Gewaltspiele-Diskussion - »Hart aber Fair«-Redaktion manipuliert Video-Einspieler

In einer kürzlich ausgestrahlten Ausgabe der Talksendung "Hart aber Fair" nutzte die Redaktion offenbar geschickte Videoschnitte zur Manipulation der Zuschauer.

Die manipulierten Aussagen von Prinz Harry im Überblick. Die manipulierten Aussagen von Prinz Harry im Überblick.

Es ist schon fast ein kleiner Skandal und belegt doch ziemlich deutlich, dass man als Fernsehzuschauer heutzutage schon lange nicht mehr alles glauben sollte, was einem im täglichen TV-Programm so vorgesetzt wird - auch nicht das, was die von unseren GEZ-Gebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Sender, die eigentlich per Gesetz zu einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung angehalten sind, so produzieren.

Tatort der jüngsten Zuschauermanipulation mit Relevanz für die Gaming-Branche war die Talk-Sendung Hart aber Fair, in der es kürzlich um das Thema "Handy an, Hirn aus - wie doof machen uns Apple und Co.?" ging. Unter anderem diskutierten die Teilnehmer im Verlauf der Gesprächsrunde auch darüber, ob entsprechende Hirnregion möglicherweise durch das Tippen von SMS oder das Benutzen von Controllern beim Videospiel-Konsum wachsen würden. Moderator Frank Plasberg nutzte die Gunst der Stunde, um mit folgenden Worten einen kleinen Videoeinspieler anzukündigen:

"Sie sagen, “Wenn es denn nur der Daumen wäre”. Da möchte ich Ihnen etwas zu zeigen. Da werden sie jetzt gleich sagen, das ist platt. Ich zeig’s trotzdem. Die Frage ist doch, verändert sich durch’s Daddeln nur die Virtuosität des Daumens, verändert sich der Hirnbereich, der den Daumen steuert, oder verändert sich durch das Daddeln auch das Wesen eines Menschens? Die Frage stellt sich nach einem prominenten Beispiel."

Zu sehen bekamen die Zuschauer dann den derzeit in Afghanistan als Bordschütze eines Kampfhubschraubers dienenden Prinz Harry, der laut "Hart aber Fair" folgende Aussage getätigt haben soll:

"Ich bin einer von diesen Leuten, die gerne PlayStation und Xbox spielen. Und ich liebe den Gedanken, dass ich mit meinen schnellen Daumen ziemlich nützlich bin. Da können Sie die Jungs fragen."

Die Verknüpfung dieser Aussage mit einem Zusammenhang zwischen Shootern und echten Kriegseinsätzen ließ sich dann wenig später Josef Kraus, seit 1987 Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, nicht nehmen, und trug folgendes zur Talkrunde bei:

"Man muss übrigens eines sehen: Viele dieser Shooter-Spiele sind ja für militärische Übungszwecke entwickelt worden [...]. [...] Alle Amoktäter, die wir hatten in Deutschland und Amerika waren exzessive Shooter-Spieler [...]."

Vor dem Hintergrund der Aussage von Prinz Harry vielleicht durchaus angemessen. Einziges Problem: Die Aussage wurde völlig aus dem Kontext gerissen und manipuliert - offenbar um die Herleitung des Shooter-Themas überhaupt erst zu ermöglichen. In Wahrheit spricht Prinz Harry in diesem Zusammenhang nämlich über das Fußballspiel FIFA, wie das Original-Video beweist:

"Ich bin einer von diesen Leuten, die gerne PlayStation und Xbox spielen. Und ich liebe den Gedanken, dass ich mit meinen schnellen Daumen ziemlich nützlich bin. Da können Sie die Jungs fragen: Ich verprügle sie die ganze Zeit bei FIFA."

Durch den von "Hart aber Fair" vorgenommenen Schnitt nach dem Verweis von Harry auf seine Kameraden und durch das Ersetzen des Doppelpunktes durch einen Punkt wird beim Zuschauer (und offenbar auch bei den Talkrunden-Teilnehmern, wie die Aussage von Kraus zeigt) der Eindruck erweckt, der Prinz führe seine Kameraden hier nicht als Beleg für seine FIFA-Fähigkeiten an, sondern dafür, dass im Kampfeinsatz recht brauchbar sei. Anders hätte es aber für Plasberg und Co wohl auch kaum in die Diskussion gepasst - oder wie hätte man den Zuschauern erklären sollen, dass sich der gute Prinz mit FIFA die Hemmschwelle zum Töten abtrainiert hat, wie durch das anschließende Schweigen des Moderators und das manipulierte Video impliziert?

Die komplette Analyse des gesamten Vorfalls finden Sie übrigens bei stigma-videospiele.de.

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