Auch wenn die bisherigen Titel der Ghost-Warrior-Reihe weder bei Spielern noch Kritikern besonders gut ankamen, lässt Entwickler CI Games nicht locker. Mit Sniper: Ghost Warrior 3 soll alles besser werden - dank einer offeneren Ausrichtung, größerem Umfang und unterschiedlichen Spielstilen.
Nach langer Entwicklungszeit und mehreren Verschiebungen ist Ghost Warrior 3 jetzt erhältlich und ohne zu viel vorweg nehmen zu wollen: Noch eine Verschiebung hätte dem Spiel absolut nicht geschadet.
B-Movie-Flair
Wie seine Vorgänger kommt die Story von Ghost Warrior 3 wenig überraschend nicht über die Qualität eines B-Movies hinaus: Als Elite-Soldat Jon North werden wir in Georgien abgesetzt, um dort die örtlichen Separatistenbanden aufzumischen.
Nebenbei sind wir auf der Suche nach unserem verschwundenen Bruder, der bei einem Sabotageeinsatz - den spielen wir im Prolog - entführt worden ist. Der in vier Akte aufgeteilte Plot lässt sich eigentlich recht schnell unter »als Aufhänger taugt's, zu mehr nicht« verbuchen, zwei Dinge finden wir trotzdem besonders bemerkenswert.
Plumpe B-Movie-Dialoge:Shooter oder Softporno?
Zum einen wäre da die miese deutsche Sprachausgabe, die jede Zwischensequenz gleichermaßen zum Trauerspiel wie humoristischen Highlight macht. Und zum anderen die Tatsache, dass die Ghost-Warrior-3-Geschichte trotz ihrer recht simplen Prämisse spätestens ab dem zweiten Akt verwirrend wird, weil das Spiel mit Namen und Charakteren nur so um sich schmeißt.
Hier taucht mal dieser Bösewicht auf, dort müssen wir dann jenen Schurken verfolgen, Mitglieder von diversen Separatistengruppen sind untereinander verfeindet oder wollen sich ehelichen. Und zwischendurch tauchen verbündete Frauen wie Lydia Jorjadze oder Raquel Shein auf, die allerdings eher durch üppige Oberweiten als durch scharfsinnigen Verstand auffallen - von den tumben Bösewichten ganz zu schweigen.
Spätestens nach dem vorhersehbaren Twist des Spiels im zweiten Akt blicken wir nur noch sporadisch durch, das ändert sich bis zum absolut unspektakulären Finale nach circa zwölf Spielstunden auch nicht mehr.
Offen, aber leblos
Spielerisch verabschiedet sich Ghost Warrior 3 von den Schlauchlevels der ersten beiden Serienteile und setzt auf eine offene Spielwelt. Genauer gesagt sind es drei größere Gebiete, zwischen denen wir allerdings nur innerhalb bestimmter Missionen wechseln dürfen. Große Unterschiede zwischen den Arealen gibt es nicht, Felsformationen, Bäume und einige marode Häuser prägen das Bild.
Nur das zweite größere Areal sticht dadurch hervor, dass Schnee liegt. In diesem Setting gilt es nun, in vier Akten 24 Hauptmissionen und diverse Nebenaufträge zu erfüllen. Als Ausgangspunkt dient in jedem Gebiet ein Unterschlupf, in dem wir neue Aufträge annehmen oder unsere Waffen wechseln.
Auf den Karten der drei großen Hauptgebiete gibt es zudem etliche Fragezeichen-Symbole, die Interessenspunkte. Hier finden wir meist Geld, Crafting-Ressourcen oder Zivilisten, die wir aus der Gefangenschaft von Separatisten befreien müssen. Die leblosen Areale kann das allerdings nicht im Ansatz kaschieren.
Hier und da stolpert ein holprig animiertes Reh durchs Gestrüpp oder ist ein Zivilist am Straßenrand zu sehen. Meist präsentiert sich das georgische Hinterland aber als grau-grün-braune Ödnis ohne Esprit, die wir nur widerwillig durchqueren, um zum nächsten Missionspunkt zu kommen.
Übriggebliebene Interessenspunkte auf der Karte lassen sich nach dem Abspann übrigens noch besuchen, darüber hinaus gibt es bis auf das Ausschalten von 16 besonderen Zielen jedoch nicht wirklich viel in der Spielwelt zu tun, was den Entdeckungsreiz abseits der Hauptmissionen deutlich schmälert. Lediglich ein Durchgang in den höheren Schwierigkeitsgraden lockt, dafür muss man aber seinen Spielstand überschreiben - Sniper: Ghost Warrior erlaubt nur ein Savegame.
Snipen macht Spaß!
Die gute Nachricht: Das Kern-Gameplay - nämlich das Snipen - ist CI Games erfreulicherweise solide gelungen und macht stellenweise sogar richtig Spaß. In vielen Missionen müssen wir zunächst auf eine erhöhte Position kraxeln. Anschließend lassen wir eine Drohne in den Himmel steigen und markieren Gegner im Zielgebiet. Danach passen wir mit zwei Rädchen an unserer Wumme die Distanz und die Zoom-Stufe ein, achten auf den Windeinfluss, halten den Atem an und schicken eine Kugel auf die Reise, die dann im besten Fall effektvoll (die brutal-detaillierte Bullet-Cam ist auch wieder mit dabei) ihr Ziel findet.
Für Anfänger gibt es wie schon in den Vorgängern Zielhilfen, zum Beispiel einen roten Punkt, der anzeigt, wo die Kugel genau landen wird. Auf den höheren Schwierigkeitsgraden fehlen Anzeigen und Hilfestellungen, insbesondere Abschüsse aus mehreren hundert Metern Entfernung fühlen sich dann aber auch enorm befriedigend an. Und auch die Schleichpassagen machen wegen ihrer soliden Mechanik (Gegner lassen sich zum Beispiel durch Steinwürfe ablenken) eine gute Figur.
Die offenere Ausrichtung von Ghost Warrior 3 ermöglicht zudem unterschiedliche Herangehensweisen. Wenn wir zum Beispiel in einem von Feinden besetzten maroden Hotelkomplex eine Zielperson ausschalten müssen, können wir den Burschen entweder mit Fernrohr und Drohne ausfindig machen (Sniper), schwer bewaffnet alles niederballern (Warrior) oder uns durch die Gänge zu schleichen, Kameras hacken und Spuren lesen, bis wir den Bösewicht erreicht haben (Ghost).
Je nachdem, wie wir uns entscheiden, bekommen wir für jede der drei Vorgehensweisen Erfahrungspunkte, die wir dann auf drei recht rudimentäre Talentbäume verteilen dürfen - zum Beispiel stärkere Heilungsmittel, bessere Sicht oder längeres Atemanhalten. Das sind nette Anreize, große spielerische Auswirkungen haben die Perks allerdings nicht.
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