Am 19. August 2011 strahlte der private TV-Sender RTL in seinem Magazin-Format »Explosiv« einen Beitrag zur gamescom 2011 aus. Dabei ging es nicht um die auf der Messe vorgestellten Produkte oder allgemeine Trends in Branche und Medien sondern allein um die Besucher der Messe, die RTL als ungewaschene Männer ohne Freundin und mit Hang zu Spielzeugwaffen und Kostümen darstellte. Eine Messe-Hostess (hier im »erhellenden« Interview mit den Kollegen von Gamona) teilte die Besucher dann noch in unterschiedliche Gruppen auf, von denen keine sonderlich gut davon kam.
Die Folge: In den letzten Tagen häuften sich die Beschwerden auf der Internetseite Programmbeschwerde.de; bis heute gingen fast 7000 Meldungen zu der RTL-Sendung ein. Das Portal, das zwischenzeitlich unter dem Ansturm zusammenbrach, hat die zuständige Landesmedienanstalt, die Hannoveraner Medienbehörde NLM, über den Vorgang informiert.
Auch die Leitung der gamescom war nicht begeistert über den RTL-Beitrag und schrieb auf der Facebook-Seite der Messe:
Liebe Fans, der Beitrag der RTL "Explosiv"-Redaktion ist sicherlich grenzwertig und wir verstehen jeden, der sich davon „beleidigt“ fühlt. Wir prüfen, ob dabei medienrechtlich Grenzen übertreten wurden. Als Zuschauer könnt ihr zudem RTL direkt ein konstruktives Statement zur Sendung geben: http://www.rtl.de/kontakt.
Selbst die Hackergruppe Anonymous ruft anscheinend mit der Operation RTL in einem Youtube-Video zum Boykott des Senders RTL auf.
RTL reagiert mit Entschuldigung
Bei RTL scheint man inzwischen auch auf die Reaktionen der Spieler aufmerksam geworden zu sein, auch weil sowohl das Forum als auch die Hauptseite zeitweise wegen vermeintlichen Hackerangriffen ausgefallen waren. Auf der Webseite des Fernsehsenders wurde nun eine offizielle Stellungnahme zu dem Beitrag veröffentlicht:
Die Verallgemeinerung und Überzeichnung des Beitrags war ein Fehler. Wenn wir damit Gefühle verletzt haben sollten, entschuldigen wir uns ausdrücklich dafür. Der bei facebook privat gepostete Kommentar des RTL-Redakteurs war ausschließlich dessen private Meinung und in keinster Weise die von RTL.
Der erwähnte Facebook-Kommentar stammte von RTL-Redakteur Tim Kickbusch, der als erste Reaktion auf die Beschwerden den Spielern zunächst Humorlosigkeit vorwarf. Kickbusch auf seiner inzwischen nicht mehr einzusehenden Pinnwand: »Ich persönlich glaube, Gamescom-Besucher und Computerspieler sind ein humorloser Menschenschlag.«
Inzwischen hat sich der RTL-Mitarbeiter aber auf der offiziellen Facebook-Seite der gamescom entschuldigt. Seiner Aussage nach, sollte der TV-Beitrag »lustig werden«. Mehrere hundert E-Mails (und vielleicht auch der eine oder andere Anruf aus seiner Chefetage), haben ihn aber anscheinend davon überzeugt, dass dieses Ziel aus Sicht vieler Zuschauer nicht erfüllt wurde. Hier der ganze Beitrag:
Mehrere Hundert Mails heute haben mir deutlich gezeigt, dass ich die Wirkung meines Beitrags zur Gamescom ganz falsch eingeschätzt habe. Der sollte lustig werden. Das ist mir gründlich misslungen. Ich wollte niemanden beleidigen oder verletzen. Dass das jetzt dennoch geschehen ist, tut mir sehr leid. Die anschließende Diskussion auf meiner privaten Facebook-Seite über den Beitrag und die Reaktionen darauf war hitzig. Meine Äußerungen dort waren unüberlegt. Auch dafür möchte ich mich entschuldigen.
RTL entfernt Videoreaktionen
Der ursprüngliche RTL-Beitrag verbreitete sich in den letzten Tagen natürlich auch über Youtube und wurde dort von mehreren Usern hochgeladen. Mit dem Hinweis auf Urheberrechtsverletzungen werden die Videos auf Wunsch von RTL aber derzeit anscheinend wieder von Youtube entfernt. In diesem Youtube-Kanal ist das Video derzeit noch zu finden, ansonsten gibt es den Beitrag auch auf der Homepage von RTL.
Ebenfalls entfernt wurde ein Beitrag der Spielewebseite GIGA.de, die mit einer Videoantwort auf den Explosiv-Bericht reagiert hatten. Vor der Sendezentrale von RTL begaben sich die GIGA-Kollegen auf die Suche nach merkwürdig aussehenden Menschen, über deren Körperhygiene man sich im Explosiv-Stil lustig machen könnte. Sie wurden fündig. Allerdings wurden in dem Beitrag Szenen aus der Originalsendung vom 19. August gezeigt. RTL sah auch hier eine Urheberrechtsverletzung.
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