Seite 2: Hobo: Tough Life im Test - Kontroverses Großstadt-Survival-RPG über Obdachlosigkeit

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Crafting, Beziehungen und Basenbau

Jede Interaktion mit den Bewohnern von Prag zeigt uns, dass wir hier nicht willkommen sind. Ob wir überhaupt in ein Gespräch kommen, hängt dabei entscheidend von unserem Charisma-Wert und unserem Geruch ab. Eine besonders verzweifelte Situation erlebten wir etwa, als wir unsere mühevoll gesammelten Pfandflaschen nicht am Kiosk eintauschen konnten, weil sich der Betreiber aufgrund unseres Gestankes weigerte, mit uns zu sprechen. Aber ohne Geld keine Dusche.

Gelingt es uns, einen Passanten anzusprechen, hängt deren Geduld am seidenen Faden. Wir müssen eloquent sein, die richtigen Fragen wählen und ein obligatorisches Minigame bestehen, um aus Gesprächen das Optimum herauszuholen.

Wer kein Geld hat, ist umso mehr aufs Crafting angewiesen, um Essen oder Kleidung herzustellen - Die entsprechenden Kenntnisse dafür können wir uns von Berufsklassen oder auch anderen Obdachlosen beibringen lassen, die wir überall in der Stadt kennenlernen. Dabei begegnen uns manche mit mehr, manche mit weniger Vorbehalt, und manche werden mit der Zeit sogar durch ständige Interaktion zu guten Freunden.

Ein Teil seiner Zeit verbringt man damit, Schutz vor den Elementen zu suchen. Ein Teil seiner Zeit verbringt man damit, Schutz vor den Elementen zu suchen.

Parallel zur tagtäglichen Jagd nach Materialien und Nahrung errichten wir uns in einer verlassenen Gasse oder unter einer Brücke unser Lager aus zusammengezimmerten Wänden und Decken. Das eine oder andere weggeworfene Mobiliar wird dabei zu unserem Wohnungs-Schmuckstück, das edelste, was wir in den Sperrmüllcontainern finden können.

Und so blicken wir von unserer neuen alten Couch auf in den sternlosen Himmel. Dort verläuft hoch über unseren Köpfen ein Highway, wo vermutlich jeden Tag Menschen über uns hinweg fahren, ohne auch nur das geringste von unserer Existenz zu ahnen.

Die Kehrseite der Medaille

Hobo: Tough Life wandelt mit seiner Simulation des harten Obdachlosenlebens naturgemäß auf einem sehr schmalen moralischen Grat. Meistens gelingt das. So haben wir zwar die Möglichkeit, unser Leben mit Einbrüchen, Diebstahl und Trickbetrug zu bereichern, müssen dafür aber auch mit Abzügen auf unsere Moral leben. Die klare Botschaft ist: Unser Charakter schämt sich für das was er macht.

Etwas schwieriger verhält es sich mit der Option »Trolling«. Im Gespräch mit Passanten können wir diese Fähigkeit einsetzen, um unsere Moral durch Witze zu erhöhen, die auf Kosten unseres Gesprächspartners gehen. Schwarzer Humor als letztes Mittel zur Selbstmotivation? Oder eine unverhältnismäßige Stereotypisierung?

Ebenso ist unser Charakter außerordentlich erfinderisch, wenn es in Gesprächen darum geht, Mitleid zu erzeugen. Um das Herz von Passanten zu erweichen, erzählen wir von tragischen Unglücken und sozialen Ungerechtigkeiten, die wir erleiden mussten. Ob sich diese persönlichen Schicksale tatsächlich so zugetragen haben, lässt Hobo: Tough Life über das gesamte Spiel offen.

Der Priester der örtlichen Kathedrale ist einer der wenigen Menschen, die uns ohne Vorbehalt begegnen. Mehr als einen Segen gibt es aber dennoch vorerst nicht. Der Priester der örtlichen Kathedrale ist einer der wenigen Menschen, die uns ohne Vorbehalt begegnen. Mehr als einen Segen gibt es aber dennoch vorerst nicht.

Auf dem Weg zum Statement

Hobo: Tough Life befindet sich bereits seit über zwei Jahren im Early-Access-Programm auf Steam und wird es voraussichtlich auch noch eine ganze Weile bleiben. Das verhältnismäßig kleine Entwicklerteam aus der Tschechischen Republik hat im Laufe der Entwicklung durchaus Fortschritte, aber keine Riesensprünge geschafft.

Zuletzt erfolgte die Einbindung von Quest-NPCs sowie die visuelle Optimierung des Tag- Nacht-Zyklusses. Wer ein optisch ansprechendes Survival-Game erwartet, ist bei Hobo: Tough Life ohnehin an der falschen Adresse.

Die Implementierung des Kampfsystems und die Konsequenzen von Gewalt gegen andere Personen dürften für die Zukunft von Hobo: Tough Life entscheidend sein. Denn das müssen die Entwickler eben nicht nur spielerisch hinbekommen, sondern auch moralisch. Falls das gelingt, könnte Hobo: Tough Life aber tatsächlich nicht nur ein bemerkenswertes Survival-Spiel werden, sondern auch einen wichtigen Beitrag für das Verständnis leisten, was es eigentlich bedeutet, kein eigenes Dach über dem Kopf zu haben.

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