Nichts für Quadratschädel

„Portal“ hat es vorgemacht. Valves Rätselhit aus der Egoperspektive läutete eine kleine, aber feine Ära ein, in der Shootermechanik...

von TheVG am: 29.05.2016

Portal“ hat es vorgemacht. Valves Rätselhit aus der Egoperspektive läutete eine kleine, aber feine Ära ein, in der Shootermechanik und außergewöhnliches Kopftraining zu einem gelungenen Mix verschmolzen wurden. Und doch blieb die Anzahl nachfolgender Spiele überschaubar, Pendants wie „The Talos Principle“ oder „Antichamber“ kosten natürlich auch bei den Entwicklern entsprechenden Hirnschmalz.

Mit „Q.U.B.E“ haben sich Toxic Games auf eben dieses Terrain gewagt und daraus einen Mix aus „Portal“ und „Tetris“ kreiert, der in seiner Urform eigentlich nur einen für sich stehenden Puzzler in modernem Look darstellt. Der Director´s Cut wurde jedoch um eine Story und weitere Spielelemente erweitert. Deswegen mag dieser Test sich anders lesen als der der GS-Redaktion, ich werde jedoch versuchen, beide Versionen für euch zu beschreiben.

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Ich weiß von nix

 

Mittlerweile gehört es schon zum Standard, dass Spielerfiguren irgendwie irgendwo erwachen und/oder keine Ahnung von nichts haben. Auch in „Q.U.B.E“ blinzelt unser Alter Ego nach einem Blackout mit den Augen, sieht sich in einer Umgebung gesäumt von weißen Kuben wieder. Das Ganze wirkt, als würden wir uns in einem giganten, farblosen Rubikwürfel umherbewegen, also rein optisch gar nicht mal so weit weg vom großen Vorbild mit seinen schlichten Wandplatten.

Schlicht und stimmungsvoll erzeugt "Q.U.B.E."  Atmosphäre

 

Um es gleich vorweg zu nehmen: Das Antlitz wird sich kaum noch verändern, das ganze Spiel über werden wir in diesem Würfelbausatz verbringen (dazu später mehr).

Widmen wir uns also sogleich den Rätseln. „Q.U.B.E.“ startet ohne Vorgeplänkel bzw. Tutorial und setzt uns direkt und ohne Erklärung ersten Aufgaben aus. Wer „Portal“ und die Steuerungsnutzung eines FPS kennt, wird sich jedoch schnell zurechtfinden und feststellen, dass außer den Bewegungstasten, der Leertaste sowie der Maussteuerung keine weiteren Eingabeelemente gebraucht werden. Im Spiel bedeutet es, dass unsere ominösen Handschuhe farbige Würfel positionieren können. Gleichzeitig probiert man sich an den vorhandenen Funktionen, etwa dass die roten Dinger ausziehbare Plattformen oder blaue für höhere Sprünge vorgesehen sind. Dazu kommen noch gelbe (immer als Dreiergruppe) und grüne (als passiver, schlichter Kubus) Quader, die miteinander so angeordnet gehören, dass wir den Ausgang des Raumes durchschreiten können.

Hoch hinaus - mit dieser Anordnung erreichen wir den Ausgang

 

Wie zu erwarten werden die Aufgaben immer komplexer, dazu werden weitere Elemente ins Spiel gebracht. Rollende Kugeln müssen dann in entsprechende Flächen gelotst, Raumteile mit Richtungsschaltern gedreht oder Lichtstrahlen mit Linsen umgelenkt werden. Dabei hatte ich nie das Gefühl verspürt, unlogische Aufgaben vor mir zu sehen. Die Kniffeleien funktionieren alle nach dem Ursache-Wirkung-Prinzip, und es stellen sich regelmäßige Aha-Effekte ein. Mit Akribie und ein bisschen Geduld wird man in der Regel auf die Lösung kommen.

 

So wie´s ausschaut

 

Mit der Unreal-Engine im Rücken spielt sich Toxic Games´ Puzzler sehr flüssig und sieht dazu noch anständig aus. Zwar kann „Q.U.B.E.“ beileibe nicht mit Abwechslung oder Effektfülle punkten, jedoch macht der Würfellook in minimalistischster Weise etwas her. Man fühlt sich sofort an schlicht designte SciFi-Filme erinnert, kann sich natürlich auch naturgemäß den Kopf über solche Ideen zerbrechen. Logisch ist es sicher nicht, dass die Würfelketten später rotieren oder wie von Geisterhand Flure umleiten, am Ende entscheidet der eigene Geschmack, ob er das gut findet oder nicht. Außerdem hat Toxic Games die Achtecke für wirklich alles verwendet – Treppen, Lifte, Hallen oder auch Türen, die beim Draufzulaufen zur Seite gleiten und das nächste Rätsel freigeben.

Vom Sound bin ich wirklich sehr angetan. Leise säuselt im Hintergrund eine chillige, elektronische Musik, die zur Untermalung der Atmosphäre sehr gut passt. Auch bei den Soundeffekten hat man sich angestrengt, die richtigen Töne zu treffen. Im Großen und Ganzen ist die Soundkulisse nicht sehr üppig ausgefallen, reiht sich jedoch für das Gesamtbild nahtlos ein.

 

Es wird geredet

 

Dass ich erst jetzt ein paar Worte zur Story verliere, hat den Grund, dass sich der Director´s Cut vom Originalspiel zumindest akustisch unterscheidet. Die Musikstücke sind nebenbei bemerkt völlig andere – der Hauptunterschied: es gibt nun Sprachausgabe, die das Spiel in ein völlig anderes Licht rücken. Nun wird ein wenig erklärt, warum die Spielfigur in diesem Würfellabyrinth verbringen muss. Es gibt hierbei zwei weitere Charaktere, welche via Funknachrichten um unsere Gunst werben und etwas Spannung in das sonst so sterile und nichtssagende Setting bringen. Dadurch bekommt das Spiel quasi eine Story spendiert, die zum Zeitpunkt des Releases nicht vorhanden war.

Weiterleitung - Der weiße Strahl muss ins orangefarbene Eckige

 

Dass man dabei gleich an „Portal“ denkt, liegt auf der Hand. Dieses Mal ist eben nicht der Kuchen eine Lüge, wird man sozusagen im Off einer Frage ausgesetzt: Wer erzählt uns denn nun die Wahrheit über unseren aktuellen Verbleib? Commander Nowak oder die elektronisch verfremdete Stimme von „919“? Sind wir in einem Alienschiff gefangen oder nur eine Laborratte wie einst die berühmte Chell? Fakt ist, dass die geschichtliche Voraussetzung Valves Vorreiter stark ähnelt, dazu sind die Dialoge etwas ideenarm geschrieben worden und kommen nur schwer in Fahrt. Trotzdem hielt mich die kleine Geschichte bei der Stange, ist also kein kompletter Rohrkrepierer geworden – besser gut geklaut als schlecht selbst erdacht.

Ein weiteres Goodie dieser Edition ist die Dreingabe verschiedener Time Trails, in denen man sich Medaillen verdienen kann. Bei der guten Performance des Spiels und der intuitiven Steuerung machen diese Zeitrennen auch viel Spaß, motivieren aber jetzt nicht dermaßen, dass man das Spiel nicht mehr von der Festplatte bannen wollte. Der Wiederspielwert hält sich stark in Grenzen, danach muss „Q.U.B.E.“ wohl erst mal für eine lange Zeit auf Eis liegen.

 

Mal so, mal so

 

Mit seiner fast selbsterklärenden Mechanik und den gut designten Rätseln ist „Q.U.B.E.“ ein gelungener Rätselshooter geworden, der trotz seiner recht geringen Spielzeit gut unterhält. Leider fehlt bzw. mangelt es je nach Edition an Hintergrundinformationen, die den Spieler mit zu vielen Fragen zurücklässt. Als Spiel ohne Story ist es zu blutleer, mit Story ist es zu dünn erzählt und krankt an gewissen Lücken. So oder so gibt es gewisse Mängel zu notieren, doch wer sich um solche Details keine Gedanken machen will, wird an dem FPS-Knobler seine Freude haben, der zwar nur für einen Durchgang motiviert, aber eben als kleiner Bruder von „Portal“ vielleicht doch das ein oder andere Mal die Rätsellust stillen kann.


Wertung
Pro und Kontra
  • Stimmungsvolle Grafik
  • Dichte Soundkulisse
  • Sehr gute Musik
  • Leichter Spieleinstieg
  • Rätsel abwechslungsreich
  • Viele und immer logische Rätselelemente
  • Sehr atmosphärisch
  • Recht spannende Story
  • Time Trials im Director´s Cut
  • Optisch abwechslungsarm
  • Dialoge schlicht und wiederholen sich
  • Story eindeutig von "Portal" geklaut
  • Zu kurz
  • Wiederspielwert

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 5, weniger als 10 Stunden



Kommentare(1)
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