Hardcore-Simulationen - Teil 2: Trecker auf Höhenflug

Spionage-Drohnen, Rüben-Vollernter, Kehrmaschinen: Was nicht bei Drei in der Halle steht, bekommt heute seine eigene Simulation. Aber wer spielt die eigentlich? Was macht ihre Faszination aus? Teil 2 unserer Simulations-Reihe hat die Antworten.

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Ich fahre meine beiden Töchter täglich zum Kindergarten. Auf den fünf Kilometern sind im Schnitt sieben Trecker zu sehen, zwei Güllewerfer und ein Bulldog - so heißen die schmalen Traktörchen,die in Weibergen zum Einsatz kommen. Im Herbst fährt hier auch ein Rüben-Vollernter rum. Noch nie gesehen? Ein Vollernter ist quasi eine fahrende Fabrik, die wie die riesigen Spice-Sammler aus Dune felderweise Rüben aus der Erde zieht, gleich säubert, sortiert und zu ordentlichen Bergen stapelt.

Wie auch immer, die Töchter verrenken sich die Köpfe nach solchen Maschinen, zählen sie laut, und wer am Ziel die meisten Punkte gesammelt hat, ist Tagessieger. Andere Kinder sind da genauso: Im Kindergarten stapeln sich Brotdosen mit breitbereiften Monster-Traktoren auf dem Deckel, und nicht nur die Jungs spielen mit Mähdreschern und Heuballenpressern. Publisher Astragon kann sich also freuen, die Zukunft seines Landwirtschafts-Simulator ist auch in der nächsten Generation gesichert.

Monströs: ein (echter) Rüben-Vollernter. Monströs: ein (echter) Rüben-Vollernter.

Bauer sucht Spiel

Klar, wir reden hier über einen einzigen Kindergarten, noch dazu auf dem platten Land. Trotzdem ist er symptomatisch, wie uns der zuständige PR-Fachmann Felix Buschbaum erläutert: »Beim Landwirtschafts-Simulator kommt rund ein Drittel der Käufer selber aus dem landwirtschaftlichen Bereich. Das zweite Drittel sind Jugendliche unter 18, die auch vor ganz ›normalen‹ Spielen sitzen.

Ein (virtueller) Kartoffelernter im Einsatz: Ein Drittel der Käufer kommt selber aus dem landwirtschaftlichen Bereich. Ein (virtueller) Kartoffelernter im Einsatz: Ein Drittel der Käufer kommt selber aus dem landwirtschaftlichen Bereich.

Das letzte Drittel bilden Erwachsene, die beruflich nichts mit Landwirtschaft am Hut haben, darunter auch typische Stadtmenschen.« Die Jugendlichen sind zudem am aktivsten in den Foren unterwegs, bauen sogar Mods für den Landwirtschafts-Simulator. Ach ja: Über 95 Prozent der Spieler, wen wundert's, sind männlich.

Und wer spielt Euro Truck Simulator und Euro Truck Simulator 2, die zusammen mit ihrem Ableger German Truck im deutschsprachigen Raum über 350.000 Stück verkauften? Verteilt sich die Käuferschar da auch so, fahren also hunderttausende echte Brummifahrer nach Feierabend über die virtuelle A1? »Das sind sogar noch mehr«, so Felix Buschbaum, »der Anteil der Käufer, die auch beruflich irgendwie mit Lastwagen zu tun haben, liegt höher als beim Landwirtschafts-Kollegen, dafür spielen ihn weniger Jugendliche.«

Aber was, um Himmels Willen, treibt einen Brummifahrer dazu, sich nach hunderten Kilometern Autobahn, Mistwetter und penetrant ausbremsenden Pkw-Fahrern daheim vor den Rechner zu setzen - um hunderte Kilometer Autobahn, Mistwetter und penetrant ausbremsende Pkw-Fahrer nachzuspielen? »Daheim fahren sie anders«, so Felix Buschbaum, »bei Bier und Chips können sie auch mal zu schnell fahren, andere Strecken, andere Marken, eine modernere Version ihres echten Lkws. Wer fünfmal die Woche Tiefkühlkost von Hamburg nach Berlin fährt, probiert gerne mal Marseille-Düsseldorf mit einem Gefahrguttransporter.« Und: Vor allem den Truckern ist Markentreue wichtig. Sie wollen genau IHREN Volvo, Scania oder MAN fahren und tunen. Dafür bleiben sie überwiegend auch bei einer einzigen Simulation - wer am PC Truck fährt, steuert selten auch einen Trecker oder Flieger.

Euro Truck Simulator 2: Die Faszination Brummi verkauft sich hunderttausendfach. Euro Truck Simulator 2: Die Faszination Brummi verkauft sich hunderttausendfach.

Vom Casual-Spielchen zum Kultobjekt

Gleichzeitig ist diese Art von Simulationen auch »in der Mitte der Gesellschaft angekommen«. Während vor allem der Landwirtschafts-Simulator anfangs als Kuriosum belächelt wurde, insbesondere in der Spiele-Fachpresse, wird er heute durchaus ernst genommen - schließlich ist es keine gute Idee, sich als Journalist über einen Simulator lustig zu machen, den die eigenen Leser gerne spielen.

Astragons neuer Wurf: der Schwebebahn-Simulator dürfte sich nicht nur in Wuppertal verkaufen. Astragons neuer Wurf: der Schwebebahn-Simulator dürfte sich nicht nur in Wuppertal verkaufen.

Das spiegeln auch die Kommentare zur Berichterstattung wieder: Früher meckerten die Leser, dass »solche Casual-Spielchen überhaupt getestet werden«, heute mosern sie, dass der Tester das fehlende Schadensmodell ankreidet - »denn man fährt seinen Lkw ja so vorsichtig, dass man erst gar keinen Unfall baut!« Interessanterweise würden die gleichen Leser einem Rennspiel das fehlende Schadensmodell um die Ohren hauen...

Allerdings ist auch die Qualität der Produkte gestiegen, allein schon optisch können die Trecker und Trucks mit aktuellen Titeln besser mithalten als noch vor ein paar Jahren. Und beide Simulationen treffen gut den schmalen Grat zwischen zu simpel und zu detailliert; selbst wer noch nie vor einem PC-Spiel gesessen hat, kommt mit beiden Spielen gut klar - meine vierjährige Tochter ist bester Beweis dafür.

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