Nether im Test - Einmal Early-Access, immer Early-Access?

Die Early-Access-Phase von Nether ist vorbei, das Spiel in einer finalen Version bei Steam erhältlich. Unser Test zeigt, dass der Online-Survival-Shooter aber noch lange nicht fertig ist.

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Ein noch recht unfertiges Stück Software mit vielen Bugs und anderen Unzulänglichkeiten - aber auch mit Potenzial. Das war der Survival-Shooter Nether im vergangenen Februar. Keine vier Monate später ist nun die finale Version des Spiels bei Steam verfügbar. Ging das nicht vielleicht ein wenig zu schnell?

Zumindest am Spieleinstieg und am Verhalten der Mitspieler hat sich seit unserem ersten Besuch im Kauf-Free2play-Hybrid (kostet, bietet aber auch Zeugs gegen Echtgeld im Shop an) wenig geändert, wie wir selbst leidvoll erfahren dürfen. Auf die immer noch rudimentäre Erstellung der Spielfigur aus nur wenigen vorhandenen Varianten für Beine, Oberkörper und Kopf folgen reichlich ernüchternde erste Schritte in der Spielwelt.

Steam-Info
Nether ist bei Steam erhältlich und muss folglich mit einem Steam-Account verknüpft werden. Dadurch lässt sich das Spiel nicht weiterverkaufen.

Dass uns hier nach wie vor nur ein Deathmatch mit aufgesetztem Survival-Setting erwartet, zeichnet sich nämlich bereits wenige Sekunden nach Spieleinstieg ab: Während wir noch nach der richtigen Taste für die Übersichtskarte suchen, knattert keine zwei Meter neben uns bereits ein Maschinengewehr - und unsere Spielfigur sinkt von Kugeln durchlöchert zu Boden. Als Einstiegspunkt die offene Welt und nicht etwa eine der sicheren Zonen zu wählen, war offensichtlich keine so gute Idee.

Beklemmende Atmosphäre

Auch wenn das bei weitem nicht unser letzter Tod in Nether gewesen sein soll: Beim zweiten Versuch sind wir schlauer und starten dort, wo uns weder die namensgebenden Nether-Monster noch schießwütige Spieler etwas anhaben können. Und so fällt unser erster Blick dieses Mal auf die durchaus atmosphärische Spielwelt statt auf eine Todesnachricht. Zerfallene Fahrzeuge auf den Straßen zeugen von einer einst blühenden und offenbar völlig überraschend zugrunde gerichteten Zivilisation. Wild wuchernde Gräser, Büsche und Bäume überziehen Ruinen.

Nether - Screenshots ansehen

Die Szenerie erinnert uns ein wenig an The Walking Dead - allerdings fehlen in Nether die Zombies, stattdessen gibt's an Aliens erinnernde Monster in unterschiedlichen Ausführungen. Manche spucken mit Säure um sich, einige können ziemlich hart zuschlagen und wiederum andere rufen durch ihre markerschütternden Schreie weitere Viecher herbei. Nur eines haben fast alle gemeinsam: Sie können sich mehrere Meter weit teleportieren und lassen sich nur schwer abhängen, sobald sie erst einmal Witterung aufgenommen haben.

Zur grundsätzlich beklemmenden Atmosphäre tragen diverse Details wie verlassene Camps, vereinzelte Skelette auf den Straßen und insbesondere die wirklich gute Soundkulisse bei. Der Wind trägt aus der Ferne immer wieder hallende Schüsse und die verstörenden und teilweise markerschütternden Geräusche der Nether heran, während in den Tunneln der U-Bahn eine geradezu gespenstige Stille herrscht. Da fallen dann auch die sparsam entworfenen Landschaftsdetails wie Gebäude nicht mehr allzu sehr ins Gewicht.

Die Übersichtskarte zeigt an: Die Spielwelt von Nether ist äußerst groß – auch wenn sie mit dem DayZ-Chernarus nicht mithalten kann. Dafür ist sie dicht besiedelt. Einige Markierungen weisen auf aktuelle Quests und Missionen hin. Die Übersichtskarte zeigt an: Die Spielwelt von Nether ist äußerst groß – auch wenn sie mit dem DayZ-Chernarus nicht mithalten kann. Dafür ist sie dicht besiedelt. Einige Markierungen weisen auf aktuelle Quests und Missionen hin.

Was allerdings sehr wohl ins Gewicht fällt, ist der Eindruck des unfertigen Zustands, den Nether mit zunehmender Spielzeit hinterlässt. Die mühsam aufgebaute Survival-Atmosphäre wird immer wieder durch unsichtbare Mauern und »unüberwindbare« Hindernisse wie Bordsteinkanten durchbrochen. Hinzu kommen teilweise völlig abstruse Clipping-Fehler, die uns beim Überschreiten eines kleinen Müllberges mehrere Meter in der Luft weitergehen lassen. Hin und wieder verschwindet unsere Spielfigur auch komplett in Objekten und lässt sich nur durch Springen wieder befreien.

Töten oder getötet werden

Apropos Springen: Das hat sich unter den wenigen Überlebenden der Apokalypse offensichtlich als probates Mittel gegen Feindbeschuss erwiesen. Nicht selten trifft man Spieler, die sich wie Hasen umeinander springend mit Kugeln eindecken. Die Knarren können uns allerdings kaum überzeugen: Einen signifikanten Rückstoß spüren wir selten und generell wirken die Pistolen, Gewehre und Schrotflinten viel zu akkurat. Die Schusswechsel erinnern mitunter an Bolzereien in Arena-Shootern.

Ohnehin scheint in der Nether-Community aber eine gewisse Grund-Aggressivität vorzuherrschen. Während im Survival-Konkurrenten DayZ durchaus interessante Begegnungen mit anderen Spielern stattfinden, scheint es in Nether nur das Motto »töten oder getötet werden« zu geben. Während unserer Spielzeit kam es jedenfalls zu keinem einzigen Aufeinandertreffen mit anderen Überlebenden, bei dem nicht mindestens einer der Beteiligten versucht hätte, sein(e) Gegenüber direkt zu töten. Und nein, wir fordern nicht, dass man uns auch in Nether kidnappen und mit faulem Obst füttern kann.

Besonders frustrierend sind die Scharfschützen, die sich einen Spaß daraus machen, unvorsichtige Mitspieler grundlos aus dem virtuellen Leben zu schießen, sobald sie frisch aus einer sicheren Zone in die Welt hinaus treten. Dieses Verhalten führt einen eigentlich wichtigen Teil des Spiels völlig ad absurdum: die zufällig ausgelösten Missionen, die nur im Team bewältigt werden können. Manchmal müssen Wellen von Nether-Monstern abgewehrt werden und hin und wieder taucht auch ein unangenehm schneller und äußerst tödlicher Boss-Nether, der Reaper, auf.

In den Safe-Zones finden sich verschiedene NPC-Händler, denen wir unser Zeug andrehen können und dafür entweder Waffen oder Spielwährung erhalten. In den Safe-Zones finden sich verschiedene NPC-Händler, denen wir unser Zeug andrehen können und dafür entweder Waffen oder Spielwährung erhalten.

Es ist bezeichnend, dass dieser ultimative Computer-Gegner uns weniger die Angst im Nacken spüren lässt, als ein hinter uns agierender Mitspieler. Am schlimmsten äußert sich das übrigens bei sporadischen Angriffen der Nether-Monster auf eine Safe-Zone, die dann bis zur Reparatur der zerstörten Verteidigungsanlagen nicht mehr »sicher« ist und zur chaotischen Deathmatch-Metzel-Zone wird. Wohl dem, der dann als erstes die Beine in die Hand nimmt und sich in Sicherheit bringt, anstatt wie vorgesehen die angreifenden Monster abzuwehren.

Wer das volle Potenzial von Nether ergründen will, sollte deshalb lieber mit einer Gruppe von Freunden spielen oder einem Clan beitreten. Wer sich für Letzteres entscheidet, kann zudem an der Einnahme strategisch platzierter Festungen teilnehmen, was ein wenig an den Conquest-Modus aus Battlefield 4 erinnert. Eingenommene Gebiete gewähren dem besitzenden Clan Ressourcen und Erfahrungspunkte.

Eine weitere interessante Möglichkeit für mehr Abwechslung bietet zudem das Spielen als Nether-Monster. Das ist allerdings nur nach dem Töten einer bestimmten Anzahl Viecher möglich. Wer in dieser Rolle stirbt, muss den Prozess dann erneut durchlaufen, um noch einmal als Nether-Krabbler oder neuerdings auch Golem spielen zu können.

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