Die Russen kommen!

In diesem fiktiven Szenario bleibt die Berliner Mauer bestehen. Stattdessen entfacht Russland '89 einen Krieg mit Westeuropa. Durch die NATO ist auch die USA...

von - Gast - am: 22.02.2009

In diesem fiktiven Szenario bleibt die Berliner Mauer bestehen. Stattdessen entfacht Russland '89 einen Krieg mit Westeuropa. Durch die NATO ist auch die USA involviert, was sie militärisch in der Heimat schwächt. Die Kommunisten nutzen diesen Umstand aus und erstürmen parallel die Westküste...

Ich bin kein Freund von Strategie-Spielen. Sämtliche mir bekannten Vertreter sind zu abstrakt, bürokratisch und technisch im Spielablauf, bis ich zufällig an eine Demo von WiC gelangt bin. Das Gameplay ist tatsächlich eher einfallslos und wird Hardcore-Strategen nicht überzeugen, wenn selbst ein Shooterboy wie ich das Ding in ein paar Stunden durchzockt. Es geht lediglich darum Punkte zu erobern und zu halten, was manchmal in Monotonie ausartet. Es gibt kein Ressourcen-Management, Basenbau oder sonstige komplexe Planspiele. Dafür wird das Szenario mit einer unerwarteten Intensität erzählt, dass einem schlicht die Spucke wegbleibt!
In den absolut großartig inszenierten Zwischensequenzen ist man bemüht nicht übermäßig mit gängigen Hollywood-Kriegsfilm-Klischees zu arbeiten und fügt ständig neue Ideen hinzu, die WiC davor bewahren im Pathosbrei unterzugehen. Stattdessen entfaltet sich eine aussergewöhnlich emotionale Endzeitstimmung, die besonders in den intimen Momenten glänzt. Das Gespräch unter den Kameraden in einer Panzerkabine kurz vor einem nuklearen Schlag ist da bezeichnend und nur einer der vielen Nackenhaarkitzler. Manche Szenen sind aufwendig gerendert oder vertonte (nicht sonderlich hübsche) Illustrationen, aber meistens gibt es Ausschnitte in Spielgrafik, die einiges aus dem Kalten-Krieg-Setting herauszuholen wissen. Momente wie Einsatzbesprechungen in einer Vorschulklasse oder das Bewundern von 89er High-tech - dem Discman - definieren immer wieder geschickt den Zeitgeist und die Dramatik der Geschichte.

WiC ist nicht nur eines der besterzählten Spiele, das mir bisher untergekommen ist, es erklingen nebenbei auch noch die schönsten Soundtracks! Da wurden keine Kosten und Mühen gescheut: echte Orchestermusik, geschickt platzierte populäre 80er-Hits und Alec Baldwin(!!!) ist ja nicht nur als Schauspieler ein Schwergewicht. Selbst die banalsten Truppenbewegungen werden von ihm aufwühlend beschrieben. Ein echter Coup! Wer sich da die läppische deutsche Synchro antut verdient es auch nicht anders.
Leider kann man sich die Ingame-Sequenzen nicht im 'Cinema'-Menü seperat ansehen. Dort gibt es kurioserweise fast nur die vor jeder Mission auftauchenden vertonten Illustrationen. Sehr schade!
Dabei war alleine die Grafik der entscheidende Grund, dass sich das Spiel überhaupt auf meine Festplatte verirrt hat, und es immer noch vertretbar, was man damit momentan aus aktuellen Grafikkarten herauskitzeln kann. Spektakuläre Explosionen, stufenloses Zoomen, detailliert gestaltete Maps - alles da! Nie fühlte ich mich gottgleicher beim Delegieren der Truppen und selten fühlte ich mich kleiner, wenn man die Schlachten auf Augenhöhe mit den Soldaten erlebt. Es ist immer wieder ein dramatischer Perspektivwechsel aus den Wolken in die Schlachten reinzufliegen. Die dynamische Geräuschkulisse verdeutlicht den Effekt, so sind großkalibrige Waffen ständig zu hören, MG-Salven und Funk z.B. hört man erst in einer bestimmten Nähe. In Sachen Präsentation haben die Schweden da mit Sicherheit Wegweisendes im Action-Strategie-Genre gezaubert. Das behaupte ich mal ruhigen Gewissens, auch ohne C&C und Konsorten jemals gespielt zu haben.

Ein tolles Spiel! Es verleitet mich nicht zu anderen Strategie-Titeln, aber dieser (zu kurze) Ausflug in Gefilde abseits des Shooter-Genre ist definitiv eine Bereicherung! Ich kann 'World in Conflict' jedem ans Herz legen, der sich für Atmosphäre und Story begeistern kann und ebenfalls mal ein paar Truppen schieben möchte, ohne sich mit Zahlenkolonnen, Statistiken etc. herumzuschlagen.


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(1)
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