Ein Schritt in Richtung perfekt

Ubisoft hat in den letzten Jahren immer wieder mit harter Kritik zu kämpfen, da sich die französischen Entwickler häufig des gleichen Konzeptes...

von r0rschach am: 24.03.2017

Ubisoft hat in den letzten Jahren immer wieder mit harter Kritik zu kämpfen, da sich die französischen Entwickler häufig des gleichen Konzeptes bedienen und eher selten neue, innovative Spiele hervorbringen. So kommt das Studio mal wieder mit einer Formel um die Ecke, mit der sich streng an aktuelle Trends gehalten, und nichts sonderlich neues auf den Markt gebracht wird. Denkt man am Anfang. Dass diese These nur bedingt wahr ist, merkt man bereits in den ersten Spielstunden.

Wildlands ist der neueste Ableger der Ghost Recon-Serie. Zum ersten Mal setzt Ubisoft hier auf eine frei begehbare Spielwelt in einem Ghost Recon-Teil, was die Kredibilität des Spieles im Vorfeld etwas herunterschraubt, angesichts der aktuellen Flut an Open-World-Spielen.

Story

Auch die Story könnte ein wenig glaubhafter sein: Ein mexikanischer Kartelboss entschließt sich dazu, mit seiner Gefolgschaft in Bolivien einzumarschieren. Das "Santa Blanca"-Kartell gewinnt rasch an Macht, was nicht zuletzt daran liegt, dass der Staat sich geschlagen gibt und weg sieht, solange das Kartell nicht auf das Militär schießt und die Anzahl an Leichen versucht gering zu halten. Hinzu kommt, dass das bolivianische Militär, die Unidad, mehr oder weniger mit dem Kartell zusammen arbeitet, und es so zwei gegnerische Fraktionen gibt. Der Santa Blanca-Organisation stehen also für sämtliche illegale Machenschaften Tür und Tor offen. An diesem Punkt mischen sich (selbstverständlich) die Amerikaner ein - Nach dem Tod eines Undercover-Agenten werden wir mit drei Kompagnons nach Bolivien geschickt, um mit den bolivianischen Rebellen zusammenzuarbeiten, und das Kartell zu stürzen. Joa, das ist die Story. Doch auch wenn man es nicht glauben mag, dass die Story so unfassbar dünn ist, vergisst man sofort. Wenn man dem Spiel in den ersten Spielstunden die Chance gibt, entfaltet es ein ganzes Universum, in dem man sich stundenlang verlieren kann.  

Gameplay

Das Gameplay ist im Bezug auf das taktische Vorgehen nicht allzu erwähnenswert. Es ist weder schlecht, noch sonderlich gut. Vor Allem aber ist es nicht eines Ghost Recon-Ablegers würdig. Okay, die letzten Jahre waren für diese Serie nun wirklich nicht rosig, mit Teilen wie Future Soldier oder... oder Phantoms... Aber hier haben wir nichts halbes und nichts ganzes. Man kann sich eigentlich immer aussuchen, ob man ballernd in die Menge rennt, oder doch lieber auskundschaftet, dem Team Anweisungen gibt, und so weiter.  Hier orientiert sich Ubisoft mal wieder an der Gamingwelt, in der wir heute angelangt sind. So einfach wie möglich. Wirklich fordernd ist Wildlands also nicht, zumindest nicht auf den einfacheren Schwierigkeitsstufen. Sobald man aber auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad spielt, fordert das Spiel wie gewohnt Taktik, und man kommt dem alten "Ghost Recon-Feeling" nahe.

Im folgenden Bild ist ein Temkollege zu sehen, der aus irgendeinem Grund aus dem fahrenden Auto sprang.

Leider lässt sich damit die Dummheit der Kameraden nicht beheben. Wenn zum Beispiel eine ruhige Szene von einem "Mann am Boden" oder "Wir haben Verluste" unterbrochen wird, wurde höchstwahrscheinlich ein Teammitglied  von einem Zug überrollt. Wenn man gerade in Deckung ist und unmöglich vom Feind gesehen werden kann, dieser jedoch das Feuer eröffnet, ist vermutlich ein Kamerad mitten in die Menge gerannt und wurde entdeckt. Das kommt aber glücklicherweise nicht häufig vor. Über die Gegner-KI lässt sich nichts negatives sagen, nein, sie entdeckt im Gegensatz zur KI von Ghost Recon: Future Soldier "sogar" die Drohne, wenn sie den Gegnern zu nahe kommt. Ein paar Aussetzer bei der Gegner-KI gibt es dennoch.

Die Schwierigkeit der Missionen hängt unter anderem davon ab, ob Santa Blanca oder die Unidad das Ziel sind. Hat man bei den Sicarios nicht allzu viele Probleme, nachdem man den Alarm deaktiviert hat, kommen bei der Unidad doppelt so viele dazu. Denn nicht nur, dass die Unidad leider ziemlich unnötig ist, da die Idee eines gekauften Militärs nicht einmal annähernd ausgeschöpft wird, sie ist auch noch ziemlich overpowered. Die Unidad-Soldaten tragen sehr robuste Rüstung, sind gut bewaffnet und fordern bei jeder Kleinigkeit Verstärkung an. Diese wird man nicht selten nur durch die Flucht los, da mit jedem Erfolg gegen das Militär das Fahndungslevel steigt. So wird das "Stürmen" einer Unidad-Basis sehr häufig in einem Game-Over-Screen enden. Das ist übrigens immer sehr ärgerlich, da man prinzipiell, egal, wie weit man in der Mission war, einen  neuen Versuch starten muss - Allerdings ist das hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades ein positives Merkmal. Der Einsatz der Drohne hilft zumindest merklich, eine Basis zu scouten, ohne dabei entdeckt zu werden, was bei den Unidad-Missionen sehr wichtig ist.

Die Drohne ist übrigens mit Vorsicht zu genießen - Einmal in dieses Gadget verliebt, wird sie inflationär genutzt und das taktische Vorgehen so fast nicht mehr gefordert. Gilt zwar nicht ganz so sehr, aber auch für das Fernglas. Das Far Cry-Prinzip (nicht abwertend gemeint) "1. Gegner markieren 2. Sam Fisher imitieren 3. Fertig" lässt sich somit auf das ganze Spiel anwenden. Deswegen: HUD aus! So wird die Markierung über entdeckten Gegnern nicht angezeigt, und man wird hauptsächlich von leisen Waffen Gebrauch machen müssen. Die Auswahl an Waffen ist übrigens für jeden Waffenfanatiker ein Augenschmaus. Es gibt ohnehin schon einige, und für jeden besiegten Bochon wird eine Spezialwaffe freigeschaltet. Die Modifikationsmöglichkeiten sind überragend. Es gibt in jedem Bereich zahlreiche Upgrades, die die Waffe auf nachvollziehbare Weise in einer Hinsicht verbessern, in einer anderen aber auch verschlechtern können.

Welt

Kommen wir nun zur Welt. Ja, die Welt. Das wahrscheinlich beste am ganzen Spiel. Gigantisch und abwechslungsreich. Von Wüste über Salzsee bis zu verschneiten Bergen ist hier alles dabei, also kann man sich in der Map von Wildlands wahrlich austoben.  So lebendig wie die Welten von Far Cry 3 oder 4 ist sie zwar nicht, doch auch hier laufen einige Alpakas, Rehe und andere Tiere herum. Diese reagieren natürlich auf die Umwelt. Der Tag-Nacht-Zyklus ist wirklich sehr gelungen, und man hat nicht das Gefühl, dass sich Tag und Nacht zu oft abwechseln. Auch die verschiedenen Wetterbedingungen verleihen dem Spiel schön viel Atmosphäre und Abwechslung, was dazu beiträgt, dass das Spiel nicht langweilig wird.

 

Im Gegensatz zu GTA V oder anderen Open-World-Spielen hat man hier auch nicht das Gefühl, komplett alleine zu sein. Die NPCs tauchen nicht übermäßig häufig auf, und man hat auch nicht das Gefühl, dass sie alle gleich aussehen (auch wenn das wahrscheinlich trotzdem so ist).

Die Spielzeit ist eine weitere Stärke. Wenn man das Spiel durchrushen will wird man vermutlich ca. 20-25 Stunden brauchen. Möchte man aber von der offenen Welt und den zahlreichen zu entdeckenden Dokumenten, CDs und Videos Gebrauch machen, wird man aber gut und gerne bis zu 70 Stunden beschäftigt sein. 

Performance

Die Performance ist durchgehend gut - zwar nimmt das Spiel einiges an Leistung in Anspruch, allerdings hatte ich während der gesamten Spielzeit keine FPS Drops oder der gleichen. Durchschnittlich hatte ich auf der Voreinstellung "Ultra" auf 1920x1080 ca. 80 FPS (mein System ist unten aufgeführt).

Fazit

Ghost Recon: Wildlands ist ein klasse Spiel. Mit einigen Abstrichen muss man heutzutage einfach rechnen, und wenn man das tut, wird man mit dem neuesten Tom Clancy-Teil ganz sicher nicht enttäuscht. Die anfänglichen Bugs (die nun weggepatcht wurden), der Schwierigkeitsgrad... Klar, Fans der alten Teile werden hier nicht so sehr auf ihre Kosten kommen, aber die wissen sicherlich, worauf sie sich einlassen. Denn in den letzten Jahren haben Ghost Recon-Fans wahre Enttäuschungen erlebt - Wildlands hingegen ist keine davon. 

 

Mein System: Gainward GTX 1080 GLH/i7 6700k/16gb


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik-Junkies kommen voll auf ihre Kosten
  • Die Welt ist gigantisch und abwechslungsreich
  • Man kann viele, viele Stunden in dem Spiel verbringen, und ist dem Ende u.U. nicht einmal nahe
  • Die (zugegebenermaßen bescheuerte) Story wird nicht "linear" erzählt und wird somit nicht öde
  • Das Waffenhandling ist mehr als realistisch, es ist Battlefield 1-würdig
  • Die Auswahl an Waffen ist sehr gut, die Modifikationsmöglichkeiten top
  • Generell hat man in Wildlands viel Freiraum, und kann quasi alles selbst entscheiden
  • Team-KI mehr als bekloppt
  • Unidad ein wenig zu stark
  • Nicht wirklich fordernd
  • Übelster Patriotismus in den Dialogen
  • Lächerliche Dialoge
  • Einigermaßen verbuggt

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(1)
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