GameStar trauert um Mick Schnelle

In der Nacht auf den 28. Juli ist der langjährige GameStar-Redakteur Mick Schnelle verstorben. Ein persönlicher Nachruf von Chefredakteur Heiko Klinge.

Ich kann mich noch an meinen ersten GameStar-Tag erinnern, als wäre es gestern gewesen. Ich erschien ebenso pünktlich wie furchtbar nervös am 28. November 2000 im Büro. Endlich würde ich die Menschen kennenlernen, die für meine Lieblingszeitschrift verantwortlich waren.

Die »Stars« aus Raumschiff GameStar, für deren neueste Folge ich jeden Monat meine Freunde zusammentrommelte, um sie gemeinsam nicht nur anzuschauen, sondern geradezu zu zelebrieren.

Und … nun ja … als Allererstem begegnete ich Mick. Er trug Trainingsanzug, Schlabberpulli und eine Aldi-Plastiktüte, brummelte ein »Moin« in seinen Drei-Tage-Bart und stapfte an mir vorbei in sein mit Kylie-Minogue-Postern und Cola-Light-Dosen dekoriertes Büro. Wow.

Dreimal dürft ihr raten, welcher 22-jährige Neu-Trainee ihm kurze Zeit später und dezent eingeschüchtert gegenübersaß.

Mick war schon immer anders. Anders als ich, anders als die meisten. Er liebte nicht nur Kylie, sondern auch Schlagermusik. Und er liebte es, sie laut zu spielen. Gefühlt am liebsten dann, wenn ich gerade konzentriert an einem Artikel arbeiten wollte. Irgendwann, als ich meine anfängliche Schüchternheit allmählich überwand, konterte ich mit Punk und Metal. Es wurde ein Running Gag zwischen uns, dem jeweils anderen die neueste Musik-Entdeckung vorzuspielen, in diebischer Vorfreude auf die nun folgende Schimpftirade.

Erinnerungen an Mick ansehen

Und natürlich liebte Mick Flugsimulationen, je anspruchsvoller desto intensiver. Für mich ein Buch mit sieben Siegeln, für ihn durfte dieses Buch gern hunderte Seiten haben und die Anleitung sein. Das hielt ihn freilich nie davon ab, mich regelmäßig vor seinen Monitor zu zerren, um mir begeistert irgendwelche Details zu zeigen, von denen ich nur Bahnhof verstand.

Apropos Monitor: Er weigerte sich bis zuletzt, seine 17-Zoll-Röhre gegen ein TFT-Display auszutauschen, weil sich »diese neumodischen Dinger eh nicht durchsetzen werden«.

Mick war anders. Mick war streitbar. Nein, es war nicht immer einfach mit Mick. Trotzdem oder gerade deshalb hat GameStar ihm viel zu verdanken. Mick gehörte 1997 zur Gründungsmannschaft und war mit Unterbrechung bis 2006 Teil des Teams.

Bis heute bin ich der festen Überzeugung, dass sich ein Medium nicht weiterentwickeln kann und langweilig wird, wenn alle in der Redaktion immer nur die gleiche Meinung haben. Und Mick hatte eigentlich immer eine andere Meinung.

Das war oft anstrengend, manchmal hat es mich furchtbar geärgert, aber ab und an war es genau die kritische Stimme, die es gebraucht hat. Etwa als das Führungsteam sich das Hirn zermarterte, was man denn gegen die rapiden schwindenden Verkäufe der einstmals so erfolgreichen »Tipps & Tricks«-Sonderhefte machen könne. Mick stapfte vorbei, brummelte in seiner Mickhaftigkeit: »Macht doch stattdessen Sonderhefte über World of Warcraft!« und stapfte weiter, noch bevor diverse Hände gegen diverse Stirnen klatschen konnten.

Die unserer Meinung nach beste Redaktions-Folge mit Mick: GTA Munich City Video starten 5:37 Die unserer Meinung nach beste Redaktions-Folge mit Mick: GTA Munich City

Mick sagte stets was er dachte und kämpfte für seine Überzeugungen. So lange er noch in irgendwelchen obskuren Fan-Foren eine Simulation auftreiben konnte, blieb sein geliebtes Genre ein Teil von GameStar. PR Manager fürchteten geradezu seine gnadenlose Ehrlichkeit und flehten die Chefredaktion ebenso häufig wie erfolglos an, ob nicht jemand anderes den Test ihres Spiels übernehmen könne. In Sachen journalistischer Integrität war Mick immer ein Vorbild und wird es für mich immer bleiben.

Lieber Mick, egal wo du jetzt bist, wir wünschen dir, dass es dort jede Menge anspruchsvolle Simulationen gibt und den ganzen Tag deine Lieblingsmusik gespielt wird. Mach’s gut Mick, wir werden dich nie vergessen.

Michael »Mick« Schnelle ist in der Nacht vom 27. auf den 28. Juli im Alter von 58 Jahren verstorben.

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