Shooter mit toller Inszenierung und vielen Aber's

Hintergrund Wir schreiben -wenig überraschend- das Jahr 2033. Mütterchen Russland ist tot, unsere Heimat liegt in Schutt und Asche. Der atomare...

von Flori der Fux am: 01.10.2012

Hintergrund


Wir schreiben -wenig überraschend- das Jahr 2033. Mütterchen Russland ist tot, unsere Heimat liegt in Schutt und Asche. Der atomare Winter fegt Eis und Schnee und Radioaktivität durch die Straßen und Ruinen Moskaus. Das nukleare Fegefeuer und dessen Folgen haben fast alles Leben vernichtet. Von den millionen Moskauern haben nur wenige überlebt, nämlich diejenigen, knapp 40.000, die sich in die U-Bahnschächte der Metro gerettet haben, tief unter der Erde, wo sie sicher sind vor der Strahlung und der von ihr tödlich vergifteten Luft.

Der Mensch paßt sich an, er hat keine Wahl. Das Leben geht weiter. Aus U-Bahnhöfen wurden Siedlungen, verbunden durch ein Netz unendlicher Tunnels. Wagemutige, die über Atemgeräte verfügen, trauen sich immer wieder an die Oberfläche, um verwertbares, nicht zerstörtes Material zu bergen. Alles wird gebraucht, alles ist knapp. Und alles hat seinen Preis.

Viele viele Jahre sind nun schon seit der Apokalypse vergangen, die jüngeren kennen nur die Metro, haben nie die Oberfläche gesehen. Doch gibt es dort auch nichts, was zu sehen sich lohnt. Man hat sich mit der Dunkelheit des Untergrunds arrangiert, man half einander, kämpfte gemeinsam ums Überleben.

Doch der Mensch bleibt Mensch. Schweißte die Not sie einst zusammen, so sind die Moskauer heute, im Jahre 2033, doch gespalten. In Lager getrennt, hier die Kommunisten, dort die Faschisten, verfeindet bis auf's Blut. Aus Gier nach Macht und Material bekriegen sie einander, berauben einander, morden, foltern, versklaven.

Dabei braucht Moskau die Einigkeit heute mehr denn je. Denn während sich die Menschen tief im Untergrund die Köpfe einschlagen, hat sich eine andere Präsenz der Oberfläche ermächtigt. Eine dämonische, tödliche Horde albtraumhafter Monster, der die Strahlung nichts ausmacht. Niemand weiß, wo sie herkamen. Warum sie da sind. Niemand weiß genau, was sie sind. Aber es sind viele, und sie sind getrieben vom Verlangen, auch die letzte Bastion der Menschheit, die Metro, zu Fall zu bringen.

 

Worum geht's?


Der Name unseres Protagonisten ist Artjom. Wir wurden in der Metro geboren. Unsere Heimatstation ist alles, was wir kennen. Uns fällt die Decke auf den Kopf, wir sind dieses Loch Leid, aber was sollen wir tun. Die nächste Station ist kilometerweit weg. Nur gut ausgerüstete Karawanen verkehren zwischen ihnen, denn in den düsteren Tunnels, jenseits der schützenden Tore, lauert der Tod, die dämonischen Schrecken, fleischgewordene Albträume, die unsere Stationen und alle, die zwischen ihnen zu Reisen wagen, stets aufs neue Attackieren. Wir sind hier gefangen.

Doch jüngst hat sich die Lage massiv verschlimmert. Jahrelang konnten wir uns der Monster von der Oberfläche erwehren, nun bedroht uns ein neues Übel. Wir nennen sie "die Schwarzen". Teuflische Kreaturen, die unsere Besten nicht einmal berühren müssen, um sie zu vernichten. Sie fressen sich in unseren Verstand und zerstören ihn. Uns gehen die Kräfte aus, wir können nicht mehr lange durchhalten.

Eines Tages erfahren wir am eigenen Geiste die Macht der Schwarzen - doch anders als unsere Kameraden widerstehen wir ihr. Sind immun. Warum, das wissen wir nicht. Was wir wissen ist: wir brauchen Hilfe. Die anderen Stationen müssen vor den Schwarzen gewarnt werden.

Da wir aufgrund unserer Immunität die besten Chancen haben, dem Rat in der weit entfernten Metro-Station Polis Bericht zu erstatten, fällt uns diese Aufgabe zu.

 

Der Spielverlauf

 

Zwischen unserer Heimatstation und Polis befinden sich etliche Kilometer Tunnel, sowie natürlich zahlreiche,  zu Siedlungen umfunktionierte Haltestellen. Relative Sicherheit gibt es nur in den Stationen, dazwischen lauern die fremdartigen Monster. Moskau ist vom Atomkrieg zerstört, womit es sich von selbst erklärt, dass wir nicht einfach ein Ticket kaufen und in den nächsten Zug steigen können. Dort, wo es das Schienennetz und der Zustand der Tunnels zuläßt, kann mit Draisinen verkehrt werden. Anderenfalls geht es nur zu Fuß weiter. Und dort, wo wir nicht einmal zu Fuß etwas werden, müssen wir gar an die Oberfläche. Dem Jagdrevier großer, absolut tödlicher Gargoyles, die nur auf uns warten.

In den Metro Stationen, so ihre Verwalter uns freundlich gesonnen sind, decken wir uns mit improvisierten und hundertfach reparierten Waffen und recycelter Munition ein. Rubel war gestern. Die neue Leitwährung heißt Vorkriegsmunition, das "gute" Zeug, nur schwer zu finden und daher kostbar. Alles, was man kaufen kann, wird in Patronen bezahlt.

Damit wir eine Chance haben, die Polis Station zu erreichen, investieren wir in allerlei unterschiedliche Schießprügel und Granaten. Und natürlich in Luftfilter für unsere Schutzmaske, ohne die wir an der verpesteten Oberfläche binnen Sekunden elendig verrecken würden.

Auf unserem Weg machen uns nicht allein die garstigen Bestien unentwegt zu schaffen, sondern insbesondere auch die feindseligen Faschisten, die nach der Errichtung einer Diktatur in ihrem Sinne trachten. Je weiter wir im Spiel vorankommen, desto mehr erfahren wir auch über den Grund unserer Reise, die Schwarzen, die sich immer öfter in unseren Verstand schleichen.

Metro 2033 orientiert sich an der gleichnamigen Buchvorlage. Das Spiel gestaltet sich als Roman zum Mitspielen, sprich, der Story-Teil nimmt eine sehr große Bedeutung ein. Die jeweils streng linearen und kurzen Levelabschnitte werden durch die Stimme unseres Protagonisten im Off kommentiert. Immer wieder werden Zwischensequenzen und gescriptete Ereignisse in Spieloptik eingesetzt, die wir allesamt, wie auch das eigentliche Spiel, ausnahmslos in der Ego-Perspektive erleben. Dadurch wird ein beispielloser "mitten drin" Effekt erzeugt. Was wir sehen, -und das ist filmreif- sehen wir mit Artjoms Augen.

 

Präsentation

Uneingeschränkt lobenswert ist die akustische Darbietung in Metro 2033. Das reicht von den Waffensounds über die  Hintergrund- und Umgebungsgeräusche, bis hin zur Sprachausgabe. Draußen pfeift der Wind, in den Tunnels hören wir das entfernte Quietschen von Draisinen oder Grunzen von Ungeheuern. Da läuft's einem kalt den Rücken herunter. Besonders beeindruckend ist die Soundkulisse in den unterirdischen Stationen. Die Menschen unterhalten sich angeregt über ihre alltäglichen Sorgen, Stimmgewirr,  irgendwo dudelt ein Plattenspieler, oder jemand spielt eine traurige Melodie auf der Gitarre. In den Tunnels hallen die Stimmen sehr realistisch von den Wänden wider, und die deutschen Sprecher mit ihren russischen Akzenten leisten gute Arbeit. Am Geräusch unserer Atmung können wir sehr genau abschätzen, wann wieder ein Filterwechsel fällig ist. Haben wir keine Wechselfilter mehr, löst die schwerer werdende Atmung echte Beklemmung aus. Musik bekommen wir meist nur zur Untermalung der Spannung in besonderen Gefahrensituationen zu hören, und diesem Zweck wird sie absolut gerecht. Hier hätte man kaum etwas besser machen können.

Grafisch ist Metro 2033 allerdings eine Medaille mit zwei Seiten. Generell weiß das Spiel mit hochauflösenden, astreinen und hochdetaillierten Texturen zu überzeugen. Geradezu sensationell ist die Darstellung der unterirdischen Abschnitte gelungen. Die diffus beleuchteten, schmutzigen Stationen vermitteln perfekt die verzweifelte und doch hoffnungsvolle Lage der Menschen, die sich redlich bemühen, das Beste aus dem Wenigen zu machen, das sie haben. Es sind kleine, kalte Oasen des Lebens in einer noch viel kälteren Welt. Kinder malen unbeschwert mit Kreide auf den nackten Betonfußböden - man merkt ihnen an, daß sie es nicht anders kennen.

Nicht zu toppen ist die Atmosphäre in den Tunnels. Unsere Taschen- oder Petroleumlampe leuchtet verzweifelt gegen die Finsternis der kilometerlangen U-Bahnschächte an, ihr Licht spiegelt sich an den feuchten Betonwänden ebenso wie das Mündungsfeuer unserer Waffen wieder. Teilweise sind Abschnitte mit Wurzelwerk überwuchert, oder unheimliche Nebelschwaden ziehen durch die Schächte. Ich wage zu behaupten, daß Metro 2033 bei den Innenabschnitten grafisch einen ähnlichen Quantensprung hinlegt, wie es seinerzeit Doom 3 getan hat.

Doch hier kommt auch schon die Einschränkung. So überwältigend Metro sich unter der Erdoberfläche präsentiert, so nüchtern sind die Außenareale gestaltet. Die grauen Fassaden der Häuserruinen, die überall herumliegenden Autowracks, dass alles sieht im Vergleich sehr öde, detailarm und, ja, ungruselig aus. Und dies ist nicht der einzige Grund, warum ich es stets kaum erwarten konnte, endlich wieder in die Metroschächte klettern zu dürfen.

 

Fazit


Metro 2033 ist, mit Ausnahme der spitzenmäßigen Klangkulisse, ein Spiel voller "Abers". Die U-Bahn Tunnels und zu Siedlungen ausgebauten Depots und Bahnhöfe zählen grafisch auch heute noch zum Besten, was man bisher in Shootern zu Gesicht bekommen hat. Aber dafür sind die Außengebiete umso unspektakulärer. Darüber hinaus erkauft sich Metro viel von seinen optischen Qualitäten mit unangemessen hohen Hardwareanforderungen - eine weitere technische Parallele zu Doom 3. Natürlich, das, was wir auf dem Bildschirm bestaunen dürfen, ist meist hochimposant, und sogar noch etwas schöner mit Aktivierung der DirectX 10 und 11 Optionen. Auf heutigen Mittelklasserechnern läuft's anständig, aber eben nicht unbedingt flüssig. Gerade in Gefechtssituationen mit mehreren Monstern bricht die Performance gern mal kräftig ein. Und man bedenke: die Levelabschnitte sind sehr klein, wir haben keine Weitsicht, die unsere Hardware fordert, keine allzu vielen gleichzeitig zu berechnenden Animationen, nicht zu viele Gegner... Crysis z.B. hat all das, womit die Engine von Metro 2033 nicht zu kämpfen hat, macht dabei aber aus programmiertechnischer Sicht insgesamt einen weit besseren Eindruck.

Das, was für die Präsentation gilt, das gilt leider im gleichen Maße auch spielerisch.

Der Schwierigkeitsgrad ist knackig, aber bis auf wenige Stellen im Spiel durchweg fair. In den Schächten ist es meist uns überlassen, ob wir den Tunnelrambo mimen oder vorsichtig von Deckung zu Deckung pirschen. Draußen regiert in der Regel die Hektik. Oft ist die Munition knapp, und schlimmer noch, die Luftfilter. Binnen kürzester Zeit beschlägt unsere Maske, was die ohnehin trübe Szenerie noch weiter trübt, und uns geradezu zwingt, im Eiltempo durch die Ruinen zu hechten, um irgendwo Ersatzfilter zu finden. Mit der Atemluft geht dabei leider auch die Gruselstimmung flöten.

Die Tunnel-Levels, in denen wir auf Monster treffen (oder bibbernd auf Gegenteiliges  hoffen), sind an Thrill und Gänsehautcharakter kaum zu überbieten. Dort, wo wir es mit menschlichen Gegnern zu tun haben, wird aus dem waschechten Gruselshooter nur noch ein spannender (innen) bis herkömmlicher (außen) Shooter. Eine Berg- und Talfahrt mit Höhen und Tiefen.

Das ist sehr bedauerlich, weil man aus der hervorragenden Story und den erstklassigen Ansätzen weit mehr hätte herausholen können. Und da kommen wir auch schon zu dem Kritikpunkt, der meine Wertung mehr als alles andere beeinflußt hat. 

Die Spieldauer. Mit meiner munitionssparenden Schleichspielweise hatte ich Metro 2033 in knapp 10 Stunden durch. Bei forscher Vorgehensweise braucht's nochmal weniger Zeit. Bei aller Sympathie, aber das ist zu wenig. Die super Story, die literarische Vorlage hätte weit mehr Stoff geboten. Manch DLC anderer Spiele bietet mehr Inhalt. Die Tunnel-Level sind extrem spannend, aber auch extrem kurz. Dass mich die Ruinen Moskaus völlig kalt lassen, hat nicht allein mit dem nuklearen Winter zu tun. Bei der kurzen Spielzeit gelingt es Metro nicht, die Spannung von Anfang bis zum Ende ohne Einbrüche zu halten. Das Finale ist freilich aufregend und filmreif inszeniert - je nach Spielweise gibt es zwei verschiedene Enden. Leider sind beide offen, viele Fragen bleiben unbeantwortet.

Hätte ich mir das Spiel bei Veröffentlichung zum Vollpreis gekauft, ich hätte mich schwarz geärgert. Für aktuell 10€ kann man mit Metro 2033 nicht viel verkehrt machen, im Gegenteil, man bekommt für kleines Geld einiges geboten. Dennoch kann ich guten Gewissens keine höhere Wertung vergeben, denn für den momentan  gleichen Preis bietet z.B. Dead Space 50-100% mehr Inhalt, mehr spielerische Innovation und nonstop Grusel und Horror vom Intro bis zum Abspann. Außerdem reißt es zwar technisch keine Bäume aus, läuft dafür aber auf den allermeisten Spielerechnern absolut flüssig.

 


Wertung
Pro und Kontra
  • + Untergrund-Bereiche grandios inszeniert und...
  • + ...hoch spannend bis gruselig
  • + filmreife Story und Erzählweise
  • + hervorragende Soundkulisse
  • + mit aktuell 10€ sehr preiswert zu haben
  • - Außenterrain unspektakulär und...
  • - ...mit stark geschrumpftem Gruselfaktor
  • - hohe Hardwareanforderungen
  • - bereits am Anfang relativ schwer
  • - Spieldauer erheblich zu kurz

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 5, weniger als 10 Stunden



Kommentare(4)
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