Seite 4: Fallout 4 - Der riskante Weg zum Spiel des Jahres

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Es gibt Ladezeiten

Zwischen Innen- und Außenräumen wird es indes je nach Größe der Areale Ladezeiten geben. Zwar haben viele Pressevertreter bisher anders darüber berichtet, uns gegenüber erklärt Pete Hines aber: »Wenn man die Straße entlangläuft, wird es viele Räume geben, in die man ohne Ladezeit hinein kann. An anderer Stelle gibt's dann eine Tür mit kurzer Wartepause. Das hängt wirklich von den Größenverhältnissen ab.« Das ist anhand der üppig gestalteten Innenräume mit eigens berechneten Lichtverhältnissen verständlich, aber trotzdem ein nennenswerter Unterschied zu anderen offenen Welten wie der von The Witcher 3.

Wir wehren uns mit allem, was wir haben: Lasergewehr, Schrotflinte, aufgemotzte Pistole, kämpfen gegen Ghoule und Raider. Wie viel an diesen Schießeisen vorgegeben und wie viel selbst gecraftet ist, können wir in der Hitze des Gefechts nicht beurteilen. Schade eigentlich, dass Bethesda sich nicht noch ein bisschen Zeit nimmt, auf das Crafting-System einzugehen. Schließlich sollen wir aus allerhand sammelbarem Schrott bis zu 700 (!) Erweiterungen für unsere Waffen anfertigen können.

Es sollen Hunderte von Waffenupgrades möglich sein – in der Demo sah man aber vor allem grobe Waffentypen wie Laserknarre und Sniper. Es sollen Hunderte von Waffenupgrades möglich sein – in der Demo sah man aber vor allem grobe Waffentypen wie Laserknarre und Sniper.

Von Zielfernrohren über Mündungsdämpfer, Magazingrößen und Lauferweiterungen soll sich jedes Detail auf einer Skala von handelsüblich bis skurril modifizieren lassen. Die Kombinationsmöglichkeiten, die sich dadurch eröffnen, sind beeindruckend: Wir können einen Sniper-Kolben mit Plasma-Magazin bestücken und so ein Energiescharfschützengewehr zusammenbasteln. Oder einen »gewöhnlichen« Flammenwerfer nehmen und ihn mit Elektrizität betreiben. Ob es wohl auch einen Präzisions-Fatman geben wird?

All das Zeug, das wir für unsere Bastelexperimente brauchen, einfach so am Wegesrand zu finden, dürfte natürlich schwierig werden. Zum Glück können wir in Fallout 4 unsere eigene Basis frei errichten und mit Räumen, Werkbänken und Bewohnern füllen. Doch da endet die Komplexität nicht: Sogar Handelsrouten und Versorgungslinien lassen sich automatisieren - so sichern wir uns einen konstanten Strom an Teilen für die eigenen Kreationen. Davon zeigt Todd Howard auf der Quakecon allerdings nichts, dafür gibt's vor allem eins: Action. Es sind 15 Minuten voller Schießereien, die nur durch eine Schleicheinlage aufgelockert werden. Letztere ist aber so kurz, dass wir kaum Einblicke erhalten, ob es separate Schleichmechaniken oder -skills gibt. Unser Held bewegt sich vorsichtig und geduckt, schaut behutsam um jede Ecke - in der Demo hilft das aber nichts.

Brutal wie nie

Wir werden gesehen, die Schießerei geht weiter. Und die Ballereien sind brutal! Zerplatzende Körperteile, abgetrennte Gliedmaßen - die Gewaltdarstellung ist ähnlich ausschweifend wie das dazu passende Waffenarsenal. Ob wir den Gegner mit einer Nagelkeule auseinandernehmen oder mit einer schneidenden Energiewaffe beharken, das blutige Trefferfeedback wirkt unmittelbar und stimmig.

Fallout-Fazit von der QuakeCon - Alle Infos aus der Präsentation hinter verschlossenen Türen Video starten 10:51 Fallout-Fazit von der QuakeCon - Alle Infos aus der Präsentation hinter verschlossenen Türen

Hier wird deutlich, dass sich Fallout 4 gegenüber den Vorgängern deutlich mehr wie ein echter Shooter anfühlen wird. Zwar gibt's das taktische VATS-System noch, wer allerdings einfach nur zielen und treffen will, fährt damit genauso gut. Während sich die Ego-Ballereien in Fallout 3 noch eher ungelenk anfühlten, ist die Sorge jetzt eher, ob sich Fallout 4 nicht zu sehr in Richtung Action-Spiel entwickelt.

So haben viele Fans bereits kritisch angemerkt, dass bei VATS die Zeit nur noch verlangsamt, nicht aber gestoppt wird. Die strategischen Wurzeln der Fallout-Serie werden entschieden gelockert. Allerdings spielt Köpfchen noch immer eine große Rolle - so rennt unsere Figur in der Demo beinahe in ein Netz aus Stolperfallen. Zum Glück stoppt sie rechtzeitig und entschärft den Sprengstoff. Auch das Schlösserknacken kehrt zurück, funktioniert als Mini-Spiel allerdings quasi genauso wie in Fallout 3.

Für eine finale Kritik muss man abwarten, wie sich das alles spielt - optisch verfehlt die Demo ihre Wirkung hingegen nicht: Im fulminanten Finale kämpfen wir an der Seite der Brotherhood of Steel gegen eine Gruppe von Raidern, werden dann aber von einem mächtigen Behemoth-Monster überrannt. Zum Glück haben wir den Fatman, ein handliches Mini-Nuklear-Geschütz, in der Tasche und jagen dem Ungetüm einen Atompilz mitten in die mutierte Visage.

I'm a Fatman

Hier wirkt die Diskussion um maue Grafikeffekte, die nach der E3-Präsentation im Netz geführt wurde, fast schon albern. »Ich mache diesen Job jetzt seit mehr als zehn Jahren«, erläutert Pete Hines seine Reaktion auf die Vorwürfe, »da lernt man, dass man es nicht jedem recht machen kann. Ich bin aber überzeugt davon, dass Fallout 4 klasse aussieht.« Und zumindest die Demo spricht für ihn: Während die Brotherhood-Truppen mit schweren Geschützen auf alles schießen, was sich bewegt, kracht im Hintergrund ein Helikopter in eine Häuserfront. Die Bildrate bleibt dabei stabil, die Texturen sind scharf, auf allen Ebenen passiert etwas Beeindruckendes.

Auch die Charakter- und Waffenmodelle wirken zeitgemäß, glänzen aber vor allem durch ihr ausgefallenes Artdesign: So hat die Laserknarre eine Art Energiekurbel, die wir von Hand betätigen; der Fatman schluckt dafür Nukleargeschosse, die gleichzeitig zerstörerisch, aber auch irgendwie knuffig aussehen. Typisch Fallout-Humor eben. Die anwesende Presse ist sich recht einig, dass die Präsentation als in sich geschlossenes Effektspektakel überzeugen kann.

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Die großen Fragezeichen tummeln sich allerdings hinter der Action-Fassade: Fallout 4 verbindet spielerische Freiheit und lineares Storytelling in einem Epos, das zu einem der besten Spiele aller Zeiten werden könnte. Doch Bethesda zeigt bisher vor allem die emergente, also kreative, spielerbestimmte Seite: Crafting, Charakterbaukasten, Häuserbau, Waffenauswahl, Pipboy. Damit die Rechnung letztlich aufgeht, müssen all diese Elemente aber mit Story, Quests und Setting harmonieren. Fallout 4 ist kein Minecraft, es muss ein kohärentes narratives Erlebnis sein.

Wir glauben Pete Hines, dass die zurückhaltende Enthüllung von Story- und Questdetails zugunsten der Spielerneugierde wirkt. Trotzdem sind die bisher gezeigten Facetten von Fallout 4 gegenwärtig noch separate Einzelteile, die sich zu einem großen Ganzen zusammenfügen müssen. Klar, Crafting, Ballereien und das S.p.e.c.i.a.l.-System sind für sich genommen tolle Features, aber als Kitt fungieren die von Bethesda bereitgestellten Szenarien, Quests, Gebiete. In Fallout 3 war es eine der größten Stärken, dass man so herrlich unmoralisch handeln konnte - das geht nur in einem sinnvollen Kontext von Charakteren und Schauplätzen, in denen sich das eigene Verhalten nicht beliebig anfühlt. Wenn all das am Ende nicht zu generisch ausfällt und mit dem Rollenspiel-System harmoniert, birgt Fallout 4 das Potenzial zum besten Spiel des Jahres.

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