Sony und Microsoft haben im November endlich ihre neue Konsolengeneration ins Rennen geschickt. Für die beiden Großkonzerne die Gelegenheit, um neben der Hardware auch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen einem Upgrade zu unterziehen. Next-Gen-Konsolen brauchen immerhin auch Next-Gen-EULAs. Spätestens nachdem vielen Nutzern beim Blick in das besagte End User License Agreement (Endkunden Lizenzabkommen) von Steam, Appstore, Origin & Co. die Kinnlade herunter fiel, welche Rechte sich die Firmen darin oft jenseits jedes legalen Rahmens einräumen wollten, lohnt sich ein kritischer Blick auf den Textwust.
Nur wer will das schon? Richtig: ein Anwalt! Genauer gesagt Rechtsanwalt Stephan Mathé, dessen Kanzlei Rode + Mathé sich auf Wirtschafts- und Medienrecht spezialisiert hat. Er hat für euch die EULAs beider neuer Konsolen durchgeackert und erklärt hier, welche Rechte sich Sony und Microsoft herausnehmen und an welchen Stellen sie damit vermutlich das rechtlich zulässige Maß überschreiten. In diesem Beitrag befasst er sich mit den Nutzungsbedingungen der PS4.
Analyse der Softwarenutzungsbedingungen des Playstation Network
(von Stephan Mathé)
Bevor wir loslegen, kurz ein paar grundlegende Worte zum besseren Verständnis: Auch wenn Sonys EULA in der Gestalt von Nutzungsbedingungen in Erscheinung tritt, handelt es sich am Ende um vom Hersteller einseitig vorgegebene Regelungen. Die EULA von PSN & Co. sind daher als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zu werten.Das wiederum bedeutet, dass die Vorgaben der §§ 305 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) einzuhalten sind. Darin wird vor allem bestimmt, dass es keine überraschenden und den Verbraucher unangemessen benachteiligenden Klauseln geben darf.
Ungeachtet dessen ist natürlich außerdem obendrein zwingendes Recht (Datenschutz, Persönlichkeitsrechte, Gewährleistung etc.) zu beachten, das durch die AGB nicht umgangen werden darf. Unter diesen Gesichtspunkten werde ich daher die Nutzungsbedingungen des PSN betrachten und bemerkenswerte Punkte hervorheben.
Softwarenutzungsbedingungen sind oft ein komplexes Regelwerk, bei dem man sicherlich an vielen Stellen juristisch diskutieren könnte nach dem Motto »Zwei Juristen, drei Meinungen«. Ich beschränke mich bei meiner Analyse auf die gröbsten Fallstricke, so wie ich es tun würde, wenn mich Sony damit beauftragt hätte, nach potenziellen Problemfeldern zu suchen. Auch werde ich insgesamt nur das ansprechen, was für den Spieler auch wirklich wichtig ist.
Zum Autor
Rechtsanwalt Stephan Mathé ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz (Urheber-, Marken- und Wettbewerbsrecht), Partner der Hamburger Medien- und Wirtschaftskanzlei "Rode + Mathé Rechtsanwälte" und spezialisiert auf die Gamesbranche. Als Lehrbeauftragter für Medienrecht unterrichtet er u.a. an der Universität Magdeburg und der Hochschule Fresenius. Vor seiner Tätigkeit als Anwalt war Stephan Mathé Produktmanager beim Videospielhersteller Eidos tätig.
Weiterverkauf von Spielen wird untersagt
Schon direkt am Anfang des Dokuments stoßen wir auf die erste interessante Regelung. In den Ziffern 2.2. und 3.1. ist definiert, dass die Nutzungsbedingungen für sämtliche PlayStation-Spiele gelten. Ich verstehe das so, dass sowohl reine Downloads als auch auf Datenträgern gespeicherte Spiele unter die Regelungen fallen, was sich in 5.2.1. bestätigt, da dort von DVD und Blu-ray die Rede ist. Klingt unspektakulär, ist aber ein wichtiges Detail, weil in 4.1. geregelt ist: »Jegliche Software ist lizenziert, nicht verkauft.« Damit kommen wir zu einem großen rechtlichen Problem, nämlich der Frage, ob Spiele-Datenträger wie normale Waren frei weiterverkauft werden dürfen oder ob es in der Tat allein auf die auf den Datenträgern gespeicherte Software und die dafür erteilten Lizenzen ankommt.
Auf der einen Seite gibt es den urheberrechtlichen Erschöpfungsgrundsatz. Dieser besagt, dass ein konkretes urheberrechtlich geschütztes Werk (also z.B. ein bestimmter Datenträger mit einem Computerspiel), welches vom Hersteller einmal in Europa in den Verkehr gebracht wurde, frei weiter verkauft werden darf. Das klingt erstmal gut für den Spieler, der vielleicht auch seinen Einkauf bei Steam oder eben im PSN nach der Nutzung weiterverkaufen möchte.
Auf der anderen Seite erinnert sich so mancher vielleicht an ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), dass 2012 in den Medien die Runde machte. Darin urteilte der EuGH, dass die Hersteller ihre Softwarelizenzen fest an einen Nutzeraccount binden dürfen, der wiederum unverkäuflich sein darf. Ein Urteil, das bei vielen Juristen auf großes Unverständnis stieß, da es faktisch den Erschöpfungsgrundsatz aushebelt.
Es ist daher durchaus denkbar, dass sich die Gesetzeslage in Zukunft noch einmal ändern wird, wenn die Gerichte mit den »neuen« digitalen Medien besser vertraut sind. Die Hersteller jedenfalls, die am liebsten wollen, dass sich jeder Spieler ein eigenes Spiel kaufen muss, haben auf dieses Urteil reagiert und binden zumindest ihre Download-Spiele fest an einzelne Accounts. Das Gleiche könnten sie aber auch mit der Software machen, die auf einem Datenträger ausgeliefert wird - so hatte es Microsoft immerhin geplant, bevor man aufgrund des massiv negativen Echos aus der Spielerschaft wieder zurückruderte.
Auch Sony, die sich im Vorfeld beim Thema Gebrauchtspiele sehr liberal gaben, liegen diese Bestimmungen offenbar sehr am Herzen, was an ihrer Präsenz in den Nutzungsbedingungen klar ablesbar ist: In Ziffer 6.1. wird nochmals explizit geregelt, dass die erteilte Lizenz »nicht-übertragbar« ist und Ziffer 7.1. bestimmt sogar:
7. Weiterverkauf
7.1. Sie dürfen weder Disc-basierte Software noch Software-Downloads weiterverkaufen, insofern dies nicht ausdrücklich von uns autorisiert wurde. Ist der Herausgeber ein Drittanbieter, so wird zusätzlich von diesem Drittanbieter eine Erlaubnis benötigt.
Hier geht die gewählte Formulierung dann nun doch zu weit. Wenn etwa ein Spieler das Spiel als Datenträger kauft, nicht installiert (und entsprechend nicht den Lizenzkey benutzt und das Spiel nicht mit seinem Account verbindet) und dann - aus welchen Gründen auch immer - diesen Datenträger samt nicht benutzten Lizenzkey weiterverkaufen will, dann darf er das natürlich, und zwar auch ohne »Autorisierung« durch Sony. Das gebietet der Erschöpfungsgrundsatz.
Und eines muss man sich in solchen Fällen auch vergegenwärtigen: Datenträger kauft man gemeinhin verschlossen im stationären Handel. Mit dem Kaufvorgang an der Kasse geht das Eigentum am Datenträger auf den Käufer über, ohne dass die in der Verpackung enthaltenen oder erst bei der Installation sichtbar werdenden Lizenzbedingungen vom Käufer überhaupt zur Kenntnis genommen werden können. Diese können entsprechend in jenem Stadium auch noch gar nicht gelten, sodass sich der Weiterverkauf dann nach den allgemeinen BGB-Vorschriften richtet.
Sony darf uns die Spiele wegnehmen
In Ziffer 4.1. ist übrigens auch geregelt, dass die erteilten Lizenzen entzogen werden können, wenn der Spieler gegen die Nutzungsbedingungen verstößt. Ein Punkt, den wir im Hinterkopf behalten sollten, wenn wir bei der weiteren Analyse des Dokuments darüber sprechen, was alles als Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen gelten kann. Schon an dieser Stelle sei aber klar gesagt: Technisch ist dies zwar sicher möglich, ein solcher Entzug dürfte aber, wenn überhaupt, nur bei groben Verstößen gerechtfertigt sein und wäre ansonsten unangemessen. Immerhin hat der Spieler den (Kauf-)Preis bezahlt und wenn man ihm das Spielrecht ohne Rückerstattung entziehen möchte, bedarf es schon eines eklatanten Fehlverhaltens. So einfach geht das also nicht.
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