Gladiator ohne Zähne
Bei den darstellerischen Leistungen gibt es Licht und Schatten: Colin Farrell (Nicht auflegen) als Alexander ist kein zweiter Russell Crowe (Gladiator). Er hat einfach nicht das Charisma, als dass man ihm den heldenhaften Anführer abnimmt, dem tausende Männer blind in die Schlacht folgen.
Die Nebenrollen sind mit prominenten Schauspielern besetzt: Angelina Jolie (Tomb Raider) ist als königliches Miststück Olympias einfach die perfekte Wahl, während Val Kilmer als Alexanders einäugiger Vater Philipp kaum noch wieder zu erkennen ist (übrigens noch dicker als in The Doors).
Psychologisches Seminar
Im Verlauf des Films erschlägt Regisseur Oliver Stone den Zuschauer mit vielen Freud-geprägten psychologischen Erklärungsversuchen, wie der Mensch hinter der Heldenmaske funktioniert. Eine Schlüsselszene ist dabei die Machtergreifung -- durch den gewaltsamen Tod seines Vaters. Alexander vermutet die Schuld bei seiner intriganten Mutter Olympias. Seine eigene Scham darüber, womöglich nicht rechtmäßig auf dem Thron zu sitzen, treibt ihn in die Flucht, zu Feldzügen bis ans Ende der Welt.
Weit von seiner Heimat entfernt, an den Rändern des persischen Imperiums in Baktrien, heiratet Alexander Roxane, die Tochter des dort unterlegenen Herrschers. Diese Frau erweist sich aber als fader Abklatsch seiner Mutter.
Stone sieht die Bisexualität Alexanders nicht als Tabu: Der junge Eroberer spricht ganz offen mit Jugendfreund und Kampfgefährte Hephaistion über seine Gefühle und winkt des Öfteren mal einen Kammerdiener in seine Gemächer. Eine Bettszene gibt es auch, die ist aber der Frau Alexanders Roxane vorbehalten. Der Regisseur will sein Publikum wohl doch nicht überstrapazieren.
Filmkunst
Oliver Stone legt Wert darauf, dass er das letzte Gefecht in Indien mit echten Elefanten inszeniert hat. In dieser Episode ist vor allem Stones Spiel mit Farben bemerkenswert. Zuallererst sind die Szenen in sehr kalten Tönen gehalten, wohl um Alexanders Entrücktheit zu zeigen. Im Todeskampf Alexanders gegen eine Verletzung ändern sich die Farben zu einem psychedelischen Rot. Der Drang, alles echt wirken zu lassen, hat auch seine Nachteile: An vielen Stellen bekommt der Streifen operettenhafte Züge, wenn an jedem neuen Herrschersitz erst mal eine Tanzgruppe verkitschtes Lokalkolorit versprüht.
Fazit
Alexander wirkt oft sehr voll gestopft und überambitioniert. Von großen Schlachten über psychologische Verstrickungen versucht Stone jedes nur mögliche dramatisch ausschlachtbare Detail in den Film zu quetschen. Es ist aber trotzdem schön anzusehen, wie Oliver Stone seine Hauptperson nicht als prototypischen amerikanischen Helden darstellt, sondern als Mann, der von seinen eigenen Dämonen getrieben wird.
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