Im Spätherbst 1981 ist die Zeit für Spielemagazine überreif. Das stellt nicht nur Russell Sipe, der Gründer und Chefredakteur der US-amerikanischen Computer Gaming World (CGW), im ersten Editorial Anfang November fest. Diese These wird auch durch den Start weiterer wegweisender Gaming-Publikationen untermauert. Denn nur Tage vorher erscheint unter dem Titel Electronic Games das allererste Videospielmagazin der USA. Und jenseits des großen Teiches debütiert mit Computer & Video Games beinahe zeitgleich das (laut Cover) »First Fun Computer Magazine« in Großbritannien.
Vor diesem dreifachen Urknall finden Spiele nur in schmalen Rubriken allgemeiner Computer- oder Technikmagazine statt, oder sie werden von Spielern für Ihresgleichen in Club-Newslettern und Fanzines besprochen - billig kopierten Heftchen in geringen Stückzahlen. Vor allem der Computer Gaming World sieht man an, dass sie diesem Hobbyisten- und Enthusiasten-Umfeld entspringt: Für 2,75 Dollar gibt's gerade mal 40 Seiten, schwarz-weiß bis auf den Umschlag und mit Inhalten, die unglaublich nerdig sind und ganz nah an den Lesern dran - aber auch den Spielemachern, die begrüßen, dass ihnen endlich jemand eine Bühne bietet.
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In der Erstausgabe sinniert beispielsweise der Strategie-Altmeister Chris Crawford (Balance of Power) über die Zukunft des »Wargaming am Computer« und kommt zum Fazit: »Die Hardware für gute Kriegsspiele ist da. Aber wir haben nicht genügend gute Programmierer, die gute Kriegsspiele schreiben.« Klingt wie Werbung für den Beruf des Entwicklers. Crawford, der regelmäßig Features über Gamedesign in der Computer Gaming World veröffentlicht, hat aber etwas anderes im Sinn: »Ich glaubte, gut informierte Kunden seien wichtig für das Wachstum der Industrie«, erzählt uns der Wargaming-Veteran.
Überhaupt, führt Chris Crawford aus, hätten die frühen Spielezeitschriften das Medium Games enorm vorangebracht, denn sie halfen den Kunden, »die Flops zu meiden. In der Frühzeit war es leicht, Geld zu machen, indem man Müll unters Volk warf. Und wenn ein Kunde sich übertölpelt vorkam, dann zerstörte das sein Vertrauen in die gesamte Industrie.« Ein Entwickler, der sich für die Spielepresse ausspricht? Oh ja, und Crawford ist nicht der einzige.
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Von und für Profis
Neben Crawford kontaktiert Russel Sipe weitere angesehene Spielemacher, die regelmäßig zu seinem Magazin beitragen. Dan Bunten zum Beispiel, der zu diesem Zeitpunkt bereits für ausgefeilte textbasierte Simulationen wie Computer Quarterback oder Cartels and Cutthroats bekannt ist und später das wegweisende M.U.L.E. entwickelt, analysiert unter dem Titel »Real World Gaming« auf zahllosen Seiten seine Kunst und gibt Tipps sowie Denkanstöße für besseres Spieldesign, ohne dabei belehrend zu wirken.
Dagegen kommt Kollege Jon Freeman mit seinen Kolumnen nicht ganz so sympathisch rüber: Ab 1983 nutzt der Mitgründer von Automated Simulations (später Epyx einer der wichtigsten Hersteller der 8-Bit-Ära) die wachsende Reichweite der Computer Gaming World, um sich den Frust von der Seele zu schreiben: »Fünf Jahre als professioneller Spieldesigner ist genug Zeit, um eine lange Liste von Dingen (und Leuten) aufzustellen, die mich an Kunst, Handwerk, Hobby und Geschäft der Computerspiele stören, peinigen und ärgern«, leitet Freeman seine erste Tirade ein, die sich mit Heimcomputer-Klonen populärer Arcadetitel (»ekelhafter Müll«) beschäftigt.
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