Rue Valley ist ein mutiges Spiel: Zeitschleifen wie in Life is Strange, das Innenleben als Skill-System, Fokus auf Dialoge und Story. Ob es am Ende auch ein gutes Spiel wird, kann ich nach dem ersten Anspielen noch nicht beurteilen. Aber es hat definitiv verdient, dass ihr von ihm hört. Es scheut sich nicht davor, euch zwischendurch zu frustrieren, sondern macht genau das zum Teil des Spielkonzepts.
Die Hauptfigur hat einen richtig miesen Tag erwischt: Nicht nur, dass er aus bisher unbekannten Gründen zu einer seltsamen Therapie gezwungen wird, während er er in einem runtergekommenen Motel wohnen muss. Schnell stellt sich auch noch heraus, dass unsere Figur in einer Zeitschleife gefangen ist und alle 47 Ingame-Minuten wieder von vorn anfängt.
Um auszubrechen, muss er sich seinen inneren Dämonen stellen. Doch wie schafft man das, wenn es einem völlig an Motivation mangelt? Rue Valley verzichtet auf Fantasy, Kämpfe und Magie. Stattdessen will es zutiefst menschliche, nachvollziehbare Geschichten erzählen. Ich konnte selbst in die Alpha-Version reinspielen – und habe jetzt Redebedarf!
Was zur Hölle ist hier eigentlich los?
Diese Frage schoss mir im Spiel alle paar Minuten durch den Kopf. Rue Valley baut von Anfang an ein beklemmendes Gefühl in mir auf – nicht nur wegen der mysteriösen Zeitschleife. Warum wird mein Charakter überhaupt in diese Therapie gezwungen? Ist der scheinbar freundliche Therapeut wirklich mein Verbündeter oder diene ich ihm vielleicht für seltsame Experimente? Irgendwas stimmt hier jedenfalls ganz gewaltig nicht und ich muss herausfinden, was es ist.
Zuerst wähle ich die Charaktereigenschaften für meine Figur. Das erinnert ein bisschen an Disco Elysium, es gibt keine klassischen Skills wie Stärke, stattdessen baue ich mir eine psychische Verfassung zusammen. Die wiederum entscheidet, welche Dialogoptionen ich bekomme. Als introvertierte Person kann ich nicht laut für mich einstehen, mit hoher Paranoia werde ich aufmerksamer, aber eben auch misstrauisch.
Rue Valley wirft mich nicht ganz so ins eisige Wasser wie Disco Elysium damals, die Eigenschaften sind allesamt klar erklärt und je nach Punkteverteilung bekomme ich eindeutige Beschreibungen, wie ich denn so drauf bin. Cool!
Der Großteil des eigentlichen Spiels besteht aus Dialogen, die in stilsicherer Cartoon-Optik gehalten sind. Zwischendurch laufe ich auch mal durch das Motel und seine Umgebung, betrachte interessante Objekte und schalte neue Gedanken und Inspirationen frei. Die eröffnen mir dann manchmal neue Optionen für den nächsten Durchlauf der Zeitschleife und so decke ich nach und nach meine eigene Vergangenheit auf.
Ein wenig Sorgen macht mir doch die ewige Wiederholung der immer gleichen Abläufe. Beim Anspielen fand ich das noch mehr motivierend als frustrierend, aber ich sehe hier eine mögliche Stolperfalle. Einem gewissen Charakter wollte ich schon bei unserer zweiten Begegnung das Telefon aus der Hand schlagen – ich hoffe, dass die Entwickler solche Frustmomente ganz bewusst einsetzen und nicht damit übertreiben.
Kein Kampf bedeutet nicht automatisch Frieden
In Rue Valley gibt es keine Kämpfe im klassischen Sinn, nur die in meinem Inneren. Das größte Hindernis ist nämlich meine Figur selbst: Der Kerl will sich gar nicht mit sich selber beschäftigen! Stattdessen hat er schmerzhafte Erinnerungen weggepackt und unters Bett gestopft (ganz wortwörtlich). Um die wieder rauszukramen, braucht er erstmal Motivation – eine Ressource, die am Anfang auf null steht. Das Gefühl kennt man ja.
Wie in Life is Strange habe ich durch die Zeitschleife oft die Möglichkeit, den gleichen Dialog mit anderen Antworten durchzuspielen. Dadurch erfahre ich wieder neue Details, die mir hoffentlich irgendwann helfen, das Rätsel zu lösen und auszubrechen. Gut 20 Spielstunden stecken laut Entwicklern im Rollenspiel.
Wie die Story ausgeht und ob mir die Auflösung am Ende coole Aha-Momente beschert, kann ich bisher nicht sagen. Rue Valley steht und fällt komplett mit der Qualität seiner Geschichte. Die könnt ihr übrigens wahlweise auch komplett auf Deutsch verfolgen, die Entwickler haben bestätigt, dass es eine deutsche Sprachausgabe geben wird. Einen Release-Termin hat das Spiel bisher noch nicht. Es wird ausschließlich für PC via Steam erscheinen.
Rue Valley wird das erste Spiel vom Entwickler-Team Emotion Spark Studio. Als Publisher ist Owlcat Games dabei, die ihr vielleicht schon als die Entwickler von Pathfinder: Wrath of the Righteous und Warhammer 40.000: Rogue Trader kennt. Also Leute, die sich unsagbar gut mit schönen Rollenspielen auskennen!
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.