RTX-Drama um New World: Warum sich Amazon nicht aus der Verantwortung ziehen darf

Amazon äußert sich zu den defekten Grafikkarten in New World und übernimmt dabei keinerlei Verantwortung. Kein gutes Zeichen, findet Hardware-Redakteur Nils Raettig.

Die Berichte über Grafikkarten, die beim Spielen von Amazons MMO New World Schaden davongetragen haben sollen, sind aktuell in aller Munde. Amazons Umgang mit dem noch schwer greifbaren Problem lässt aus meiner Sicht aber sehr zu wünschen übrig.

Im Kern weist Amazon in den offiziellen Stellungnahmen bei Twitter jede Verantwortung von sich - nur um im gleichen Zuge einen Patch zu veröffentlichen, der eine möglichen Auslöser in Form der sehr hohen FPS im Menü behebt:

Link zum Twitter-Inhalt

Der Patch ist generell sinnvoll, weil es von Anfang an völlig unnötig war, die Hardware bereits im Menü so stark auszulasten. Die Begründung, »damit Spieler sich wohler damit fühlen« überzeugt mich aber nicht.

Wenn ihr trotz der Problemberichte wissen wollt, wie gut sich New World spielerisch schlägt, erfahrt ihr das in unserer großen Preview:

Die genaue Sachlage ist noch nicht geklärt

Versteht mich nicht falsch, es geht mir nicht darum, zu sagen, dass Amazon alleine Schuld an den Vorfällen hat. Die größte Verantwortung ist dagegen bei den Hardware-Herstellern zu sehen. Eine gewisse Teilschuld trifft meiner Meinung nach aber ziemlich sicher auch Amazon.

Letztlich wird eine Mischung verschiedener Faktoren zu den Problemen geführt haben. Igorslab lenkt die Aufmerksamkeit beispielsweise auf einen schlecht umgesetzten und eigentlich unnötigen Chip für die Lüftersteuerung bei den scheinbar besonders oft betroffenen FTW-Modellen der Geforce RTX 3090 vom Hersteller EVGA.

Wie aber unter anderem der Tech-Youtuber Jayz2Cents zu Recht bei Twitter anmerkt, sind laut Spielerberichten nicht ausschließlich diese Modelle betroffen. Ein immer wiederkehrendes Element stellen gleichzeitig genau die sehr hohen FPS-Zahlen im Menü dar, die der jüngste Patch von New World nun behoben hat.

Der Autor
Nils Raettig ist seit fast acht Jahren Hardware-Redakteur bei der GameStar. Im Zuge dessen hat er unter anderem unzählige Grafikkarten getestet und hunderte von Spielmenüs gesehen. Seinen letzten Defekt einer Grafikkarte erlebte er noch vor seiner Zeit bei der GameStar während seines Volontariats bei der alt-ehrwürdigen PC Praxis. Über die genauen Gründe möchte er lieber den Mantel des Schweigens legen, mit zu hohen FPS in einem Spielmenü hatte er aber definitiv nichts zu tun.

Volle Auslastung ist nicht gleich volle Auslastung

Grundsätzlich sind Grafikkarten darauf ausgelegt, von Spielen stark ausgelastet zu werden. Die genaue Art dieser starken Auslastung kann sich aber je nach Situation im Detail deutlich unterscheiden. Das betont auch Senior PR Manager Christian Wefers von Asus auf unsere Anfrage zum Thema:

"Je nach Architektur des Grafikprozessors unterscheidet sich ja bereits auf GPU-Level die Art und Anzahl der Funktionseinheiten. Je nach Art der laufenden Berechnungen können so nicht nur Teile der GPU sehr unterschiedlich ausgelastet sein, sondern auch die Speicherbelegung und die Auslastung der Spannungsversorgung [...]. In Extremsituationen erkennt man das dann eventuell an sogenanntem Spulenfiepen bei hohen FPS. Auch die Temperaturen der Bauteile / Baugruppen unterscheiden sich je nach Auslastungsart."

Es kann also einen großen Unterschied machen, ob eine Grafikkarte im normalen Spielbetrieb bei FPS-Werten im zwei- oder dreistelligen Bereich ihr Arbeit macht oder ob sie das in einem Menü bei FPS-Werten im vierstelligen Bereich tun muss.

Wieso sollte das nur bei New World passieren?

Dass die FPS-Zahlen in einem Spielmenü sehr hoch liegen, ist keine neue Erscheinung. New World scheint den Vogel allerdings ein Stück weit abgeschossen zu haben.

Dabei handelt es sich zugegebenermaßen nur um einen subjektiven Eindruck, den ich nicht mit genaueren Untersuchungen belegen kann, auch durch den Patch. Aktuell weiß aber wohl niemand absolut sicher, wie es zu den Vorfällen kam - und solange das der Fall ist, sollte man auch mit einem eindeutigen Abweisen jeder Schuld sehr zurückhaltend sein.

Tipp: Ein FPS-Limit ist in vielen Fällen empfehlenswert
Wir empfehlen euch ganz unabhängig vom aktuellen Fall in New World, die FPS eurer Grafikkarte auf die maximale Hertzzahl eures Monitors zu limitieren, beispielsweise über die Systemsteuerung von Nvidia und die Option »Max. Bildfrequenz« in den 3D-Einstellungen oder über Tools wie Rivatuner Statistics Server. Das bringt im Gegensatz zu V-Sync keine teils deutlich höhere Eingabeverzögerung mit sich und kann gleichzeitig durch gesparte Energie zu einer kühleren, leiseren Grafikkarte führen.

Gleichzeitig gilt aber auch, dass ein Spiel nie zu einer Beschädigung der Grafikkarte führen darf. Hier müssen Hardware-seitige Schutzmechanismen greifen, die grundsätzlich auch vorhanden sind. Es ist jetzt oberste Pflicht für die GPU-Hersteller, herauszufinden, warum sie im Falle von New World teilweise nicht gegriffen haben. Dass Amazon aber schon vor einer genauen Klärung des Sachverhalts jede (Teil-)Schuld von sich weist, stört mich einfach.

Wir haben sowohl Nvidia als auch Board-Partner wie Asus, Gigabyte oder MSI zu dieser Thematik angeschrieben, hinter den Kulissen wird demnach bereits intensiv an einer Aufarbeitung der Probleme gearbeitet. Sollten wir mehr dazu erfahren, lest ihr es natürlich schnellstmöglich auf GameStar.de.

Habt ihr selbst Probleme mit eurer Grafikkarte in New World bekommen? Und wie denkt ihr über Amazons Umgang mit der Thematik? Angemessene Reaktion, fragwürdiges Statement oder etwas dazwischen? Schreibt es gerne in die Kommentare!

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