Als ich mit meinem Wunsch bei Markus und Heiko anklopfte und gleichzeitig anbot, den entsprechenden Artikel fürs Jubiläum zu schreiben, spukten mir bereits zig launig-fluffige Formulierungen durch den Kopf. Ich wollte mit irgendwas im Dunstkreis von »Wir kennen uns jetzt schon seit 20 Jahren, wäre es nicht an der Zeit, das unentspannte Siezen endlich ad acta zu legen?« aufmachen.
Es sollte also ein vornehmlich heiterer Text werden, weil das Thema auch grundsätzlich ein heiteres ist. Doch nun beginne ich diesen Text hier schon zum dritten Mal. Nach wie vor will ich, dass sein Grundtenor eine gewisse Leichtigkeit transportiert! Aber er markiert auch das Ende von etwas, das ganz lange Bestand hatte. Etwas, das GameStar für lange Zeit in Teilen definiert hat. Das »Sie«. Und das lässt sich nicht einfach mit einem Lächeln wegwischen.
Wenn ich mich - und das kann ich nur unter extrem großer Anstrengung - von GameStar, dem Produkt, dem Magazin, einem großen Teil meines Lebens distanziere und nur den Namen losgelöst von allem anderen betrachte, dann klingt der in meinen Ohren noch immer mild cheesy. So wie damals, als mein Unikumpel mir das erste Mal von diesem neuen und angeblich ach so tollen Heft erzählte. GameStar, was für ein bescheuerter Name! Was kann man davon schon erwarten, fragte ich mich beim dritten oder vierten Kaffee an diesem Schwänzernachmittag, den ich eigentlich in irgendeinem Anglistik-Massenseminar der Uni Köln hätte verbringen müssen.
Die Autorin
Petra hatte die GameStar lustigerweise niemals im Abo, sie hat die Ausgaben immer brav am Kiosk gekauft. Das hatte stets Ritual-Charakter. Und in den zwei Jahren, in denen Sie in ihrem kleinen Heimatdörfchen neben dem Studium Taxi gefahren ist, haben Kunden am Erstverkaufstag der GameStar immer höllisch genervt. Petra wollte dann einfach nur in ihrem eierschalfarbenen Mercedes auf dem Taxiplatz rumsitzen, Kaffee trinken, rauchen (andere Zeiten!) und sich von der GameStar siezen lassen.
Als ich dann meine erste eigene Ausgabe - es war die dritte, vielleicht die vierte - in Händen hielt, entpuppten sich meine Zweifel als unbegründeter Dünkel. Die GameStar! Das war ein ausgezeichnetes Stück Print. Keine dummen Witzchen, sondern fundierte Tests und Berichte. Und für mich damals wirklich wichtig: Ich wurde gesiezt. Ich wurde ernst genommen. Als Spielerin, als Leserin, als Kundin. Ein gutes Gefühl in einer Zeit, in der große Teile meines direkten Umfelds massive Probleme mit meiner Leidenschaft für Computerspiele hatten, allen voran der Freund.
Aber das ist jetzt alles 20 Jahre her. 20 Jahre! Wie viel in all dieser Zeit passiert ist, lässt sich zumindest in Teilen anhand der Jubiläumsartikel und -videos erahnen. Welch anderen Stellenwert die Computerspiele inzwischen eingenommen haben! Jemand, der heute noch wegen des Hobbys Computerspiel schräg von der Seite angeschaut wird, lebt sehr wahrscheinlich in einem kleinen Bergdorf, in dem das Durchschnittsalter der Bevölkerung bei 80 liegt.
Eine Tatsache, die gerade in diesem Kontext betont werden muss: Wir sind in diesen 20 Jahren jünger geworden. Und damit meine ich nicht unsere Neuzugänge wie Dimitry oder Johannes oder Maurice, die ja nun auch schon eine geraume Weile Teil von GameStar sind. Ich meine unsere Köpfe. Wo wir früher Tests und Videos der Sorte »Erst Handlung, dann Mechanik, dann Technik« produziert haben, sind wir heute beweglicher. Wo wir früher die Deutungshoheit für uns gepachtet hatten, sind wir heute diskussionsbereit. Wo wir früher einen Sicherheitsabstand durch das »Sie« gewahrt haben, rücken wir heute näher an unsere Leser ran.
Transparenz ist für uns nicht nur Buzzword, wir wollen das auch leben. Und wir können auch gar nicht anders. Das Internet hat uns alle zu direkten - in den meisten Fällen guten Nachbarn gemacht. In einigen Fällen übrigens auch zu Freunden. Und gute Nachbarn sowie Freunde, die siezt man einfach nicht. Nicht nach 20 Jahren! Und deswegen an dieser Stelle zum ersten Mal offiziell: Hallo ihr! Schön, dass es euch gibt.
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