Android oder iOS? Das ist die Gretchenfrage. Denn es dürften die wenigsten von euch alle paar Jahre lang das Betriebssystem und somit das Handy wechseln. In der Regel hat man sich einmal entschieden und bleibt dann dabei. Bei mir fiel diese Entscheidung vor über zwölf Jahren.
Seitdem hat sich viel getan. iOS hat sich stark weiterentwickelt. Apple öffnete sich Drittanbietern, wie ich es seinerzeit nie für möglich gehalten hätte. Doch auch Google hat bei Android nicht geschlafen. Und so schielte ich immer wieder interessiert (und manchmal neidisch) auf die Features aus dem anderen Lager
.
Ich zweifelte. Ich kann doch nicht einfach wechseln - was ist mit meinen ganzen Fotos, Notizen, Daten? Was ist mit meinen Workflows? Kann ich mich umgewöhnen? Fragen über Fragen, Sorgen, Hürden. Doch nicht nur das, ich hatte auch Angst. Angst, etwas zu verpassen. Schlimmer noch: Angst, dass mir Android sogar besser gefallen könnte als iOS. Zumal Google und Apple sich auch voneinander inspirieren lassen:
Android bekommt wohl endlich eine der besten Funktionen von iPhone und Co.
Nun bin ich von einem iPhone zu Android gewechselt, um all diese Zweifel zu prüfen und herauszufinden, ob ein alteingesessener iPhone-User wie ich überhaupt mit Android klar kommt - und es vielleicht sogar besser findet.
Das bin ich: iPhone-Nutzer seit 2010
Erster Start & Einrichtung: Ich bin überrascht
Meine erste Sorge verpufft innerhalb weniger Minuten. Daten von meinem iPhone zum Pixel zu übertragen, ist so einfach, dass es sogar meine Mutter hinbekommen könnte. Direkt nachdem ich das Google Pixel 4a das erste Mal einschalte und durch den Einrichtungsprozess geführt werde, habe ich die Wahl: Möchte ich meine Daten ganz einfach und super schnell per Kabel oder nicht weniger einfach, aber etwas langsamer per WLAN aus der Cloud übertragen? Da Pixel-Geräten der nötige Adapter von Lightning auf USB-C beiliegt, entscheide ich mich für die kabelgebundene Variante - und bin verblüfft.
Denn der Datenimport ist umfangreicher als ich dachte. Ich habe erwartet, lediglich meine Fotos und ein paar Anrufkontakte aus der iCloud retten zu können, doch das System analysiert mehr oder weniger das komplette iPhone. So wandern nicht nur meine Bilder in die Google Photos-App, auch meine Kontakte, Kalendertermine, Notizen, Videos und sogar Nachrichten sowie Handyeinstellungen zieht sich Android automatisch - einen Google-Account vorausgesetzt. Einfacher geht es nicht.
Hier sei jedoch angemerkt, dass mir das Google Pixel den Datenimport verglichen mit anderen Android-Geräten besonders leicht macht. Die Optionen variieren jedoch je nach Hersteller. Im Zweifel solltet ihr die Android-App Auf iOS übertragen
ausprobieren, die gegebenenfalls aber nicht alle Daten rettet.
Zurück zum Setup-Prozess: Android erkennt auch alle Apps auf meinem iPhone und installiert diese auf dem Pixel, sofern sie im Play Store vorhanden sind. Bequem, kommt aber auch mit einer bitteren Pille: Natürlich muss ich bezahlte Apps nochmal im Play Store kaufen, dazu später mehr.
Nach ein paar Stunden am Stromnetz ist das Setup beinahe abgeschlossen. Ich richte noch den Fingerabdrucksensor ein, ändere das Hintergrundbild, durchforste ein paar Systemeinstellungen und stoße dabei nicht auf das kleinste Hindernis. Das habe ich nicht erwartet.
Android 13-Benutzeroberfläche für einen iOS-Enthusiast - Komme ich zurecht?
Doch wie steht’s um meine zweite Sorge? Ist Android nicht total anders als iOS? Kann ich mich daran überhaupt gewöhnen? Um es kurz zu machen: Ja, und zwar sehr schnell. Denn die Benutzeroberfläche von Android 13 mag zwar anders aussehen als iOS 16, ist aber mindestens genauso intuitiv.
Viele Gesten und Funktionen sind bei beiden Systemen sogar nahezu gleich! Auf dem Homescreen nach oben wischen öffnet die App-Suche, nach unten wischen das Control Center. Wische ich vom unteren Bildschirmrand nach oben und halte kurz gedrückt, öffnet sich der App-Switcher - auf Android 13 sogar mit der Möglichkeit, direkt einen Screenshot zu knipsen - genial.
Entsprechend bin ich dann nicht mehr überrascht, als ein längerer Fingerdruck auf eine App ein Kontextmenü mit weiteren Optionen öffnet und auch der Einhandmodus genauso funktioniert wie bei iOS. Die grundlegende Bedienung ist beinahe eins zu eins die gleiche wie beim iPhone.
Spätestens als ich beim Schreiben einer Nachricht mit einem Finger über die Tastatur swipe wird mir deutlich: Vieles kenne ich bereits, weil iOS viele Funktionen über die Jahre von Android übernommen hat (und umgekehrt).
Als iOS-Nutzer ist man also keinesfalls verloren auf Android. Binnen weniger Minuten habe ich meine Pushnachrichten eingestellt, alle Apps verschoben, ein paar Widgets eingerichtet sowie das Hintergrundbild getauscht - und somit fast einen Zwilling meines iPhone-Homescreens gebaut.
Mit einem eklatanten Unterschied: Die Apps auf beiden Geräten unterscheiden sich teils signifikant.
Apps: Google Play vs. App Store
Erfreulicherweise finde ich 90 Prozent der von mir genutzten Drittherstellerprogramme auch in Googles Play Store. Todoist, N26, Notion, Pocket und TikTok, um nur einige zu nennen. Lediglich meine Tagebuch- und Haushaltsbuch-Apps müssen Alternativen weichen. Selbst die meisten nativen Apple-Dienste wie Wetter, Kalender, Notizen, Erinnerungen und Fotos kann ich ersetzen. Muss ich sogar, denn abgesehen von Apple Music (immerhin!) und einer Remote-App für den Apple TV bietet der Konzern aus Cupertino keine Android-Apps an.
Das hört sich aber schlimmer an, als es eigentlich ist, denn im Kern bringen auch Googles Standard-Applikationen alle nötigen Funktionen mit, um kleine Notizen zu schreiben oder schnell ein ToDo aufzuschreiben. So halte ich meine Gedanken nun in Google Keep statt Apple Notizen fest, navigiere mit Google Maps statt Apple Karten und surfe in Google Chrome statt Safari. Den Google Kalender und Google Drive nutze ich ohnehin bereits beruflich, daher war die Umstellung im privaten Bereich nicht der Rede wert.
Nerven gekostet haben mich dafür Banking-Apps. Wer einmal sein Handy getauscht oder verloren hat, weiß, was ich meine. Hier solltet ihr zuvor unbedingt euer altes Handy entkoppeln, ehe ihr die App auf dem neuen installiert, um euch einige graue Haare (und Chats mit dem Support) zu ersparen. Allerdings nutze ich vielleicht mehr Banking- und Investment-Apps als der durchschnittliche User, weswegen das ein subjektiver Kritikpunkt ist und ohnehin nicht Android per se betrifft. Aber: Ihr solltet prüfen, ob eure Banken auch Google Pay statt Apple Pay anbieten, wenn ihr ebenso gern wie ich im Laden mit dem Handy bezahlt.
Auch wenn sowohl iOS als auch Android alle nötigen Standard-Programme mitbringen, sollte euch eines klar sein: Ihr müsst Opfer bringen. Ich habe beispielsweise weder einen Weg gefunden, meine in Apple Bücher gekauften E-Books, noch meine Safari-Favoriten zu importieren - nur die Lesezeichen wurden übertragen. Auch meine Pages-Dokumente musste ich mühsam in PDFs umwandeln und in Google Drive hochladen. Und dann ist da noch das bereits angesprochene Problem mit kostenpflichtigen Premium-Apps, für die ihr nochmal bezahlen müsst, falls es das Programm im Play Store gibt. Das kann je nach Anwendungsfall (Photoshop, iAWriter) richtig teuer werden und im Zweifel sogar ein KO-Kriterium für euch sein.
Google Assistant vs. Siri - Smart Home als Hindernis
Ich nutze Apples Sprachassistent Siri zwar rudimentär, dafür aber täglich. Daher ist für mich essenziell, wie gut sich Googles Pendant in meinem Alltag schlägt.
Hier eine Übersicht, wofür ich Siri nutze:
- Fragen nach Wetter und Fakten
- Timer stellen
- Termine anlegen
- Erinnerungen festhalten
- Smart Home steuern
Gerade Erinnerungen sind für mich überlebenswichtig, Siri ist quasi mein zweites Hirn. Alles, was mir durch den Kopf geht oder irgendwie verloren gehen könnte, halte ich fest. Aufgaben, Notizen, Kleinigkeiten, an die ich mich schon nach wenigen Sekunden nicht mehr erinnern kann (und auch nicht muss!), die aber trotzdem wichtig für mich sind. Und hier lässt mich auch der Google Assistant nicht im Stich.
Zweitwichtigstes Thema: Smart Home. Ich sage Siri, dass sie das Licht am Esstisch einschalten oder Netflix auf meinem Fernseher starten soll. Zudem habe ich eine Menge Automatismen und Regeln erstellt, die auch ohne ein Sprachkommando ablaufen. Nachts verriegelt sich beispielsweise automatisch meine Tür und im Haus gehen alle Lichter und einige smarte Steckdosen aus, um Strom zu sparen.
Geht das auch mit Google? Ja, aber nicht zu meiner vollen Zufriedenheit. Beim Öffnen der Home-App erkennt Android zwar die meisten Smart Home-Produkte in meinem Haus, aber eben nicht alle. Das ist die Krux, wenn man sich einmal auf einen Smart Home-Standard wie Homekit eingeschossen hat. Das soll sich in Zukunft zwar mit Matter ändern, bis dahin kann ich mit dem Pixel-Handy aber nicht auf alle smarten Steckdosen zugreifen, ohne größeren Aufwand zu betreiben.
Die Hardware: Auch Design und Features sind entscheidend
Zugegeben: Die Entscheidung, welches Handy man sich zulegen sollte, steht und fällt vor allem mit der Wahl des Betriebssystems. Denn technisch sind die Hosentaschencomputer längst am Limit ihrer Evolution angekommen. Trotzdem macht die reine Hardware durchaus einen Unterschied. Optisch gefällt mir das iPhone nun mal mit am besten und auf Face ID möchte ich auch nicht verzichten. Das ist jedoch eine höchst subjektive Entscheidung. Geschmäcker sind eben verschieden.
Trotzdem muss ich mir eingestehen, was für ein schickes Gerät das Pixel 4a ist. Leicht, schlank und dank mattfarbener Rückseite angenehm in der Hand. Auch das Display gefällt mir. Die Performance ist für meine Zwecke vollkommen ausreichend, Android 13 flutscht darauf genauso butterweich wie iOS 16 und da beide Handys einen 60 Hz-Bildschirm haben, sind mir keine Unterschiede aufgefallen.
Mir ist übrigens bewusst, dass ich hier einen Apfel mit einer Birne vergleiche, denn natürlich liegt das iPhone 13 mini in einer anderen Preisklasse als das Pixel 4a. Ich würde eher zum Pixel 7 (Pro) oder Galaxy S22 Ultra greifen, da ich oft Fotos von meinem zweijährigen Sohn mache und daher Wert auf eine sehr gute Kamera lege. Das Pixel 7 hat zudem ein geniales Foto-Feature zum Ausbessern und Entfernen von ungewünschten Bildelementen, das ich mir so auch beim iPhone wünschen würde:
Die genannten Modelle sind aber wiederum viel größer als mein 13 mini, das perfekt in meinen kleinen Händen und meiner Hosentasche Platz findet. Und kleine Android-Handys gibt’s kaum noch. Ihr seht also: Die Hardware kann bei der Wahl zwischen iOS oder Android entscheidend sein.
Das gilt aber gleichermaßen bei der Frage, ob man sich als iPhone-Besitzer noch ein neues iPhone kauft, wie diese Kolumne meines Kollegen Alexander Köpf zeigt:
Das iPhone 14 zeigt, warum ich mir wohl nie mehr ein neues iPhone kaufen kann
Fazit nach 30 Tagen: Bleibe ich bei Android und dem Google Pixel?
Wie fällt mein Testurteil aus? Ich war anfangs extrem skeptisch, doch die meisten Sorgen lösten sich während meines Experiments in Luft auf. Der Umstieg von iOS auf Android ist heutzutage so einfach wie nie, fast alle Daten lassen sich leicht übertragen und für die meisten iOS-Apps gibt es Alternativen. Zudem fühle ich mich selbst als alter iPhone-Hase in Android 13 schnell zurecht.
Für meine Gaming-Kollegen ist es jedenfalls häufig um ein Vielfaches härter und anstrengender, sich auf ungewohntes Terrain zu begeben:
Ich behaupte daher: Für viele ist der Wechsel kein Problem, kann sogar erfrischend wirken. Ich habe mich jedenfalls schnell in einige Features verliebt, die ich bei iOS vermisse, darunter die Screenshot-Funktion beim App-Switcher oder die weitaus angenehmere Vibration beim Tippen auf der Tastatur.
Trotzdem bleibe ich nicht bei Android, da der Wechsel für mich persönlich mit zu vielen Kompromissen verbunden wäre. Und das liegt nicht mal an Android oder iOS. Auch nicht am iPhone 13 mini oder dem Google Pixel 4a. Es liegt an der simplen Tatsache, dass ich zu tief im Apple-Ökosystem sitze - um nicht zu sagen: gefangen bin.
So ist es letztlich die Summe all meiner Geräte, die mich beim iPhone hält: mein Macbook Air M1, mein iPad Pro, meine Apple Watch, AirTags und AirPods. Alle kommunizieren untereinander und erleichtern mir dadurch den Alltag. Auch, so dumm es klingt, weil alles einfach funktioniert.
Meine per Siri diktierte Erinnerung ist auf meinem Handy, meinem Computer und in meiner Smartwatch. Die Fotos meiner Frau sind automatisch in meiner iCloud-Bibliothek. Meine Notizen schreibe ich morgens auf dem iPad und lese sie nachmittags am Mac. Kurz: Mein gesamter Alltag, meine Workflows und meine Produktivität fußen auf iOS und dessen Software-Geschwistern. Für einen Umstieg reicht es daher nicht, das Handy zu wechseln. Ich müsste das gesamte Ökosystem wechseln. Und genau das wird mein nächstes Experiment.
Wenn ihr wissen wollt, ob es sich lohnt, auf neue Smartphone-Entwicklungen zu warten, hört gerne in unseren Podcast zur kommenden Hardware 2023 rein, ab Minute 29:17 sprechen wir über das Thema Handys:
Link zum Podcast-Inhalt
Wie sind eure Erfahrungen mit iOS und Android? Seid ihr gewechselt oder habt es vielleicht vor? Schreibt gern in die Kommentare, was eure größten Sorgen oder Hürden waren. Und was ich bei meinem nächsten Experiment unbedingt berücksichtigen sollte.
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