The Gardens Between im Test - Gute Freunde kann niemand trennen

Was macht echte Freundschaft aus? Das einsteigerfreundliche Puzzle-Adventure The Gardens Between versucht sich an einer Antwort zwischen Nostalgie und Melancholie.

GameStar Plus Logo
Weiter mit GameStar Plus

Wenn dir gute Spiele wichtig sind.

Besondere Reportagen, Analysen und Hintergründe für Rollenspiel-Helden, Hobbygeneräle und Singleplayer-Fans – von Experten, die wissen, was gespielt wird. Deine Vorteile:

Alle Artikel, Videos & Podcasts von GameStar
Frei von Banner- und Video-Werbung
Einfach online kündbar

Das hübsche Puzzle-Adventure The Gardens Between erzählt eine emotionale Geschichte - ganz ohne Dialoge. Das hübsche Puzzle-Adventure The Gardens Between erzählt eine emotionale Geschichte - ganz ohne Dialoge.

Böse Zungen könnten behaupten, dass sich der Indie-Hype langsam aber sicher selbst in den Schwanz beißt. Vor zehn Jahren zeigen einzigartige Spiele wie Braid oder World Of Goo, wie man festgefahrene Klischees erfolgreich aufbricht und gelernte Konventionen zugunsten von frischen Spielerfahrungen links liegen lässt.

Jetzt sind die rebellischen Titel von damals selbst schon fast zu Blaupausen für den finanziellen und kreativen Erfolg geworden. Das mag auf den ersten Blick ein Rückschritt sein. Außer, man verpackt die entsprechenden Designentscheidungen in ein so durchdachtes Gesamtpaket wie The Gardens Between.

Demo-Gameplay: So funktioniert The Gardens Between

Denn das Puzzle-Abenteuer will hinsichtlich seiner Spielmechaniken und seiner grundlegenden Stimmung kein Wegbereiter sein, sondern vielmehr einen weiteren kleinen Nebenpfad auf dem großen Pilgerweg der storygetriebenen Denkspiele beschreiten. Schon mit dem ersten Schritt darauf öffnen The Voxel Agents in ihrem ersten Spiel die emotionale Büchse der Pandora. Die jugendlichen Protagonisten und besten Freunde Arina und Frendt sitzen im Intro spürbar geknickt in ihrem selbst gebauten Baumhaus, während Blitze den Himmel erhellen, Dauerregen auf das mäßig dichte Dach einprasselt und im Hintergrund Züge zwischen Hochausschluchten über die Schienen rattern.

Im gemeinsamen Baumhaus beginnt die Reise durch die Erinnerungen von Arina und Frendt, die leider viel zu schnell wieder zu Ende ist. Im gemeinsamen Baumhaus beginnt die Reise durch die Erinnerungen von Arina und Frendt, die leider viel zu schnell wieder zu Ende ist.

Die Stimmung ist trotz des kompletten Verzichts auf Dialoge bedrückend - bis ein plötzlicher Blitzschlag die Zeit still stehen lässt. Eine Lichtkugel transportiert die Kumpels anschließend in eine magische Parallelwelt, in der ihr die Geschichte ihrer Freundschaft anhand von gesammelten Erinnerungen nachvollziehen müsst.

Ein Schritt vor, ein Schritt zurück

Dafür bereist ihr 19 kompakte Inseln, die in acht Erinnerungsmomente gruppiert sind. Ziel: eine magische Lampe mit einer Lichtkugel aufzuladen und diese auf einem mystischen Altar am Ende des Levels zu platzieren. Auf dem Weg dorthin werdet ihr auf jeder der liebevoll gestalteten Insel mit Puzzles konfrontiert, die nicht nur stetig im Schwierigkeitsgrad steigen, sondern obendrein durch enorm kreative Einbindung der Spielumgebung glänzen.

Um diese Rätsel erfolgreich zu bewältigen, benötigt ihr nur ein paar Tasten. Mit den Pfeiltasten spult ihr die Zeit und damit auch die Bewegungen eurer Protagonisten vor oder zurück, mit der Leertaste interagiert ihr mit unterschiedlichen Objekten in der Spielwelt. Diese Interaktion ist auch zentral für das Rätseldesign von The Gardens Between.

Bereits früh trefft ihr auf die hüpfenden Kästen, die eure Lampe an unzugängliche Orte bringen – die einzigen anderen Quasi-Lebewesen in der malerischen Traumwelt des Spiels. Bereits früh trefft ihr auf die hüpfenden Kästen, die eure Lampe an unzugängliche Orte bringen – die einzigen anderen Quasi-Lebewesen in der malerischen Traumwelt des Spiels.

Spult ihr die Zeit nämlich einfach nur vor, stoßt ihr eher früher als später auf zunächst unüberwindbare Hindernisse - ob übergroße Dinosaurierknochen, die euch den Weg versperren, Nebelwände, die sich bei Kontakt mit Licht ins Nichts auflösen oder Lichtbrücken, die durch den Einsatz eurer aufgeladenen Lampe aktiviert werden müssen.

In einem Rätsel müsst ihr euer Leuchtmittel beispielsweise an einer Pflanze vorbeischmuggeln, die die darin enthaltene Lichtkugel wie ein schwarzes Loch aufsaugt. Zu diesem Zweck platziert ihr die Lichtquelle mit Arina auf einem durch die Spielwelt hüpfenden Podest. Damit sich dieses unabhängig von der normalen Zeitspulfunktion bewegt, müsst ihr mit Frendt ein Windspiel aktivieren. So könnt ihr das Gehüpfe des Podests isoliert von normalen Zeitfluss manipulieren und die Lampe hinter der Pflanze wieder einsammeln - Braid lässt grüßen.

Nostalgie für Nerds

Das ist nur eines der vielen Beispiele für das zwar ziemlich simple, aber doch enorm vielschichtige und kreative Rätseldesign, das euch immer wieder mit neuen Facetten überrascht. Das Herausfordernde, aber auch Schöne daran: Kein UI zeigt euch den Weg, keine Tooltips schubsen euch in die richtige Richtung. Frustration kommt aufgrund mangelnder Sackgassen nicht auf, zumal sich die meisten Inseln als kompakte Fünf-bis-Zehn-Minuten-Häppchen und viele als kleines optisches Meisterwerk präsentieren.

Herrlich meta: Eure Zeitspulfähigkeiten übertragen sich auch auf in der Spielrealität existierende virtuelle Welten. Herrlich meta: Eure Zeitspulfähigkeiten übertragen sich auch auf in der Spielrealität existierende virtuelle Welten.

Oft strotzen sie nur so vor popkulturellen Anspielungen, an denen vor allem Kinder der 80er ihre helle Freude haben dürften. Von der Retrokonsole mit Mario-mäßigem Jump'n'Run über den Walkman und selbstbemalte Mixtapes bis hin zum Röhrenfernseher ist alles dabei, was das Nerd-Herz höher schlagen lässt. Die felsige Landschaft verschmilzt dabei immer wieder mit den überlebensgroßen Gegenständen und kreiert so ein begehbares surreales Kunstwerk, in dem Videokassetten zu Brücken werden und sich die Manipulation von Wandkritzeleien auf die echte Welt auswirkt.

Ein Meisterkurs in Minimalismus

Habt ihr eine Inselgruppe erfolgreich absolviert, schaltet ihr die dazugehörige Erinnerung als kurze Animation frei. Wie viel Gewicht und Bedeutung The Gardens Between dabei in so wenige Augenblicke legt, ist durchaus beeindruckend. Zwar ist die Geschichte von Arina und Frendt keine besonders ausgefallene oder merkwürdige - das fantastische Element spiegelt sich ausschließlich in der fantasievollen Gestaltung der Trauminseln wider -, trifft allerdings genau aufgrund ihrer großen Ähnlichkeit zu Erfahrungen aus der Lebensgeschichte der Spieler so punktgenau ins Schwarze.

The Gardens Between - Screenshots ansehen

Unterstützt wird dieses wohlige Gefühl der Nostalgie nicht nur durch die pastellige Farbpalette und allgemeingültige Ankerpunkte jugendlicher Erlebnis- und Gefühlswelten, sondern auch durch den großartig reduzierten Soundtrack von Tim Shiel. Dessen Minimalismus unterstreicht den Fokus auf das Wesentliche und den besonderen Moment, den The Gardens Between nicht nur in seiner Spielmechanik, sondern auch in seiner zugrundeliegenden Message transportiert.

Einen ähnlich bittersüßen Zwiespalt wie die hervorgerufenen Erinnerungen ruft das Spiel auch hinsichtlich seines Umfangs hervor. Nach nur knapp zwei Stunden flimmert das leider etwas zu zweideutige Ende über euren Bildschirm. Dafür servieren euch diese zwei Stunden ein wohlig-warmes Konzentrat aus Knobelei und Zwischenmenschlichkeit, das sich vor Inspirationen wie Gone Home nicht verstecken muss.

The Gardens Between - Demo-Gameplay: Minority Report im Vorgarten Video starten 10:08 The Gardens Between - Demo-Gameplay: Minority Report im Vorgarten

1 von 3

nächste Seite


zu den Kommentaren (4)

Kommentare(2)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.