkeiten der Waffen und Helden gibt es keine erweiterten Elemente wie Terrain-Modifikatoren, Moral oder Sichtlinien. Die Kämpfe sind als kurze Happen zwischendurch gedacht und bieten wenig Futter für engagierte Taktiker.

Schlussbetrachtung

Legendary Heroes ist ein großes Spiel mit sehr vielen kleinen ineinander greifenden Teilen. Was im Großen sehr gut funktioniert und viel Spaß macht, kann manchmal im Kleinen fehlerhaft sein oder nicht so funktionieren, wie man es gerne hätte. Es gibt natürlich Bugs und es gibt natürlich noch Probleme mit der Performance. Die KI macht ihre Sache gut, aber es ist noch viel Platz nach oben, so dass sie auch ohne massive Boni gegen strategie-erfahrene menschliche Spieler ankommen kann. Die Diplomatie und vor allem die taktischen Kämpfe bieten interessante Möglichkeiten, aber sie werden eventuell nicht genug sein für diejenigen, die beide Aspekte als Hauptfokus in solch einem Spiel sehen und die sich dort tief einarbeiten wollen. Das Spiel punktet vor allem in der Globalstrategie.

Man kann es 100 Stunden spielen und bekommt teilweise immer noch äußerst ungewöhnliche Spielerlebnisse; Die vielen Einstellungsmöglichkeiten bezüglich der Beschaffenheit der Welt, des eigenen Herrschers, der Fraktionen, Einheiten, Helden und der zufallsgenerierten Karten will ich hierbei als DEN starken Punkt von Legendary Heroes herausstellen. Zusammen mit der aktiven Moddercommunity kann das Spiel auf lange Zeit interessante Herausforderungen bieten.

Zur Vollständigkeit: Das Spiel ist ein reines Singleplayerspiel und bietet KEINEN Multiplayermodus. Der Entwickler sucht aktiv nach Möglichkeiten, in der Zukunft einen hinzuzufügen, dies wird aber noch sehr lange dauern, falls es soweit kommt. Zudem ist es derzeit nur in englischer Sprache zu erwerben.

Legendary Heroes gibt es für 30€ auf Steam bzw. 15€, falls man bereits im Besitz von Fallen Enchantress ist.

Eine sehr ausführliche Video-Rezension mit bewegten Bildern findet ihr hier:

http://www.youtube.com/watch?v=kHf9YaC1-8o


Wertung
Pro und Kontra
  • viele Einstellungsmöglichkeiten bezüglich Kartenerschaffung
  • Herrscher, Fraktion und Einheiten kann man selbst erstellen
  • komplexe Globalstrategie mit Städtebau, Forschung und Ressourcenmanagment
  • starke Rollenspielanleihen mit Quests, Items und Helden
  • die Welt mit ihren Monstern als gefährliche neutrale Fraktion
  • viel zu entdecken, viel zu tun
  • hübsche und hilfreiche Stoffkarte
  • Diplomatie nicht wichtig, Fraktionen agieren teils chaotisch
  • KI-Probleme (teils sinnlose Armeen, Zauber/Fähigkeiten, wählt Gebäude nicht gut)
  • vereinzelt (Balance)-Bugs bezüglich Quests, Traits, Zaubern
  • Performance-Probleme im späteren Spielverlauf
  • UI etwas hölzern
  • kein Multiplayer

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 100 Stunden



Kommentare(1)
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