In Deutschland werden sie in Parlamente gewählt, am Horn von Afrika hingegen gefürchtet: Piraten kann man eben lieben oder hassen. Doch egal ob Freibeuter-Freund oder -Feind, eines muss man anerkennen: Piranha Bytes hat sein Rollenspiel Risen 2: Dark Watersin ein derart stimmiges und liebevolles Korsaren-Korsett eingeschnürt, dass selbst notorische Augenklappen-Abschwörer schneller darin versinken als eine Schatzkogge nach einem Kanonen-Durchschuss.
So bleibt auch Risen 2 ein typisches Piranha-Werk mit Ecken und Kanten, aber auch viel urigem Charme und einer Atmosphäre, die man mit dem Säbel schneiden kann. Im Test haben wir das Freibeuter-Abenteuer mehrfach durchgespielt und berichten live von den Meeren und Inseln der neuen Welt.
1.Patch-Update
Am 10. Mai hat Piranha Bytes mehrere Macken des Kampfsystems von Risen 2 mit einem Patch ausgebügelt. So kann der Namenlose nun die Angriffe der meisten Tiere und Monster mit seinem Säbel abblocken. Das ist zwar nicht logisch (Wie pariert man mit einem Degen den Biss eines Alligators?), aber spielerisch sinnvoll, weil nun nicht mehr jede Attacke den Helden trifft. Dadurch spielen sich die Scharmützel taktischer.
Außerdem kann der Held Angriffen nun ausweichen, bei gedrückter rechter Maustaste und einem Doppeldruck auf eine Richtungstaste hechtet er seit- oder rückwärts. Das erleichtert Gefechte gegen mehrere Kontrahenten, weil man Attacken in den Rücken leichter entgehen kann. In der Praxis sind Gruppenkämpfe trotzdem weiterhin fummelig, weil der Namenlose immer nur einen Gegner anvisieren kann.
Unterm Strich funktioniert das Kampfsystem von Risen 2 also immer noch nicht reibungslos, einen unserer zentralen Kritikpunkte – die taktikarmen Kämpfe gegen Tiere – lindert der Patch aber deutlich. Dafür heben wir die Kampfsystem-Wertung um einen Punkt an.
Darüber hinaus behebt das Update einige von uns monierte Bugs, darunter die flackernden Schatten auf Vegetation. Und der Narrensaft-Trank taucht nun nach dem Brauen tatsächlich im Inventar auf. Allerdings kommt es nach wie vor auf manchen Systemen zu Performance-Einbrüchen, binnen weniger Minuten kann die an sich flüssige Piratenhatz zur Ruckelorgie verkommen.
Steam-Pflicht
Als erstes Piranha-Bytes-Spiel verlangt Risen 2: Dark Waters nach einer Online-Aktivierung, und zwar über Steam. Bei der Valve-Plattform müssen Sie ein kostenloses Benutzerkonto erstellen, mit dem Sie das Piraten-Abenteuer dann verknüpfen. Danach lässt es sich auch im Offline-Modus starten, aber nicht mehr weiterverkaufen.
Die Sammlereditionen
Neben der regulären Fassung für rund 45 Euro gibt’s von Risen 2 auch eine Collector’s Editon für 60 Euro, die zusätzlich den Soundtrack, ein paar Postkarten und Sticker, ein Kartenposter, ein Amulett sowie eine Piratenflagge enthält. Dazu gibt’s den DLC Die Piratenkluft mit fünf exklusiven Ausrüstungs-Gegenständen. Noch eine Schippe drauf legt die nur bei Amazon.de verfügbare »Stahlbarts Schatz«-Edition für 90 Euro. In deren Holzschatulle liegen neben den Inhalten der Collector’s Edition und dem Vorbesteller-DLC Die Schatzinsel zusätzlich eine 20 Zentimeter hohe Gnomenfigur, das Lösungsbuch, ein Knochen- Kugelschreiber und eine Notiz der Entwickler. Letztere enthält den Zugang zu einem weiteren Download-Kapitel namens DerTempel der Lüfte.
» Boxenstopp-Video: Stahlbarts Schatz und CE von Risen 2 ausgepackt
Tempoarme Hexenjagd
Die Handlung von Risen 2 beginnt trostlos: Wütende Titanen verbrennen das Alte Königreich, als machtloser Mitläufer einer machtlosen Militärtruppe (der Inquisition), versinkt der macht-, pardon, namenlose Held des ersten Risen in Selbstmitleid und leeren Rumflaschen. Er hat am Ende des ersten Riseneben nicht nur sein Auge, sondern auch alle Hoffnung verloren.
Und wie immer, wenn’s nicht mehr schlimmer kommen kann, kommt’s noch schlimmer: Gemeinsam mit seinem Befehlshaber Carlos erlebt der Held mit, wie direkt vor der letzten Inquisitionsfestung Caldera ein Riesenkrake ein Schiff in die Tiefe reißt. Nach dem von Vulkanen flambierten Land mutiert nun also auch das Meer zur Todesfalle.
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Aber wie (wahrscheinlich) schon Captain Jack Sparrow lallte: In jedem Unglück liegt auch ein Samenkorn des Glücks. Aus diesem Samenkorn beziehungsweise dem verkrakten Wrack rettet sich nämlich eine alte Bekannte: die Piratenbraut Patty, im ersten Risennoch (zumindest im dramaturgischen Sinn) platter Nebencharakter, nun hingegen zentrale Handlungsfigur.
Die Dame bringt wichtige Neuigkeiten: Schuld am seeungeheuerlichen Treiben sei eine Meerhexe namens Mara, gegen die’s allerdings eine Waffe gebe. Welche, wo, wie – das weiß Pattys Papa, der Freibeuter Stahlbart. Im Geheimauftrag der Inquisition brechen Patty und der Held auf, um den alten Seewolf zu finden.
So weit, so interessant die Ausgangslage. Doch obwohl Risen 2 die Handlung mit wesentlich mehr und besser inszenierten Zwischensequenzen erzählt als der Vorgänger, mangelt es zwischendurch an Tempo und Dramatik. Höhepunkte sind rar, allenfalls zwei knallige Bosskämpfe und eine unerwartete Wendung haften im Gedächtnis.
Mara wiederum entpuppt sich alsein überaus blasser Bösewicht, der nur alle paar Spielstunden mal auftaucht – hier verschenkt Piranha Bytes viel Potenzial, ebenso wie am sehr zügig abgewickelten Ende. Nachdem sich viele Fans über den langatmigen Schlussakt des Vorgängers beschwert hatten, haben die Entwickler ihn diesmal gestrafft.
Und zwar zu sehr, zwischen dem Aufbruch zum Endkampf und dem Abspann liegen gerade mal zehn bis zwanzig Minuten. Unterm Strich haben wir jedoch auch schon weit langweiligere Storys erlebt, zudem führt die Handlung gut durch die Spielwelt und motiviert so immer zum Weiterspielen.
Eine Welt zum Genießen
Denn die Spielwelt zählt Piranha-typisch zu den großen Stärken des Abenteuers. Risen 2 spielt auf den Inseln und an den Küsten der vom Titanenfeuer verschonten Neuen Welt. Durch die reisen wir anfangs nicht frei, sondern folgen einem vorgegebenen und durchaus unterhaltsamen Pfad vom Eiland Takarigua zur Schwertküste.
Erst nach rund 15 Stunden öffnet sich Risen 2, dann nämlich erwirbt (besser: klaut) unser Held sein eigenes Schiff und darf fortan beliebig zwischen den bereits besuchten Inseln kreuzen -- weitere Schauplätze kommen im Verlauf der Handlung hinzu.
Und auch wenn selbst die größten Abschnitte (die Schwertküste und die Küste von Maracai) allerhöchstens halb so groß ausfallen wie die Insel Faranga aus dem ersten Risen, bleibt die klassische Gothic-Entdeckermotivation ungebrochen.
Weil selbst in den letzten Winkeln noch verborgene Schätze liegen, ist es nicht nur spaßig, sondern auch sinnvoll, die Inseln komplett zu erkunden. Und wer dabei auf ein (noch) übermächtiges Monster stößt, kehrt eben später als gereifter Held zurück und brennt dem Biest gehörig eins auf den Pelz oder Panzer.
Die Schauplätze selbst hat Piranha Bytes überaus liebevoll und detailliert gestaltet. Das Piratennest Antigua etwa, in dem zwischen windschief-rustikalen Holzbauten bunte Lampions baumeln. Oder die von brennenden Hügeln umgebene Festung Caldera.
Oder das Eingeborenendorf der Maracai auf einem Plateau hoch über dem Dschungel. Apropos: Obwohl wir auf jeder Insel Urwälder durchqueren, sehen diese nie generisch oder langweilig aus, sondern stets natürlich und, nun ja, richtig dschungelig eben – eine großartige Leistung!
Wie üblich geht zudem jeder Einwohner einem (simplen) Tagesablauf nach, Eingeborene etwa tanzen nachts bevorzugt ums Feuer. Besonders stimmungsfördernd ist die bezaubernde Beleuchtung, vor allem am Morgen und Abend lädt die Spielwelt dazu ein, einfach mal kurz zu verweilen und die Aussicht zu genießen.
So kitzelt Piranha Bytes aus der betagten Technik das letzte Quäntchen Schönheit heraus, allerdings eben vorrangig bei den Schauplätzen. Die im Vergleich zum ersten Risen zwar verbesserten aber immer noch hölzernen Gesichter und die teils abgehackten Animationen (etwa beim Springen und Klettern) sind hingegen weniger eindrucksvoll als ein Piratenschiff ohne Kanonen.
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