Irgendwann gegen Ende 2004 saß ich tief in der Hardware-Hölle – einem fensterlosen Raum im Firmengebäude eines (damals) großen deutschen PC-Herstellers voller Server-Schränke, deren in allen Tonlagen dröhnende, jaulende und kreischende Lüfter jede Inferno-Inszenierung adäquat untermalt hätten. Beim planlosen Herumsurfen (versteckt hinter einem großen Festplatten-Subsystem) stieß ich auf eine Stellenanzeige der GameStar für einen Hardware-Trainee. Da ich zugegebenermaßen planlos war, was ich aus meinem Leben machen sollte und obwohl ich GameStar nur oberflächlich kannte (die lag bei einem Kumpel immer auf dem stillen Örtchen), spürte ich, dass das etwas für mich sein könnte: Hardware und Spiele – das Laster, das mich bis jetzt von jeder soliden Lebensplanung abgehalten hatte, zum Beruf machen? Na klar!
Wie bei den meisten Bewerbern war auch mein Probetext ein Mitleid erregendes Sammelsurium unnötig komplizierter Satzstrukturen, langweiliger Passivkonstruktionen und naiver Holprigkeit, wie man es eben in Schule und Uni eingetrichtert bekommt. Nach ein paar guten Ratschlägen und einem zweiten Text war dann aber klar: Ich hab den Job! Denn technisch wusste ich Bescheid, hatte ich doch die meiste Zeit meiner langen Studienjahre mit PC-Spielen und Hardware vergeu… äh ausgefüllt! Und ein bisschen klassische Bildung in Form von Literatur und Kunstgeschichte schadet auch nie.
Schon am ersten Tag war mir dann klar: Ich bin im Hardware-Himmel! Selbst nach den ersten Monaten entdeckte ich immer wieder neue Schätze in den Weiten und Tiefen des damaligen Hardware-Büros. Von den ersten Vodoo-Platinen über mehrere CPU-Generationen bis hin zu allerlei exotischen Eingabegeräten stapelten sich da die Schätze. Als dann allerdings der Umzug in ein neues Gebäude anstand, beschäftigte uns das Ausräumen gleich mehrere Tage. Die neue Hardware-Heimat war dann ein stinknormales, viel zu kleines und bei laufenden Testsystemen viel zu heißes Zwei-Mann-Büro – aber egal, Hauptsache brandneue Hardware.
Sogar auf Reisen gehen durfte ich in meinem ersten Jahr schon, zum Intel Developers Forum nach San Francisco. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir da der Abend, als ich Frischling und einige altgediente IT-Journalisten nach dem Schließen der Hotel-Bar auf das Zimmer von Andreas Stiller, seines Zeichens Prozessorguru bei der c’t, gingen, um den Abend bei einem guten Cognac zu beschließen. Anwesend war auch Mike Magee samt Sohn, Gründer der britischen Hardware-Webseite »The Inquirer«. Der Inquirer war nicht nur für die extrem kritische, teils sogar zynische Berichterstattung bekannt, sondern auch eine meiner regelmäßig besuchten Gerüchtequellen. Jedenfalls sah ich die abends Anwesenden am nächsten Morgen nur gequält und teils unrasiert in den Pressekonferenzen sitzen, einzig unser berüchtigter Brite samt Sohn fehlten. Grund genug, auf deren eigener Inquirer-Webseite eine News mit dem Titel »german hacks wipe out Inquirers next generation architecture« zu posten – was war ich stolz!
Nach fast acht Jahren ist natürlich einiges zur Routine geworden und auch Zwei-Tages-Trips in die USA lehne ich mittlerweile aus familiären Gründen ab. Was geblieben ist, ist die Faszination am Ausprobieren neuer Hardware, am Schreiben (auch wenn das Thema oft undankbar trocken ist) und am ganz normalen Wahnsinn einer Spielezeitschrift oder mittlerweile besser Medianmarke, die sich dem Wandel der Zeit immer noch mit viel Freude am Lieblings-Hobby stellt.
P.S.: Als Hardware-Redakteur hab ich es besser als jeder Spieletester – all die öden Neuauflagen, uninspirierten Fortsetzungen und schlichtweg miesen Spiele gehen ungesehen an mir vorbei. Die erfrischenden, mitreißenden und innovativen Titel spiele ich, wann und solange ich will ;-)
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