1.000.000 Hz und 64 KByte
Für eine Generation, die mit Rechnern aufgewachsen ist, deren Prozessor Hunderte Megahertz schnell und deren Arbeitsspeicher mindestens mehrere Dutzend Megabyte groß war und die heute GHz-Smartphones mit Mehrkern-Prozessoren besitzt, dürfte die Hardware des C64 wie die hinterste Steinzeit wirken. Der C64 wurde angetrieben von einem 6510-Prozessor, einer 8-Bit-CPU mit rund 1.000.000 Hz (1 MHz!) und für damalige Verhältnisse beeindruckenden 64 KByte RAM. Für BASIC waren es sogar nur die berühmten »38911 BASIC BYTES« nutzbarer Speicherplatz, weil das 20 KByte große Betriebssystem aus dem ROM in den Arbeitsspeicher gespiegelt wurde. Das war notwendig, weil die CPU insgesamt nur 64 KByte adressieren konnte, also nicht RAM und ROM gleichzeitig.
Aber damals war diese Hardware für einen Heimrechner in etwa so leistungsfähig wie heute 16,0 GByte Arbeitsspeicher mit einer Quad-Core-CPU – und deutlich schneller als der damals schon länger existierende, aber deutlich teurere Apple 2. Das nutzte Commodore sogar in C64-Werbespots mit dem Spruch »Ein Drittel mehr Speicher für den halben Preis«. Denn der Kultrechner von Steve Jobs und Steve Wozniak verwendete zwar den ebenfalls 1 MHz schnellen 6502, der sich nur durch weniger I/O-Leitungen vom von 6510 des C64 unterschied, besaß zu diesem Zeitpunkt aber nur maximal 48 KByte RAM und die deutlich schlechteren Grafikeinheit. Aber der Grafikchip des C64 ist auch nicht ohne Grund legendär.
Grafikwunder VIC
Der VIC (Abkürzung für Video Interface Controller) kann höchstens 16 Farben bei einer Auflösung von 320 mal 200 Pixeln darstellen, wenn man die später gefundenen Tricks genialer Programmierer einmal außen vor lässt. Der VIC besaß aber sehr viele »undokumentierte Funktionen«, die man auch Fehler nennen kann. Die machten Dinge (massig Objekte auf dem Bildschirm, umfangreichere Farb-Spielereien etc.) möglich, die selbst seine Designer dem Chip nicht zugetraut hätten. Auflösung und Farben waren damals aber auch schon so Spitzenklasse. Der Apple 2 konnte beispielsweise nur maximal 280x192 Pixel mit lediglich den sechs Farben Schwarz, Weiß, Grün, Violett, Orange und Türkis darstellen.
Spiele profitierten vor allem von den bis zu acht Hardware-Sprites. Sprites sind von der restlichen Grafik unabhängige Objekte, deren Kollisionen untereinander oder mit der »Hintergrundgrafik« sehr schnell registriert werden können – ideal also für 2D-Spiele. Zusammen mit der ebenfalls in der Hardware vorhandenen Fähigkeit, pixelgenau und damit butterweich zu scrollen, war die Grundlage für die beliebten Side-Scrolling-Shooter und die damals sogenannten »Hüpfspiele«, also Jump’n‘Runs, gelegt. Natürlich haben auch hier findige Programmierer schnell herausgefunden, wie man vermeintliche Grenzen wie die Anzahl der Sprites überschreitet.
Während des zeilenweisen Bildaufbaus durch den VIC konnten Entwickler bei jeder beliebigen Zeile die CPU aufrufen und neuen Programmcode ausführen. Auf diese Weise wurde beispielsweise der Bildschirm in verschiedene Bereiche aufgeteilt, für die dann jeweils die Begrenzung auf acht Sprites galt.
Dank mehrerer solcher Bereiche konnte man so auf dem gesamten Bildschirm eine höhere Anzahl von Objekten darstellen. Dieser sogenannte Rasterzeilen-Interrupt war das Werkzeug schlechthin zur Ausnutzung der »undokumentierten Funktionen« des Grafikchips. Im Laufe der Zeit wurden sogar mehr Farben und Grafik im eigentlich unerreichbaren Rand um das Bild möglich. Ganz nebenbei wurde der VIC auch noch dazu verwendet, den Arbeitsspeicher regelmäßig aufzufrischen, damit der Inhalt der Speicherzellen nicht verloren geht.
Soundmonster SID
Auch der Soundchip SID (Sound Interface Device) hat Kultstatus. Mit zwei Analog/Digital-Wandlern ausgestattet und in der Lage, drei unabhängige Stimmen mit vier kombinierbaren Wellenformen wiederzugeben, war die Hardware wegweisend. Dazu kamen analoge Filter, die den klassischen Analog-Synthesizer-Sound erzeugen. Durch die Kombination all dieser Effekte war der SID für die damalige Zeit ein absolutes Klangwunder.
Auch hier sei der Vergleich mit dem Apple 2 erlaubt, der gar keinen Soundchip besaß und nur eine Art Klick durch Ansprechen von Lautsprechern erzeugen konnte. Töne mussten auf diese Weise per Software oder mit zusätzlicher Sound-Hardware realisiert werden.
Der Commodore 64 hat mit dem SID die typischen, mehrstimmigen Klänge perfektioniert, die man mit Computerspielen der 1980er-Jahre verbindet. Namen wie Rob Hubbard, Ben Daglish, Jeroen Tel, Chris Hülsbeck oder Martin Galway sind auch heute noch vielen Spielern ein Begriff. Letzterer gehört etwa zum Team von Star Citizen.
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