Es ist gut möglich, dass ihr bereits von dem Delfin gehört habt, um den es hier geht.
Er trägt den Spitznamen Delle
und hat in der Region um den beliebten deutschen Küstenort Travemünde bereits im vergangenen Jahr mit Sprüngen im Hafenbecken für Aufmerksamkeit gesorgt, wie auf dem Foto unten zu sehen (via Spiegel.de).
Genau dieser Delfin wurde nun mit Hilfe von Mikrofonen zum Forschungsobjekt von Wissenschaftlern der Universität Süd-Dänemarks. Laut ihrer kürzlich veröffentlichten Studie sind sie dabei auf bemerkenswerte und bislang wohl einzigartige Ergebnisse gestoßen.
Was macht Delle für die Forscher so interessant?
- Es handelt sich um einen der seltenen Solitärdelfine, also um einen Einzelgänger.
- Erstmals entdeckt wurde Delle 2019 in der Nähe von Schottland, die Universität von Aberdeen hat ihm damals den Spitznamen
Yoda
gegeben. Geboren wurde das männliche Tier im Jahr 2007. - Die Mikrofone sollten bei der Klärung der Frage helfen, wie häufig dieser Delfin akustische Signale von sich gibt, obwohl sich meist keine Artgenossen in seiner Nähe befinden, die sie hören könnten.
- Die Untersuchung wurde von dem Team um die Forscherin Olga Filatova im Zeitraum zwischen dem 8. Dezember 2022 und dem 14. Februar 2023 durchgeführt.
Wie es Tieren ergehen kann, die in Delfinarien statt in Freiheit leben, zeigt die Dokumentation Blackfish. Den Trailer dazu findet ihr hier:
Die Messungen der Mikrofone überraschen
Wie man bereits vermuten könnte, sind die Forscher davon ausgegangen, dass der Delfin seine Mittel zur Kommunikation als Einzelgänger nur selten nutzen würde. Doch es kam anders, wie das folgende Zitat über Delle aus dem Abstrakt der Studie zeigt:
Wir erwarteten, dass er in Abwesenheit potenzieller Empfänger nur wenige, wenn überhaupt, kommunikative Laute von sich geben würde. Entgegen dieser Erwartung stellten wir fest, dass der Delfin sehr gesprächig war und in rhythmischen Abständen impulsartige und tonale Laute von sich gab.
Stellt sich nur die Frage: Warum war der Delfin so gesprächig
?
Während es für große Tümmler wie Delle laut den Forschern üblich ist, fütterungsassoziierte Brüllrufe auszustoßen, schließen sie diesen Zusammenhang im Falle der von Delle abgegebenen Laute aus. Der Grund: es fehlten gleichzeitige Echoortungslaute, die Delfine bei der Jagd verwenden.
Stattdessen nennen die Wissenschaftler die folgenden Punkte als mögliche Erklärungen für den häufigen Einsatz seiner Kommunikationsmittel trotz fehlender Artgenossen:
- Es könnte sich um unbeabsichtigte emotionale Signale handeln.
- Die Laute erfüllen eine andere Funktion als die direkte Kommunikation.
- Die Geräusche sind ein Nebenprodukt des angeborenen Bedürfnisses der Delfine nach sozialer Interaktion.
Führt Delle Selbstgespräche?
Man könnte durchaus auf die Idee kommen, dass der Delfin Delle in Ermangelung von anderen Gesprächspartnern seiner Art einfach mit sich selbst spricht. Eine Vorstellung, die die Wissenschaftler am Ende ihres Forschungspapiers auch selbst in Spiel bringen:
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der einsame Delfin häufig Laute produzierte, die typischerweise als kommunikativ gelten, und wir haben keine klare Erklärung für dieses Phänomen. Es ist jedoch erwähnenswert, dass die spontane Produktion kommunikativer Laute in Abwesenheit eines Empfängers, die als »Selbstgespräch« bekannt ist, auch beim Menschen üblich ist [...].
Vielleicht stößt er aber gerade deshalb so viele Laute aus, weil er andere Artgenossen auf sich aufmerksam machen will, was auch die Deutschen Stiftung Meeresschutz als eine denkbare Erklärung nennt.
Sicher wissen können wir es wohl nie. Bis weitere Studien dieser Art bei anderen Solitärdelfinen durchgeführt werden, bleibt außerdem unklar, inwieweit das Verhalten von Delle typisch (oder eben untypisch) für diese Einzelgänger ist.
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