Ich tippe diese Zeilen, denke an meine Zeit mit Neverending Nightmares und schon ist es wieder da, dieses Unbehagen. Verorten kann ich’s: Es sitzt in der Körpermitte – ein klammes Gefühl, das mich unruhig macht. Woher es genau kommt, das ist schon schwieriger zu beschreiben. Eine bestimmte Szene in dem kurzen Horror-Adventure? Der ungewöhnliche Grafikstil, der Tristesse und Grusel in handgezeichnete Schönheit verpackt? Das ständig präsente Gefühl, wie ein Voyeur die Ängste, Sorgen und beunruhigenden Visionen eines psychisch gebeutelten Menschen zu betrachten?
Im Grunde egal, was zählt ist: Neverending Nightmares schafft es anfangs, den diffusen Schrecken von Albträumen in spielbare Form zu gießen. Später im Spiel verwandelt sich Neverending Nightmares allerdings zu einem repetitiven und spielerisch absolut anspruchslosen Albtraum.
Wo kaufen?
Neverending Nightmares ist bei Steam oder Gog.com für etwa 15 Euro erhältlich. Die Gog-Version ist wie immer DRM-frei.
Die Schrecken des Schöpfers
Bei Neverending Nightmares lohnt es sich, ein bisschen in der Entstehungsgeschichte zu graben – auch um zu verstehen, welche Art von Horror den geneigten Genre-Fan erwartet. Neverending Nightmares ist das geistige Kind von Matt Gilgenbach, ein Spielentwickler der in mehreren Phasen seines Lebens von Depression und psychischen Krankheiten geplagt wurde – zuletzt nach seinem vorigen Projekt, Retro/Grade. Der Rhythmus-Shooter mit interessanter Zeit-Spielerei ist trotz guter Kritiken finanziell desaströs gefloppt und mit diesem »Misserfolg« begann für Gilgenbach eine psychische Abwärtsspirale in die Niedergeschlagenheit.
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Der Wunsch, ein Indie-Entwickler zu bleiben, habe ihn aber dazu veranlasst, es noch einmal mit einem ganz persönlichen Spiel zu probieren – ein Spiel in dem er seine eigenen seelischen Dämonen kreativ verarbeitet. Zudem hat Gilgenbach via Kickstarter schon vorab für eine akzeptable Finanzierung gesorgt (über 100.000 US-Dollar sind zustande gekommen) und sich auch gleich mit einer interessierten Community ausgetauscht. .
Das Spiel mit dem Schrecken
In Neverending Nightmares schlüpfen wir in das Nachtgewand von Thomas, einem Mann der aus einem Albtraum erwacht, nur um festzustellen, dass er eigentlich noch immer darin gefangen ist. Thomas‘ traumwandlerischer Trip ist eine surreale Reise, die immer tiefer in albtraumhafte seelische Zustände führt. In der Seitenperspektive durchstreifen wir zunächst ein vermeintlich leeres Haus, stolpern durch einen dunklen Wald, finstere Keller oder eine Irrenanstalt, deren Insassen in blutigen Einzelteilen die Flure »zieren«.
Mit zunehmender Spielzeit verschwimmen die Lokalitäten, so geht zum Beispiel der Flur des Horrorhauses plötzlich nahtlos in einen Korridor des Irrenhauses über. Die Räume im Spiel ändern sich auch ständig. War eben der Ausgang aus der Küche noch links, kommt Thomas im nächsten Durchgang über die rechte Tür ins Freie. Anstatt allerdings ein Gefühl der Orientierungslosigkeit zu vermitteln, wird Thomas Spaziergang durch die Albtraumwelt aber eher zum frustigen Trial-and-Error. Dutzende Male befindet sich hinter einer Tür nichts weiter als ein leicht veränderter möblierter Raum ohne interaktive Objekte und vor allem ohne Grusel.
Neverending Nightmares - Screenshots ansehen
Was wir als Spieler in Neverending Nightmares tun, beschränkt sich auf das Nötigste: Das Spiel begnügt sich mit Pfeiltasten, einer Taste um kurzzeitig zu rennen und einem Knopf für Aktionen. Mit letzterem betrachten wir bestimmte Objekte oder interagieren mit ihnen. Thomas findet etwa eine Kerze, mit der er dann einen stockdunklen Raum erforschen kann. Und dank der kleinen Lichtfunzel auch nicht von dem gesichtslosen Monster verspeist wird, das dort in der Dunkelheit haust. Oder er versteckt sich in einem Schrank um nicht von einem stampfenden Riesen mit Babykopf gesehen zu werden, der Thomas unsanft zu Tode umarmen will.
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