Daniel Matschijewskys Jubiläumsrückblick - Nachts in München und Shanghai

In seinem Jubiläumsrückblick erinnert sich Daniel Matschijewsky an Trainee-Castings, den Feierabendverkehr und das ständige Sterben.

Zu meinen (wenigen) Jugendsünden dürfte wohl dieser unsägliche Kinnbart zählen. Zu meinen (wenigen) Jugendsünden dürfte wohl dieser unsägliche Kinnbart zählen.

Mehr als acht Jahre bin ich nun schon Redakteur bei GameStar. Und doch fühlt es sich an wie gestern, als ich – begeisterter Abonnent, der ich einer war – Ende März 2004 die Ausgabe 05/2004 aus dem Briefkasten zog und im Test zu UT 2004 über eine Anzeige stolperte: GameStar sucht einen Trainee für die Redaktion.

Schreiben und Computerspiele? Gleich zwei meiner Hobbies, die ich zum Beruf machen konnte. Ich bewarb mich, ohne große Hoffnung, überhaupt eine Rückmeldung zu erhalten. Doch nur drei Tage später luden mich Markus Schwerdtel und Florian Stangl (damals stellvertretender Chefredakteur) zum Vorstellungsgespräch ein. Wobei es eher ein launiger Smalltalk über aktuelle Spielethemen war. Wiederrum wenige Tage später folgte ein zweites Gespräch – im Casting-Show-Neudeutsch: Recall. Mit Jörg Langer.

Es war das unerbittlichste Vorsprechen, das ich jemals durchleiden musste. Denn Jörg manövrierte mich in diverse Rollenspiele, in denen er unter anderem einen wortkargen Chefentwickler mimte, aus dem ich exklusive Informationen über sein neues Spiel quetschen sollte. 90 Minuten lang redete (und schwitzte) ich mich um Kopf und Kragen. Als ich anschließend nach Hause fuhr, fragte ich mich ernsthaft, was ich da eben verzapft hatte.

Tags darauf rief Markus an und fragte mich, ob ich gut heim gekommen sei. »Bis auf den Münchner Feierabendverkehr ganz gut«, entgegnete ich. Daraufhin er: »Der Münchner Feierabendverkehr wird für dich in Zukunft kein Thema mehr sein.« Ich interpretierte das als Absage. Doch nach einer gnadenlos langen Gedankenpause hörte ich Markus durch das Telefon grinsen: »Du wirst nämlich immer so spät aus der Redaktion kommen, dass der Feierabendverkehr längst weg ist. Du bist angestellt.«

2010 habe auch ich endlich gelernt, wie ein seriöses Portraitbild auszusehen hat. 2010 habe auch ich endlich gelernt, wie ein seriöses Portraitbild auszusehen hat.

In den acht Jahren bei GameStar erlebte ich unzählige denkwürdige Momente. Momente, die ich wohl nie vergessen werde. Etwa meine erste Titelstory, die ich zusammen mit Michael Graf schrieb (er Rome: Total War, ich Dawn of War) und die von Warhammer-40k-Fan Jörg regelrecht zerpflückt wurde. Oder mein erster großer Trip, der mich zu Ubisoft nach Shanghai führte, wo ich die achtseitige Preview zu Splinter Cell: Double Agent innerhalb von nur vier Stunden schreiben musste, weil schon tags darauf die Druckerpressen angeworfen werden sollten.

Zu meinen Highlights zählen auch die allmonatlichen Dreharbeiten von »Die Redaktion«. Sich im Team absurde Ideen einfallen zu lassen und diese dann vor der Kamera in die Tat umzusetzen, ist immer wieder etwas Besonderes. Obwohl (oder vielleicht gerade weil) ich dabei regelmäßig verprügelt, umgeschubst, erschossen oder weggesprengt werde.

Seit rund zwei Jahren ist es nun an mir, unsere Neuzugänge – seien es Trainees oder Praktikanten – an die Hand zu nehmen und in das Leben eines Spieleredakteurs einzuführen. Wie steige ich am besten in einen Artikel ein? Wie sieht ein guter Haupt-Screenshot aus? Und wie verdammt nochmal funktioniert die Kaffeemaschine? Eine spannende Aufgabe. Weil ich mich regelmäßig in unseren neuen Mitarbeitern wiedererkenne. Genau wie sie kam ich einst als blutiger Anfänger zur GameStar – und fand hier meinen Traumberuf.

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