Wer die Apparatkulisse ignoriert, könnte glauben, die Szene spiele im Altenheim um die Ecke: Der Großvater sinkt in den Sessel, putzt seine Brille. Drumherum saust ein Weißkittel, der als Pfleger durchginge – riefe er nicht: »Achtung, bereithalten!« Der alte Mann zerfasert in einem Lichtblitz, erscheint jedoch gleich wieder. »Haben Sie ihn gefunden?«, drängt sein Helfer. Der Opa antwortet: »Hitler ist aus dem Weg.«
Alles klar? Natürlich nicht, denn im deutschen Intro des Echtzeit-Klassikers Command & Conquer: Alarmstufe Rot (1996) fehlt die entscheidende Passage: Der alte Mann, Professor Einstein, reist mit seiner Zeitmaschine ins Jahr 1924, um Hitler auszuschalten. Doch der Auftritt des Diktators musste auf Anraten hiesiger Jugendschützer entfallen. Der Publisher Virgin war daran gewohnt, 1995 hatten die Behörden auch beim Vorgänger Command & Conquer viele Schnitte gefordert. Ergo bleibt auch der Filmriss zu Beginn nicht die einzige Änderung an Alarmstufe Rot, was dessen Ruhm aber nicht trübt. Im Gegenteil: Die Altersheim-Szene eröffnet einen der beliebtesten Serienableger aller Zeiten.
Der billige Stalin
Weil der Zweite Weltkrieg nach Hitlers Ableben nie begann, überfällt in Alarmstufe Rot ein anderer Aggressor die Westmächte: Stalins Sowjetunion. In der Kampagne führen Sie die Alliierten oder die Russen durch 15 Missionen. Obwohl Alarmstufe Rot hierzulande unter dem Titel C&C 2 läuft, erzählt es die Vorgeschichte des Serien-Urvaters; dessen kahler Erzschurke Kane taucht sogar als Lakai Stalins auf. Erst mit Alarmstufe Rot 2 verlegt der Entwickler Westwood die Serie in ein abgedrehtes Paralleluniversum – wohl um neue Käufer anzulocken.
Zudem befördern die Designer damit eine Not zur Tugend: Bereits die Filmszenen des ersten Alarmstufe
Rot strotzen vor unfreiwilliger Komik. Unvergessen bleibt die Endsequenz des Allianz-Feldzugs, in der ein Soldat den verletzten Sowjet-Boss mit den Worten »Verdammte Scheiße, der Stalin! « unter einem Trümmerhaufen entdeckt. Dass Stalin dann ermordet wird, sehen deutsche Fans nicht – ein weiterer Beleg für die Schnitte. Lächerlich: Wie im ersten C&C ist hierzulande ständig von »Cyborg«-Kriegern die Rede, Soldaten sterben mit Blechscheppern statt Schmerzensschreien. Wie früher, nur besser Spielerisch erinnert Alarmstufe Rot auf den ersten Blick an eine simple Kalter-Krieg-Mod für C&C, weil Westwood viele Einheitenmodelle recycelt – etwa den Mammutpanzer. Immerhin verfeinert Westwood das C&C-Erfolgskonzept etwas. So dürfen Sie Schiffe und Flieger nun selbst bauen und befehligen, zum Beispiel alliierte Kreuzer oder russische MiG-Jets. Das erhöht den taktischen Tiefgang, vor allem in den Mehrspieler-Scharmützeln. Überdies spielen sich die Fraktionen angenehm unterschiedlich: Die Alliierten setzen auf schnelle, billige Fahrzeuge und eine mächtige Flotte, Russland auf starke, teure Panzer und schlagkräftige Flugzeuge.
Die offensichtlichste Neuerung ist technischer Natur: Windows-95-Besitzer spielen in Super-VGA-Auflösung
(640x400 Bildpunkte) und überblicken damit einen viermal so großen Schlachtfeld-Ausschnitt wie unter DOS (320x200).
Wie ging's weiter?
1997 legt Westwood die mäßigen Erweiterungen Gegenangriff und Vergeltungsschlag nach, 2000 erscheint Alarmstufe Rot 2. Und am 30. Oktober 2008 kommt nun bereits der dritte Serienteil – nicht übel für eine Serie, die im Altenheim um die Ecke begann.
Deswegen legendär
- verfeinert das geniale C&C-Spielprinzip
- zwei grundverschiedene Parteien
- unfreiwillig komische Realfilm-Szenen
- radikal beschnittene deutsche Version
- versteckte Ameisen-Kampagne im Addon
- »Verdammte Scheiße, der Stalin!«
So läuft's unter Windows XP
Damit Alarmstufe Rot unter Windows XP oder Vista funktioniert, müssen Sie den Patch 1.08 installieren, Dann öffnen Sie per Rechtsklick die Kontext-Optionen der Datei »RA95.exe«, wählen »Eigenschaften« und schalten im folgenden Menü zur Karteikarte »Kompatibilität«. Dort setzen Sie das Häkchen neben der Option »Programm im Kompatibilitätsmodus ausführen für« und wählen den Eintrag »Windows 95«.
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