Vor einem Jahr sorgte Steve Perlman, Chef der kalifornischen Firma OnLive, mit dem gleichnamigen Online-Dienst für Gesprächsstoff auf der Game Developers Conference. Denn das für Ende 2009 angekündigte Produkt sollte Schluss mit dem ständigen Nachkaufen von Grafikkarten, CPUs und Mainboards machen, nach denen die neuesten, hardwarehungrigen Titel in schöner Tradition gieren. Stattdessen kommen die Spiele über das Internet ins Haus: Sie laufen auf einem maximal 1.000 Meilen beziehungsweise 1.600 Kilometer entfernten OnLive-Server, auf dem man sie im Prinzip fernsteuert.
Der Server schleust das resultierende Grafiksignal flugs durch einen Kompressionsrechner, bevor es über das Netz in Echtzeit auf den heimischen Monitor übertragen wird. Zunächst nur auf PC und Mac-Computern, doch selbst auf einem Fernseher sollen Homefront, F.E.A.R. 3 und Co. zukünftig laufen, mithilfe der etwa zigarrenschachtelgroßen OnLive-Konsole, die zwischen Internet und Fernseher gestöpselt wird. Spielen ohne teure Hardware, das Upgraden der Server und das etwaige Patchen der Spiele übernimmt OnLive, die Hersteller bekommen mehr Geld, weil sie keine Schachteln in die Läden stellen müssen, obendrein sind Raubkopierer Fehlanzeige - das klingt fast zu schön, um wahr zu sein.
Die Betaphase
Schon auf der Games Developers Conference 2009 mischte sich ein gehöriges Maß an Skepsis in die Begeisterung über die OnLive-Idee. Kritiker fragten sich, ob der Lag, also die Verzögerung zwischen dem Steuern der eigenen Spielfigur und ihrer von Server zurückgesandten Aktionen, nicht bei schnellen Action- und Rennspielen zu Problemen führen könnte.
Es kam kaum überraschend, dass aus dem geplanten Starttermin Ende 2009 erst einmal nichts wurde. Erst im März 2010 tauchte Steve Perlman erneut auf der Game Developers Conference aus der Versenkung auf, mit neuen Fakten und einer kühnen OnLive-Demonstration von Crysis auf einem iPhone. Am 17. Juni, zum Start der diesjährigen E3, solle der Dienst nach Perlmans Willen endlich ans Netz gehen. Allerdings nur für die Interessenten, die sich auf der OnLive-Webseite angemeldet hatten und von der Firma nach einem bislang unbekannten Verfahren ausgewählt worden waren. Es scheint, als wolle OnLive seine Server Schritt für Schritt belasten und nicht riskieren, dass sie unter einer Übermacht von Spielern zusammenbrechen beziehungsweise Warteschlangen entstehen, weil alle Server belegt sind. Damit sich dennoch genug Interessenten finden, lockt der US-Telefonriese AT&T mit einer Abokosten-Übernahme: Alle »Gründungsmitglieder« sparen sich in den ersten zwölf Monaten die Grundgebühr von rund 15 Dollar pro Monat. Außerdem bietet OnLive diesen Kunden für das zweite Jahr eine günstigere Monatsgebühr von fünf Dollar an. Unklar ist allerdings, wie viele Erstspieler es gibt, die von diesen günstigen Tarifen profitieren. Eines jedenfalls wissen wir sicher: Wir sind dabei. Weil OnLive derzeit nur in den USA angeboten wird, macht sich der GameStar-Korrespondent Roland Austinat in San Francisco an den Praxistest.
Die Technik
Wir steuern mit unserer Einladungs-E-Mail bewaffnet die OnLive-Webseite an, wo wir zunächst ein rund 500 KByte großes Programm herunterladen. Das übernimmt die Kommunikation zwischen dem heimischen Rechner und dem OnLive-Server.
Ein Windows-Computer muss in jedem Fall per Kabel mit dem Router verbunden werden, um die notwendige Datenrate von 5 MBit sicher zu garantieren. Uns gelang es interessanterweise trotzdem, mit einem zwei Jahre alten MacBook mit wahrlich lausigen 3D-Fähigkeiten über eine WiFi-Verbindung mit OnLive Kontakt aufzunehmen und den Action-Rollenspiel Borderlands zu spielen.
Derzeit bietet der Dienst systemübergreifend die HD-Auflösung 720p (1280x720 Bildpunkte) an, wahlweise im Maßstab 1:1 im Fenster oder bildschirmfüllend auf die jeweilige Monitorauflösung hochgerechnet. Dann wirkt es subjektiv allerdings etwas unschärfer. Bei Bildschirmen, die über ein anderes Bildformat als 16:9 verfügen, besitzt das hochgerechnete Bild schwarze Kinobalken am oberen und unteren Rand. Mancher PC-Zocker mag da Höheres gewohnt sein und über die niedrige Auflösung schmunzeln. In der Tat plant OnLive, auch das HDTV-Format 1080p (1920x1080 Bildpunkte) zu unterstützen. Allerdings ist noch nicht bekannt, wann diese Auflösung freigeschaltet und welche Datenrate dafür benötigt wird.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.