Blasphemous ist wahrlich kein Spiel für zarte Gemüter. Die wörtliche Übersetzung des Namens bedeutet so viel wie gotteslästerlich, ruchlos oder frevelhaft. Treffender lässt sich das groteske Erlebnis, dass uns das Indie-Studio The Game Kitchen hier auftischt, aber auch kaum beschreiben.
Der Action-Plattformer bedient sich bekannter christlicher Symbole wie Rosenkränzen, Dornenkronen oder Altären und addiert dazu Monster, die direkt aus der Hölle entsprungen scheinen. Blutrünstige Ministranten mit zu Waffen umgeformten Kerzenständern wollen uns ebenso lynchen wie in Fetzen gekleidete Zombie-Nonnen, die explosive Urnen nach uns schleudern.
Die handgezeichneten Pixelgrafiken sparen nicht an blutigen und ekligen Details und richten sich aufgrund ihrer expliziten Darstellung klar an erwachsene Spieler. Warum die Gottesdiener und Gottesdienerinnen das Gebot zur Nächstenliebe scheinbar vergessen haben, wird schnell klar: Eine mysteriöse Plage namens »The Miracle« ist über das Land Cvstodia hergefallen und hat alle Bewohner mit einem Fluch belegt.
Wir treten als Auserwählter an, um dieser Katastrophe Herr zu werden. Trotz vollvertonter Dialoge (nur in Englisch), animierter Zwischensequenzen und einer guten deutschen Übersetzung wird uns auch nach dem Ende der rund 15-stündigen Kampagne nicht so ganz klar, was uns die Autoren eigentlich erzählen wollen.
Doch das ist weitaus weniger schlimm, als es zunächst klingt. Blasphemous lebt von der Atmosphäre und schmückt seine Welt mit schwülstig formulierten Beschreibungstexten und kryptischen Andeutungen aus. Das lässt viel Freiraum für Interpretation. Wer eine stringente Story erwartet, wird sich dagegen schwertun.
Leitern in die Hölle
Bewaffnet mit dem Ritualschwert »Mea Culpa« machen wir uns als stummer Held auf den Weg. Die Welt ist in mehrere Gebiete unterteilt, die sich von Anfang an nahezu uneingeschränkt erkunden lassen. Nach und nach aktivieren wir Abkürzungen, indem wir stillgelegte Aufzüge reaktivieren oder Leitern in bereits bekannte Gebiete herablassen. Der freien Erkundung stehen jedoch allerlei feindlich gesinnte Kreaturen im Weg.
Bestimmte Areale in der nichtlinearen Welt sind außerdem nur mit speziellen Gegenständen erreichbar. Beispielsweise sorgt das Relikt der »eisernen Lunge« dafür, dass wir unbeschadet durch Giftwolken laufen können. Ein Mangel an Informationen darüber, ob und wo diese Relikte zu erlangen sind, sorgte während unseres Tests oft dafür, dass wir uns stundenlang suchend durch die Welt gekämpft haben, nur um irgendwann aus Zufall auf das Objekt zu stoßen.
Schuld und Tränen
Das Kampfsystem legt einen großen Fokus auf das richtige Timing. Es gilt, gegnerischen Attacken im richtigen Moment mit einem Ausweichmanöver oder einer gezielten Blockaktion zu begegnen. Die aufmerksame Analyse der unterschiedlichen Angriffsmuster ist daher überlebenswichtig. Jeder einzelne Kampf ist fordernd, aber immer fair.
Erlegte Feinde bleiben so lange verschwunden, bis wir den aktuellen Spielstand mit einem Stoßgebet an einem Schrein speichern. Dies regeneriert außerdem unsere Lebensenergie und füllt zusätzlich alle Heilungstränke auf. Bei einigen der visuell beeindruckenden Bosskämpfen gibt es Hilfestellungen von freundlich gesinnten NPC, falls wir das Gespräch mit ihnen suchen und diese Hilfe annehmen wollen.
Nach besonders gelungenen Blockaktionen lassen sich manche Gegnertypen mit einem blutrünstigen »Finishing Move« in ihre Einzelteile zerlegen.
Erfolgreiche Kämpfe belohnen uns mit »Tränen der Versöhnung«, einer Währung zum Verbessern unserer Fähigkeiten und Angriffe. Sterben wir unehrenhaft, verlieren wir einen Teil dieser wertvollen Ressource und werden mit jedem weiteren Tod wortwörtlich mit einer größeren Schuld belastet.
Symbolisiert wird dieses Schuldgefühl des Protagonisten mit einer Verknappung der Energie, die wir zum Ausführen von Spezialattacken benötigen. Um unsere Schuld zu sühnen, gehen wir schlicht an den Ort des Todes zurück und sammeln die dort ruhende Seelenstatue ein. Alternativ können wir unsere Schuld auch mit einem Ablassbrief freikaufen.
In Cvstodia nichts Neues
Das behutsame und langsame Vordringen in noch neue und unerforschte Gebiete fühlt sich verdammt gut an. Kreative neue Feindtypen und Fallen machen uns das Leben schwer und die stimmungsvollen Umgebungsgrafiken sorgen für Abwechslung. Dieser Reiz des Neuen fehlt später aber.
Sind alle Gegner mehrmals gebändigt und alle Räume zum wiederholten Mal auf der Suche nach einem speziellen Item abgegrast, nerven die Laufwege trotz einiger Schnellreiseportale nur mehr. Und die immer gleichen Gegnerkonstellationen stellen keine Herausforderung und damit keinen Spaßgewinn mehr dar. Zur Beendigung des Spiels sind die Sonderfähigkeiten nicht mal zwingend notwendig.
Da alle Feinde nach einem Speichern zurückkehren, ist auch ein Durchrennen durch gefährliche Gebiete oft nur mit einem hohen Risiko möglich. Extrem ärgerlich ist die rudimentäre Karte, die außer dem groben Dungeon-Layout kaum Informationen liefert und markante und wichtige Stellen nicht gesondert kennzeichnet. Wir vermissen eine Notizfunktion, um wenigstens selbst Ziele und Markierungen setzen zu können.
Trotz dieser Mängel im Spielfluss ist Blasphemous ein empfehlenswertes Actionspiel für geduldige Spieler mit Frusttoleranz. Das packende Kampfsystem, gepaart mit einigen herausfordernden Platforming-Sequenzen und der grandiosen Pixeloptik lassen die sadistischen Momente, durch die uns die Entwickler passend zum Thema des Spiels oft quälen, etwas weniger ins Gewicht fallen.
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