Mass Effect 2

Wer großes Kino und schnelle Aktion will, der sei bei Mass Effect 2 herzlich willkommen. Ihr werdet nur schwer etwas besseres finden. Rollenspieler werden...

von - Gast - am: 20.07.2011

Wer großes Kino und schnelle Aktion will, der sei bei Mass Effect 2 herzlich willkommen. Ihr werdet nur schwer etwas besseres finden. Rollenspieler werden allerdings nur bedingt auf ihre Kosten kommen.

Die vier Elemente

Mass Effect 2 machen vor allem 5 Elemente aus, die ich im Folgenden näher beschreiben möchte:

1. Das Große Kino

2. Dialoge und Charaktere

3. Third-Person Aktion

4. Erkundung der Milchstraße

5. Die Normandy und ihre Besatzung

1. Das große Kino

0:42 Uhr vorgestern Abend: Ich sitze vor meinem Rechner, Kopfhörer auf den Ohren, schwache Raumbeleuchtung. Den Regen draußen nehme ich kaum wahr.

Ich muss eine gravierende Entscheidung treffen. Vor einigen Sekunden habe ich den Finalgegner von Mass Effekt 2 besiegt. Ich werde vor die Wahl gestellt. Kein leichte Wahl. Es geht um Vertrauen, um Macht, um Gewissen, um Überlegenheit. Es gibt nur A oder B. Beides ist schlüssig, beides irgendwie mit Argumenten klar dargestellt. Aber es gibt nur einen Weg.

Ich denke darüber nach und brauche ein wenig Zeit. Mein Puls ist noch etwas erhöht. In der vergangenen Stunde wurde ich fantastisch unterhalten. Die Abschlussmission hätte nicht intensiver, nicht aufregender sein können. Das ich letztendlich nur durch enge Levelschläuche gejagt wurde ist mir dabei total egal. Enge Levelschläuche haben einen großen Teil der 41 Spielstunden ausgemacht. Kaum zu glauben, dass ich mich mal je so sehr für enge Levelschläuche begeistern kann.

Ich treffen meine Entscheidung. Ich wähle die entsprechende Dialogoption aus. Eine der vielen Kinoreifen Filmsequenzen wird abgespielt, die meine Entscheidung abspielen. Mein Puls geht langsam zurück.

...Hätte ich doch bloß die Kopfhörer ausgezogen oder wenigstens etwas leiser gemacht... aber die Kopfhörer kann ich jetzt nicht mehr leiser machen. Mass Effekt 2 fordert mir plötzlich wieder alles ab. Der Puls ist plötzlich wieder der eines Leistungssportlers. Toll gemacht Bioware, ich hätte mir beinahe in die Hose geschissen.Was nach dieser finalen Entscheidung, plötzlich und unerwartet passiert, haut mich fast von Stuhl.
Aber ich will hier nicht spoilern. Tut mir Leid, das müsst ihr selbst erleben.

Als ich später irgendwann ins Bett falle, hat mich das Spiel immer noch in seinem Bann. Kein Kino der Welt hat mich je so gefangen genommen wie dieses Spielfinale. Kein Film (und ich kenne viele verdammt gute Filme) mich je in seinen Bann gezogen.

Ich reflektiere das Spiel und denke an die vielen tollen Szenen die es geliefert hat. Mit einer guten Videosequenz ging es ganz am Anfang los und es sollten viele folgen.

Die Handlung wird nicht durch Videos begleitet, nein, die Videos sind so punktgenau eingebunden in das Ganze, dass man dieses Spiel tatsächlich nicht nur mit anderen Spielen vergleichen kann, sondern sogar mit Kinofilmen. Star Wars war 1980. Mass Effect 2 ist 2010. Wenn mich mal jemand nach meinem Lieblingsfilm fragt, bin ich in Zukunft durchaus geneigt 'Mass Effect 2' als Anwort zu geben.




2. Dialoge und Charatere

Den zweiten wesentlichen Bestandteil des Spiels machen die vielen Dialoge und die sehr interessanten Charaktere aus. Die Dialoge kann man als das Bindestück zwischen dem Kinofilm Mass Effect 2 und dem Spiel Mass Effect 2 ansehen.

Außerdem sind die Dialoge im Grunde das einzige verbliebende Rollenspielelelement. Die Dialoge sind vielseitig und fordernd. Sie sind tiefsinnig und anspruchsvoll. Sie tragen ihren wesentlichen Teil dazu bei, dass ich hier von 'Großen Kino' rede.

Man hat stets die Wahl zwischen mehreren Optionen und die Wahl hat für gewöhnlich Konsequenzen. Manchmal ist es jedoch problematisch, die Wahl zu treffen, die man für richtig hält. Zur Auswahl stehen nämlich lediglich Satzfetzen. Was Shepard nach der Auswahl sagt, kann sich im schlimmsten Fall sogar dem Widersprechen, was man eigentlich beabsichtigt hatte. Vielleicht hat man beschwichtigende Worte nach der Auswahl erwartet, aber Shepard bedroht plötzlich das Gegenüber. Solche Situationen können immer wieder mal vorkommen. Dem Unterhaltungswert tut das keinen Abbruch.

Leichter fällt es, wenn man in blau oder rot hervorgehobene Sätze auswählt. Blau ist besänftigend, rot ist aggressiv. Diese Auswahl steht einem jedoch nur selten zur Verfügung. Dazu muss man oftmals 'Vorbild' oder 'Abtrünnig' - Punkte gesammelt haben. Dazu hat man im Spiel immer wieder Gelegenheit in Dialogen und Situationen.

Ergänzend sei zu sagen, das die Sprecher der im Spiel eingebundenen Charaktere wirklich fantastisch sind. Alles wirkt absolut authentisch.


Sind die Dialoge noch so gut und die Charaktere noch so vielseitig und glaubwürdig, so sind die Charakterentwicklungsmöglichkeiten sehr stark eingeschränkt und haben mit einem Rollenspiel rein gar nichts mehr zu tun. Letztendlich geht es bei der Charakterentwicklung fast nur um 4 Kampffähigkeiten, die da wären:
1. Wie bekämpfe ich Gegner mit Schilden optimal
2. Wie bekämpfe ich Gegner mit Panzerung optimal
3. Wie bekampfe ich normale Gegner optimal
4. Wie schütze ich mein Team optimal

Das alles wird zwar ganz hübsch verpackt, so dass der Spieler seine Vorlieben auswählen kann, ob eher offensiv oder defensiv, ob durch Psychokräfte oder mit Waffengewalt. Letztendlich bleibt die Auswahl jedoch sehr überschaubar und wirkliche Taktik ist nur selten gefordert.


Die oben erwähnten Abtrünnigen / Vorbildpunkte ergänzen das Charaktersystem leider nur sehr scheinheilig. In einem Spiel, in dem ich durch einen Levelschlauch nach dem anderen gejagt werde, nagt es leider massiv an der Glaubwürdigkeit des Moralsystems, wenn ich im Levelschlauch selber 50 Söldner skrupelos erschieße, verbrennen lasse oder durch Jediähnliche Kräfte tödlich durch die Luft schleudere, dann aber 10 Abtrünnigenpunkte erhalte, weil ich mich im finalen Dialog mit dem Gangsterboss dazu entscheide, ihn gegen die Wand zu rammen um eine Information aus ihm rauszupressen. Für die 50 Toten vorher gibt es keine Abtrünnigenpunkte und ganz nebenbei auch gar keine Alternative.

Dennoch ist man ein wenig stolz, wenn man entsprechende Vorbild und Abtrünnigenpunkte gesammelt hat, dass man so die neuen Dialogoptionen einsetzen kann.

3. Third Person Action

Levelschläuche. Ich erwähnte es bereit. Langweilig? Mitnichten. Tatsächlich bin ich froh, das in den vielen Levels eine klare Marschrichtung vorgegeben ist. Ich weiß, wann die Post abgeht und ich kann mich drauf verlassen, dass sie abgeht. Die Spannung bleibt hoch. Die Atmosphäre ist toll. Die Dialoge und Filmszenen sind perfekt eingebunden. Meine zwei Begleiter kann ich perfekt und flott steuern, auch wenn diese eigentlich sehr gut eigenständig reagieren. Begleiter steuern? Oh Entschuldigung das ist so nicht ganz richtig. Ich kann ihnen Anweisungen geben, Waffen auswählen lassen und Fähigkeiten einsetzen lassen. Ich hab das Kommando. Nichtsdestotrotz, ist das aber eigentlich fast gar nicht nötig. Zu missionsbeginn sag ich meinem Kroganerbegleiter genannt Grunt, einem Panzer aus Fleisch, er soll die Gruppenbrandmunition aktivieren. Das wars im Großen und ganzen. Hin und wieder kommt mal eine situationsbedingte Entscheidung. Aber alles in Allem kann ich mich auf die Eigenständigkeit der Begleiter verlassen.

Levelschläuche widersprechen sich übrigens nicht mit Abwechslung. Die Aktion an sich macht Spaß und wiederholt sich. Aber das stört nicht. Wenn ich Tischtennis mag, dann mach ichs ja auch immer wieder. An Abwechslung bieten sich unterschiedlichste Umgebungen und vielseitige Ziele.

Was es hier nur sehr wenig gibt, das sind Waffen. Von jedem Waffentyp gibt es zwei. Von diesen beiden hat man eine schon zu Spielbeginn. Bei größeren Waffen gibt es später noch eine dritte Variante, von der ich eine auswählen kann als eine Art Spezialisierung. Außerdem kann ich forschen. So kann ich beispielsweise das Sturmgewehr fünfmal forschen, um jedesmal 10% mehr Waffenschaden zu machen. Ein weiteres Forschungsprojekt zum Sturmgewähr, grenzt die Waffenstreuung ein. Ich schieße also genauer. Das wars schon. Mehr wird an Waffen nicht geboten. Waffen kauft man übrigens nicht. Das Wenige, was an Waffen geboten wird, finden man meist in Schlüsselmissionen.

Was den Anzug des Helden angeht, so kann man hier und da ein paar kleine Upgrades erwerben. Theoretisch, kann man aber mit der Anfangsrüstung das Spiel durchspielen, da die Zusatzfähigkeiten wirklich minimalst sind. So kann ich beispielsweise den Helm durch einen Visor ersetzen, der die Kopfschusswahrscheinlichkeit um 10% erhöht, oder Beinschienen, mit denen ich ein zusätzliches Magazin tragen kann. Vielmehr brauch ihr nicht erwarten. Das sind nette Gimmiks aber mehr auch nicht.

4. Erkundung der Milchstraße

Sobald man einmal in der Weltallansicht angekommen ist, ist man wohl erstmal verzückt. Leider wird hier richtig viel Potential verschenkt. Ich geh sogar noch weiter. An dieser Stelle wird das Spiel mittelfristig sogar abgewertet. Warum?

Es gibt im Spiel mehrere Sternhaufen. Ich schätze mindestens 15. Jeder Sternhaufen besteht aus mehreren Sonnensystemen, die eigentlich jedem mit Erkundungstrieb das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen sollte. Durch Masseprotale kann ich nahezu frei zu den Sternhaufen reisen und die Milchstraße, also die Galaxie in Miniatur, erkunden. Leider wird mir hier fast nichts geboten. Ganz im Gegenteil, die Intensivität des Spiels wird massiv ausgebremst. Und das Ganze hat einen Namen:

Scannen!

Merkt euch das Wort, denn es ist in Mass Effect 2 als Schimpfwort zu gebrauchen. Wer beabsichtigt, die verschiedenen Planeten zu erforschen, muss sie zwangläufig scannen. Das ist vor allem schon deswegen wichtig, weil man durch die Scans Ressourcen suchen und finden kann.

Die Ressourcen benötige ich für meine Forschungen. Ich finde zwar auch hier und da Resourcen in den Actionlevels, die Menge ist jedoch minimal.

Unter scannen versteht man, mit der Maus den gesamten Planeten abzufahren, während man die rechte Maustaste drückt. Links sehe ich den Planet, recht seh ich Ausschläge auf einen Osziloskop, mit der Darstellung der 4 Resourcenarten. Sobald ich einen Ausschlag auf dem Osziloskop habe, kann ich eine Sonde losschicken und mir werden direkt die Resourcen aufs Schiff transferiert. Die Sonde ist dann verlohren. Zu Beginn kann ich 30 Sonden auf meinem Schiff stationieren, später 60. Um einen Planaten komplette 'auszubeuten' benötige ich ca 10 bis 15 Sonden und ein paar Minuten meiner Zeit. Sind die Sonden alle verbraucht muss ich neue kaufen an einer Tankstation. Um zu einer Tankstation zu kommen, muss ich oft wieder in ein schon bekanntes Sonnensystem zurück fliegen, da in jedem Sternhaufen immer nur eine Tankstation zu finden ist. Klingt alles ziemlich langweilig? Stimmt, genau das ist es. Bei den ersten drei Planeten macht es noch Spaß. Bei den anderen 100 wird es zur lästigen und zeitintensiven Pflichtübung. Und leider Gottes nimmt es recht viel Zeit ein, will man doch genug Ressourcen für die Forschung zur Verfügung haben. Verwunderlich ist, dass nahezu alle Planeten ausgebeutet werden können. Ich kann beispielsweise auch willkührlich meine Sonden auf bewohnte Planeten abfeuern.

Ganz selten findet man beim Scannen auch Notsignale, denen man nachgehen kann. Tut man dies, startet für gewöhnlich eine Minimission, die ca 5 maximal 10 Minuten dauert. Neben dem Scannen der Planen kann man noch einen kleinen Text über die Begebenheiten des jeweiligen Planeten lesen. Das wars dann auch schon an an Erkundung. Ziemlich wenig und leider ziemlich schlecht.

Man verbringt bei solchen Erkundungsflügen sehr viel Zeit. Zumindest empfindet man es so.

In der Milchstraße verteilt gibt es neben den Zahllosen 0815 - Planeten auch fünf richtige Anlaufstationen, wie beispielsweise dem Asteroiden Orion oder dem Industrieplaneten Ilion, auf denen man Landen und tatsächlich ein wenig Freiheit, fernab der geradlinigkeit des Spiels, genießen kann. Man lernt hier Charaktere kennen, nimmt kleinere und größere Aufträge an und trifft Entscheidungen. Hier kommt wirklich mal ein wenig Rollenspielflair auf.

5. Die Normandy und ihre Besatzung

Als Shepard ist man Comander der Normandy 2 einem High Tech Raumschiff, gesponsort von einem wohlhabenden Gönner. Auch auf dem Raumschiff verbringt man viel Zeit. Man spricht mit der Mannschaft, erledigt hier und da kleine Botengänge, kann Beziehungen eingehen. Das Raumschiff ist sinnvoll unterteilt, man kann forschen und entdecken.

Die Besatzung der Außenteammitglieder, eine Auswahl von 10 sehr interessanten Persönlichkeiten, rekrutiert man dabei in den vielseitigen Missionen. Diese Rekrutierungsmissionen machen neben einigen storybedingten Missionen den Kern des Spiels aus. Jeder Charakter bereichtert das Spiel und es lohnt sich, diese Missionen alle zu erledigen.
Sich um sein Außenteam nach der Rekrutierung zu kümmern lohnt sich ebenso, denn man bekommt nicht nur tolle Missionen, sondern auch Updates für die Normandy und die Loyalität.

Fazit

Kino, spaßige Aktion, tolle Dialoge, tiefe Atmosphäre. Es gibt kaum etwas vergleichbares zu kaufen. Ausbaufähig bleibt allein die Erforschung des Weltalls. In der vorliegenden Version macht das leider nur wenig Spaß. Ein kleiner Makel, den dieses große Spiel locker weg steckt


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Alles in Allem sehr passend
  • Sound: Sehr gute Sprecher, Knallige Effekte, Soundtrack
  • Balance: Schwierigkeitsgrade, freies Speichern, stets fair
  • Atmosphäre: Story, Abwechslung, Dialoge, Bioware hats drauf
  • Bedienung: Sehr eingängig. gute Teamsteuerung
  • Umfang: Viele Sehr gute Missionen und Filmsequenzen
  • Quests / Handlung: Abwechslungsreich, überraschend, intensiv
  • Charaktersystem: Zweckmäßig...
  • Kampfsystem: Stein Schere Papier
  • Items: Gute Auswahl für einen 3 Person Shooter
  • Grafik: gelegentlich Abwechslungsarm
  • Sound: -
  • Balance: -
  • Atmosphäre: -
  • Bedienung: Dialogauswahl verwirrend durch Satzschnippel
  • Umfang: Weltraumerforschung nervt
  • Quests / Handlung: -
  • Charaktersystem: ...aber etwas dürftig
  • Kampfsystem: -
  • Items: Schlechte Auswahl für ein Rollenspiel

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



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