Seite 3: Warum Rollenspiele immer schneller werden - Das Ende der Epik

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So schnell der Spieler will

Dazu gehört auch, dass jeder dieser Schritte den Produktionsaufwand erhöht hat – nicht umsonst kann die Entwicklung moderner Spiele zweistellige Millionensummen verschlingen. Für Designer besteht die Kunst darin, die Erzählmittel Text, Dialog und Zwischensequenz gekonnt zu kombinieren.

Mass Effect 2 bietet neben sehr guten Zwischensequenzen auch jede Menge Dialoge. Mass Effect 2 bietet neben sehr guten Zwischensequenzen auch jede Menge Dialoge.

Besonders gut gelingt das der Mass Effect-Reihe. In Dialogen und Zwischenfilmen lerne ich meine Kameraden kennen, bekomme Aufträge und erfahre mehr über die Spielwelt. Zugleich kann ich mich mithilfe des Kodex-Lexikons näher über das Universum sowie die Vorgeschichte informieren – und das Erzähltempo für eine Weile zurückschrauben. Im Idealfall lässt mir ein Spiel also die Wahl, was ich möchte: Erforschen, reden, oder lieber eine knallige Passage?

Hohes Tempo =geringe Spieltiefe?

Zurückgeschraubt wurde in den letzten Jahren jedoch auch die Spielmechanik vieler Titel, beispielsweise strich Bioware bei Mass Effect etliche rollenspieltypische Charakterwerte. Commander Shepard steigert nicht Stärke und Intelligenz, er schießt und rettet die Welt. Überdies finden Quicktime-Events immer häufiger ihren Weg in moderne Spiele.

Dragon Age 2 setzt von der ersten Minute an auf Action in Form blutiger Gefechte. Dragon Age 2 setzt von der ersten Minute an auf Action in Form blutiger Gefechte.

Die Motivation hinter solchen Gameplay- Reduzierungen ist klar: Um ein hohes Tempo aufrechtzuerhalten, soll sich der Spieler nicht mit Tabellen herumschlagen. Diese Entwicklung hat ihre Berechtigung, schließlich muss die Spielmechanik zur Inszenierung passen. Es kann nicht schaden, Überflüssiges zu kürzen, etwa lange Laufwege und schnarchige Riesenratten-Dungeons.

So durchlaufen Computerspiele, genau wie Lebewesen, eine fortwährende Evolution. Die Entwickler probieren immer neue Elemente aus; wenn diese funktionieren, finden sie ihren Weg in Nachfolger und Nachahmer. Die filmhafte Inszenierung ist eines dieser Erfolgselemente, und die Versuchung ist groß, seine ganzen Hoffnungen darauf zu setzen. Spieler mögen Action, da liegt der Schluss nahe, dass mehr davon nur gut sein kann.

Geschichten werden aber von mehr als hohem Tempo und rasanter Inszenierung getragen. Auch ruhige Abschnitte, die mir Zeit geben, Ereignisse auf mich wirken zu lassen, sind wichtig. Effekt-Feuerwerke und Explosionen? Unbedingt! Aber bitte in Maßen, damit sie als die Höhepunkte in Erinnerung bleiben, als die sie gedacht waren, und nicht im Dauerrauschen untergehen. Nicht falsch verstehen: Es spricht für die Kreativität der Branche, dass sie neue Elemente ausprobiert. Die Gefahr, dass Neuerungen überstrapaziert werden, besteht aber ebenfalls. »Die Kombination von Elementen wie Spielmechanik, Geschichte, Dialogen und Cutscenes ist eine Kunst«, sagt Sebastian Stepien. Recht hat er.

Dass es einen großen Bedarf an geruhsam erzählten Abenteuern gibt, belegt der Erfolg von Bethesdas Skyrim, das kurz nach dem Verkaufsstart 285.000 gleichzeitig aktive Steam-Spieler aufweisen konnte – mehr als Modern Warfare 3. Auch die GameStar-Leser wünschen sich Abenteuer, die etwas ruhiger erzählt werden als The Witcher 2. Bleibt zu hoffen, dass die Entwickler bei künftigen Projekten berücksichtigen, dass schnelle Cutscenes und eine erhöhte Erzähl-Schlagzahl nur weitere Mittel sind, die dazu beitragen können, Spiele unterhaltsamer zu gestalten. Allheilmittel sind sie jedoch nicht. Wenn das gelingt, kann die Invasion der achtköpfigen Aale noch verhindert werden.

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