Seite 2: Homefront im Test - Starke Bilder, schwacher Ton

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Maue Missionen

Nach der packenden Story-Grundlage sind John Milius offensichtlich die Ideen ausgegangen: Wir erfahren keinerlei Hintergründe über die Hauptfiguren von Homefront, die Charaktere bleiben flach und uninteressant. Und warum die Widerstandskämpfer Jacobs nicht verraten, was sie eigentlich von ihm wollen, bleibt unverständlich, denn die Erklärung ist letztlich naheliegend: Unser Held soll bei einem Überfall auf koreanische Treibstofflaster einen Hubschrauber fliegen. Im Laufe von fünf Kapiteln legen wir den Grundstein für diese Aktion und erleben dabei die typischen Irrungen und Wirrungen, in Abschnitt 6 dürfen wir den Heli dann tatsächlich selbst steuern. Das macht Spaß, auch wenn die Angriffsflüge auf stationäre Bodenziele und harmlose koreanische Fußsoldaten nicht sonderlich fordernd sind. Zurück bleibt jedoch die Frage, wofür man unbedingt einen Hubschrauber braucht, um drei Tanklastzüge zu überfallen. Sprich: Die Grundlage der ganzen Geschichte ergibt im Nachhinein überhaupt keinen Sinn.

Homefront - Test-Video Video starten 12:31 Homefront - Test-Video

Die restlichen Missionen von Homefront entsprechen im Aufbau den klassischen Shooter-Missionen: Da gibt’s Schleicheinsätze, Sniper-Aufträge und »Alle stürmen vor und ballern«-Passagen, doch keine kommt an die Inszenierung des großen Vorbilds Call of Duty ran. Unvergessen bleibt etwa die hochspannende Scharfschützenmission des ersten Modern Warfare, in der wir durchs hohe Gras kriechen, während rings um uns herum feindliche Soldaten spazieren. Die Homefront-Variante verblasst dagegen: Wenn wir hier gänzlich ungetarnt mit drei Kollegen am helllichten Tag nur wenige Meter an verfeindeten Milizionären vorbeimarschieren können, ohne dass die etwas mitbekommen, hat das mit Schleichen nichts mehr zu tu -- egal wie heimlich die Widerstandskämpfer dabei auch tun.

Doofies gegen Goliath

Unseren Genossen können wir keine Befehle erteilen. Die kämpfen selbständig, so gut das die KI eben hinbekommt - also nicht besonders. Macht aber nichts, die Typen sind eh unsterblich. Nur einer hört (zumindest halbwegs) auf unser Kommando: der Goliath, ein computergesteuerter Radpanzer. Der kommt uns gelegentlich zu Hilfe und nimmt Feinde selbständig mit seinem Bord-MG unter Feuer.

Der Goliath nervt mit erratischer Wegfindung. Eine simple Panzerfaust wäre uns lieber gewesen. Der Goliath nervt mit erratischer Wegfindung. Eine simple Panzerfaust wäre uns lieber gewesen.

Wir dürfen zusätzlich mittels eines Zielgeräts Gegner markieren, die das sechsrädrige Ungetüm dann mit Raketen beharkt. Klingt interessant, doch in der Praxis zählen die Goliath-Passagen zu den nervigsten des Spiels, denn der Panzer fährt völlig erratisch in der Gegend herum und erkennt Feinde nur mit viel Glück. Dabei dauert es so lange, ihm Ziele zuzuweisen, dass wir die in der Zeit schneller selbst erledigen. Nur bei feindlichen Fahrzeugen hat der Goliath eine Existenzberechtigung, denn Jacobs kann nur Granaten und Gewehre mit sich herumtragen, Raketenwerfer oder dergleichen gibt’s nur in Ausnahmefällen. Die wären uns aber lieber gewesen als ein ferngesteuerter, begriffsstutziger Tanzbär in Panzerform. Vom schlechten Spieldesign mal abgesehen: Wer baut eigentlich eine Kampfmaschine, die selbständig herumfahren und Soldaten beschießen kann, aber trotzdem nicht weiß, was ein lohnendes Ziel für Raketen ist?

Kurz und schmerzhaft

Nach gerade mal vier bis fünf Stunden kommt das Ende von Homefront sehr überraschend, insbesondere, weil das letzte Gefecht auch nicht dramatischer ausfällt als die davor. Wir fragen uns: »War’s das etwa schon?«, doch Jacobson schweigt weiterhin. Das ist wohl auch besser so, denn die deutsche Lokalisierung haben die Homefront-Macher gründlich versiebt. Nicht nur, dass die hiesigen Sprecher wie so oft weit weniger Elan in ihre Rollen legen, die Übersetzung ist auch noch an vielen Stellen total daneben. Da wird aus einem »Drop ’em!« (also »Macht sie platt!«) ein wörtlich übersetztes und damit völlig falsches »Abwerfen!«, an anderer Stelle rutscht einem Gefährten statt eines zackigen »Hell yeah!« ein unfreiwillig komisches »Hölle, ja!« heraus.

Die Widerstandskämpfer fliehen durch ein brennendes Haus. Hier stößt Homefront an seine technischen Grenzen. Die Widerstandskämpfer fliehen durch ein brennendes Haus. Hier stößt Homefront an seine technischen Grenzen.

Homefront bietet im Laufe seiner kurzen Kampagne immer wieder ergreifende Szenen, zum Beispiel als sich die Widerstandskämpfer in einem Massengrab verstecken müssen oder Zeuge eines grausamen Luftangriff auf die amerikanische Zivilbevölkerung werden. In diesen Momenten berührt uns das Spiel wie nur wenige Ego-Shooter zuvor. Doch dann macht irgendwas den Augenblick kaputt. Das können Fehler bei der Sound-Positionierung sein, die schlechten Sprecher, Animations- oder Clipping-Fehler oder die allzu comichaft wirkenden Gesichter der Spielfiguren, doch oft genug zeigt Homefront einfach zu deutlich, dass es »nur« ein Spiel ist. So geht’s etwa in den Levels unzählige Male erst dann weiter, wenn einer von Jacobs’ Kollegen ihm eine Tür öffnet. Da muss man sich doch fragen, wie die Koreaner angesichts dieser unüberwindbaren Hindernisse überhaupt ins Land gekommen sind.

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